Nach gut einem Jahr Bauzeit ist in Sulzberg/Au im Allgäu das erste VLH-Wasserkraftwerk (Very Low Head) Deutschlands eingeweiht worden. Die Technik stellt nach Angaben des Energieversorgers Allgäuer Überlandwerk (AÜW) in Kombination mit der variablen Stauzielregelung durch ein wassergefülltes Schlauchwehr eine Weltneuheit dar. „Auf Grund der niedrigen Fallhöhe galt dieser Standort lange Zeit als unwirtschaftlich. Der Einsatz der VLH-Technik ermöglicht an dieser Wehranlage nun wieder eine effiziente Erzeugung erneuerbarer Energie aus Wasserkraft“, sagt Michael Lucke, Geschäftsführer AÜW.
Die VLH-Turbine eignet sich besonders für den Einsatz in Flüssen mit niedriger Fallhöhe und zeichnet sich durch ihre hohe Fischverträglichkeit aus. Bereits Ende 2015 ist die Wasserkraftanlage ans Netz gegangen, das Investitionsvolumen beläuft sich auf insgesamt 8,7 Millionen Euro. Finanziell unterstützt wurde das Projekt mit 1,4 Millionen Euro aus Mitteln des Förderprogramms „BayInvent“ vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie.
In der Nachkriegszeit wurden Wasserkraftanlagen meist an Wehren mit geringer Fallhöhe aufgelassen, da diese bei den extrem niedrigen Strompreisen zur damaligen Zeit nicht mehr rentabel waren. Auch bei der heute gesicherten Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bleibt an solchen Standorten die Wirtschaftlichkeit grenzwertig, weshalb neue Wege in der Technik der Nutzung der Wasserkraft gesucht werden. Ein naheliegender Gedanke zur Verbesserung der energiewirtschaftlichen Nutzung einer bestehenden Staustufe ist die Vergrößerung der Fallhöhe durch Anstau des Oberwassers. Dem entgegen steht der ökologische Nachteil der Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit im Oberwasser mit den negativen Auswirkungen auf die Wasserqualität bei Niedrigwasser sowie die damit in Verbindung stehenden ungünstigsten Einflüsse auf die Lebensbedingungen der Gewässerorganismen.
Es war deshalb notwendig nach Lösungen zu suchen, die bei kritischen Abflussbedingungen die ökologischen Rahmenbedingungen im Gewässer nicht negativ verändern und nur bei ausreichenden Abflüssen eine Stauzielerhöhung vorsehen. Entscheidend bei dieser Überlegung ist die Tatsache, dass der größte Teil der Jahresarbeit einer Laufwasserkraftanlage in Zeiten guter Wasserführung erzielt wird und die Zeiten niedriger Abflüsse für die Energieerzeugung eher untergeordnet sind. Zudem wird mit der konstanten Einspeisevergütung nach dem EEG kein besonderer Erzeugungszeitraum mehr bevorzugt. Für die Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugung ist somit nur die Summe der Jahreserzeugung maßgebend, nicht jedoch der Zeitpunkt der Erzeugung.