Die Viessmann Group hat seit 2012 Eis-Energiespeichersysteme im Programm, für Ein- und Mehrfamilienhäuser als Serienprodukte und für größere Objekte als projektspezifisch konzipierte Energielösungen. Die in dieser Zeit gesammelten positiven Erfahrungen haben dazu geführt, dass Eis-Energiespeicher heute auch für bisher nicht übliche Anwendungen angeboten werden. Dazu zählen der Einsatz in der Wohnungswirtschaft, in Supermärkten in Kombination mit der Lebensmittelkühlung, in Nahwärmenetzen und in so genannten „kalten Netzen“, das sind Wärmenetze mit Übertragungstemperaturen unter 30 °C.
Prinzipiell attraktiv ist die Technologie auch für Regionen, die aufgrund der klimatischen Bedingungen einen hohen Kühlbedarf haben. „Hier sind Wärmepumpen-Anlagen mit Eis-Energiespeicher eine besonders wirtschaftliche Alternative zu herkömmlichen Klimageräten“, betont man bei Viessmann. Solche Systeme reduzierten die Kosten für die Bereitstellung von Kühlenergie um bis zu 99 Prozent im Vergleich zu konventionellen Kühlkonzepten.
Simples Konzept
Das Funktionsprinzip ist einfach: Die aus Sonne, Luft und Erdreich gewonnene Energie wird auf niedrigem Temperaturniveau in einen unterirdischen Betonbehälter – den Eisspeicher – eingespeist. Eine Wärmepumpe versorgt das Gebäude mit Wärme. Die dafür benötigte Energie erhält sie entweder aus dem Eisspeicher oder direkt aus Solar-Luftabsorbern.
Für eine hohe Effizienz und Wirtschaftlichkeit sorgt die Nutzung der Kristallisationsenergie. Diese wird im Phasenübergang von 0 °C kaltem Wasser zu 0 °C kaltem Eis freigesetzt. Darin steckt so viel Energie, wie benötigt wird, um Wasser von 0 auf 80 °C zu erwärmen – und umgekehrt. Durch das gezielte Wechselspiel aus Wärmeentzug und Regeneration lässt sich der Gefrierprozess innerhalb einer Heizperiode mehrmals wiederholen. Am Ende der Heizperiode lässt sich das durch Wärmeentzug entstandene Eis zur Gebäudekühlung nutzen, indem die Regeneration unterbrochen wird.
Prädestiniert für Büro- oder Serverräume
Der Zeitraum des „Natural Cooling“ genannten Prozesses lässt sich deutlich verlängern. Dazu nutzt man die im Sommer vorhandenen niedrigeren nächtlichen Außentemperaturen über Solar-Luftabsorber, um das Wasser im Speicher oder das Gebäude selbst abzukühlen. Nach Auskunft von Viessmann eignen sich Neubauten und energetisch zu modernisierende Bestandsgebäude besonders gut für das Wärmekonzept.
Ideal ist, wenn neben dem Heizwärmebedarf auch Bedarf an Kühlung besteht, etwa für Büro- oder Serverräume. Eine Voraussetzung ist, dass ausreichend Platz für die knapp unterhalb der Erdoberfläche eingegrabenen Speicherbehälter vorhanden ist. Für Ein- und Zweifamilienhäuser mit einem Heizwärme-Bedarf zwischen sechs und 17 kW bietet das Allendorfer Unternehmen vorkonfektionierte Systempakete (Vitofriocal) an. Das standardisierte System SE30 eignet sich für größere Objekte im Leistungsbereich ab 30 kW.
Bei größeren Bedarfen müssen die Speicher individuell geplant werden. Die mindestens einzuhaltende lichte Höhe der zylinder- oder quaderförmigen Behälter beträgt zwei Meter. Maximal ist eine lichte Höhe von sechs Metern realisierbar. Dabei ist zu beachten, dass der naturgemäße Gefrierprozess von außen nach innen im Eis-Energiespeicher durch die spezielle Anordnung des Wärmetauschersystems umgekehrt wird. Das Wasser gefriert von unten nach oben und von innen nach außen. Dies verhindert die Übertragung von Kräften auf die Speicherkonstruktion.
Die offenen, unverglasten Kollektoren der Solar-Luftabsorber stellen die Wärme aus der Umgebungsluft und tagsüber aus der Sonneneinstrahlung für die Regeneration des Eisspeichers oder als direkte Wärmequelle für die Wärmepumpe zur Verfügung. Ideal ist laut Viessmann eine Ergänzung mit einer PV-Anlage. So lasse sich die gesamte Dachfläche zur Gewinnung sowohl von thermischer als auch von elektrischer Energie nutzen.
Für den überschüssigen Strom besteht die Option, diesen über die Wärmepumpe in Wärme oder Kälte umzuwandeln und in den Eisspeicher einzuspeisen. Sind die Absorber unterhalb der PV-Anlage angebracht, hat dies den positiven Nebeneffekt, dass die Solarmodule abkühlen, was wiederum deren Effizienz erhöht.
Bereits über 1.400 Anlagen
Der in Ludwigsburg angesiedelte Geschäftsbereich für die Eis-Energiespeicher hat mittlerweile im Leistungsbereich bis 17 kW über 1.200 Anlagen installiert. Im Leistungsbereich der projektbezogen konzipierten Systeme über 30 kW bis hin zu etwa 2.000 kW sind bislang 230 Anlagen realisiert. Nach den Aussagen von Viessmann sind derzeit jährlich mehrere dutzend große Projekte über 30 kW in Betrieb. Etwa die gleiche Anzahl befindet sich in der Umsetzung und knapp 100 sind in der konkreten Planung.
Neben Deutschland liegen die Hauptmärkte in Österreich, der Schweiz und in den Niederlanden. Bei Viessmann geht man davon aus, dass die Verbreitung der innovativen Systeme zunimmt, je stärker die CO2-Einsparung in den Fokus rückt. Auf der Positivseite steht, dass diese im Gegensatz zu Erdwärmesonden keine Genehmigung benötigen, da sie direkt unter der Erdoberfläche installiert werden und mit unbehandeltem Leitungswasser gefüllt sind. „Eis-Energiespeicher sind deshalb insbesondere zu Erdwärmesonden eine hervorragende Alternative“, heißt es aus Ludwigsburg. Der Service-Aufwand ist laut Viessmann vergleichbar. Während ein Eis-Energiespeicher praktisch wartungsfrei ist, sollte die Wärmepumpe regelmäßig gewartet werden.
Eine besonders interessante Zielgruppe sind Lebensmitteldiscounter. Diese würden zunehmend erkennen, dass sie mit Eis-Energiespeichersystemen und Kühlmöbeln, die Viessmann ebenfalls anbietet, weitestgehend auf synthetische Kältemittel verzichten können.
Individuelle RoI-Betrachtung
Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist je nach Objekt individuell. In die Berechnung der Amortisationszeiten für Eis-Energiespeichersysteme fließen diverse Parameter ein: Leistung, Speichergröße, die zur Verfügung stehenden Regenerationsquellen (etwa Solarenergie, oder Abwärme aus Produktionsprozessen), Stromversorgung (ob etwa aus eigener PV-Anlage), die Nutzung des Gebäudes beziehungsweise die Anwendung (ob Heizen, Kühlen oder beides).
Viessmann gibt den Return-on-Investment zwischen etwa 6 bis 12 Jahre an. Die Rentabilität positiv beeinflussen natürlich Fördermittel. Nach den Richtlinien des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gelten Wärmepumpen in Kombination mit einem Eisspeicher als förderfähiges Anlagenkonzept. Im Gebäudebestand werden Wärmepumpen bis 100 kW mit 150 Euro pro kW gefördert, im Neubau mit 100 Euro pro kW. Zusätzlich kann ein Kombinationsbonus für Solar-Luft-Kollektoranlagen sowie das Lastmanagement geltend gemacht werden.
Grundsätzlich sieht man in Allendorf die Förderpolitik auf dem richtigen Weg. Da die Investitionen in regenerative Energiesysteme jedoch in der Regel höher sind als in vergleichbare herkömmliche Anlagentechnik, wäre eine höhere Förderung wünschenswert. Dies würde die Entscheidung der Investoren zugunsten nachhaltiger Technologien sicherlich positiv beeinflussen.