Die zurückgewonnene Wärmeenergie dort hin zu transportieren, wo sie sinnvoll genutzt werden kann, erfordert einerseits eine komplexe Ist-Analyse sowie Planung durch Fachleute und andererseits den Einsatz hochwertiger und intelligenter Komponenten. Das neueste Energie-Projekt des Unternehmens für Blech- und Metallverarbeitung Hagl befasst sich aus diesem Grund mit der Wärmerückgewinnung, an den Pressenanlagen, zum Heizen der Gebäude. Dieses ist mit weiteren Unterprojekten, wie der Wärmerückgewinnung aus der Druckluftanlage zur Warmwassererzeugung, gekoppelt.
Umsetzung
Zu Beginn des Projekts standen auf dem Gelände zwei Hallen (Halle 1 und 2), Halle 3 wurde gerade neu gebaut. Halle 1 und 2 wurden damals mit vorhandenen Wärmepumpen unabhängig voneinander beheizt. Die ältere Wärmepumpe von Halle 1 wurde im Zuge des Projekts Wärmerückgewinnung stillgelegt und die Heizkreisverteiler der drei Hallen über eine Fernleitung miteinander verbunden. Über diese Fernleitung wird nun auf Anforderung Wärme dorthin geliefert, wo sie gebraucht wird. Alle Hallen haben eine Betonkernaktivierung, die neben der Temperierung der Hallen nun auch die Funktion der Speicherung thermischer Energie übernimmt.
Der prinzipielle Aufbau der Kühl- und Heiz-Infrastruktur sieht nun folgendermaßen aus: Auf der einen Seite befinden sich die Kühlseite, mit den Pressen. Die elektrische Anschlussleistung der Pressen liegt momentan bei mehr als 1300 kW und kann noch erweitert werden. Die erforderliche Kühlleistung bei einer theoretischen Vollauslastung der Maschinen beträgt jetzt 480 kW. Hieran schließen sich drei hydraulische Weichen an, die die Kühlseite von der Heizseite trennen. Ebenfalls in der Mitte befindet sich die Grundwasser-Brunnenanlage mit einer Tiefe von 45 m und einem Ausbaudurchmesser von 800 mm. Die Brunnenanlage ist mit drei Unterwasserpumpen für Kühl-/Heizzwecke, die eine Förderleistung von circa 63 m3/h bereitstellen, und einer Löschwasserpumpe bestückt. Die Förderleistung ist noch ausbaufähig. Auf der rechten Seite ist die Wärmeerzeugungsseite mit zwei Wärmepumpen, die zusammen eine Leistung von 180 kW schaffen, eine dritte ist anlagentechnisch vorgesehen und kann bei Bedarf ergänzt werden. Zwischen den Wärmepumpen und den eigentlichen Heizkreisen sind zwei Trennpufferspeicher untergebracht.
Pufferspeicher für Warmwasserbereitung
Durch die Stilllegung der alten Wärmepumpe in Halle 1 fiel auch die dort untergebrachte Warmwasserbereitung aus. Diese benötigt ein relativ hohes Temperaturniveau, das allerdings schlecht für die Effizient der Wärmepumpen ist. Die neue Wärmerückgewinnung durch die Pressen liefert die notwendigen hohen Temperaturen ebenfalls nicht. Daher wurde eine neue Warmwasserbereitung mittels Wärmeauskopplung aus einer Druckluftanlage und einem Schraubenverdichter, installiert und so konfiguriert, dass sie einen Festwertaustritt von 75°C liefert. Da diese Wärme aber nicht kontinuierlich geliefert wird, sondern nur, wenn eine Druckluftabnahme stattfindet, wurde ein Pufferspeicher mit 2.000 Litern installiert, so dass diese Wärme für die Warmwasserbereitung permanent zur Verfügung steht. Da der Warmwasserverbrauch nicht sehr hoch ist, kann die Abwärme der Druckluftanlage rund um die Uhr auch ins Heizsystem eingespeist werden.
Die Heizlasten der drei Produktionshallen sind sehr unterschiedlich. Denn sie wurden im Abstand von 9 bis 10 Jahren mit unterschiedlichen Konzepten gebaut. Halle 1 ist die älteste mit dem Baujahr 1999 untergebracht und umfasst 1050 m2, die Heizlast beträgt geschätzt 90 kW. Die Halle 2 mit 900 m2 wurde 2009 gebaut hat eine Heizlast von 70 kW und die in Halle 3 aus dem Jahr 2017 umfasst 1300 m2 und hat eine Heizlast von 73 kW.
Zur Wärmegewinnung stehen nun drei Optionen zur Verfügung: durch den Grundwasser-Brunnen gespeiste Wärmepumpen, durch Pressenkühlwasser gespeiste Wärmepumpen und die Nutzung des Pressenkühlwassers direkt eingeleitet in die Betonkerne.
Wärmerückgewinnung an den Hydraulikpressen
Die Wärme, die nun durch Wärmerückgewinnung an den Pressen genutzt werden kann, entsteht in der Pressenhydraulik. Jede der inzwischen in dieses Projekt eingebundenen Pressen hat einen Hydraulikölkreislauf, dessen Hydrauliköl gekühlt werden muss, um die Funktionsfähigkeit der Presse zu gewährleisten. Die Öltemperatur sollte in der Regel zwischen 40 und 50°C liegen. An diesen Hydraulikölkreislauf wird ein Hydrauliköl-Wärmetauscher angekoppelt.
Hier kam das Belimo Energy Valve ins Spiel. Dieses besteht aus einem 2-Weg-Regelkugelhahn, Volumenstrommessung, Temperatursensoren und Antrieb mit integrierter Logik und vereint fünf Funktionen in einer montagefreundlichen Einheit. Die Volumenstrommessung, druckunabhängige Regelung, automatischer hydraulischer Abgleich, luftblasendichte Schließung und Monitoring. Damit macht das Energieventil den Energiefluss transparent. Es misst permanent den Volumenstrom und dadurch besteht die Möglichkeit der direkten Leistungsregelung, unabhängig von Differenzdruck und Wassertemperatur, beziehungsweise der Leistungsberechnung. Wenn die Vor- und Rücklauftemperaturen und der Volumenstrom bekannt sind, kann die Leistungsabgabe berechnet werden. Zudem besitzen die Ventile einen MP-Bus, ein speziell von Belimo entwickeltes Busprotokoll, mit dem die Ventile und die Pressen angesprochen werden können. Dadurch reduziert sich der Verkabelungsaufwand.
Sommerbetrieb und Winterbetrieb
Im Sommer, wenn die Gebäude nicht geheizt werden müssen, steht momentan noch kein adäquater Verbraucher für die durch die Pressen anfallende Wärme zur Verfügung. Daher wird das erwärmte Kühlwasser von den Pressen einfach über eine hydraulische Weiche und einen Trennwärmetauscher in den Grundwasser-Brunnen geleitet und heruntergekühlt. Im Sommer ist es vor allem wichtig, die Raumtemperaturen in den Produktionshallen zu senken, um optimale Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter zu schaffen. Die früher häufig aufgetretene Überhitzung der Hallen wird durch dieses Vorgehen reduziert.
Im Winter, wenn geheizt wird, ist mit einem Regelungskonzept festgelegt, wann welcher Wärmeerzeuger zum Zuge kommt. Der Heizbetrieb wird von der Steuerung eingeschaltet, wenn die Außentemperaturen an drei Tagen hintereinander einen vorgegebenen Wert, von beispielsweise 17°C, unterschreiten. Nun wird automatisch der Heizbedarf ermittelt und der jeweils passende Wärmeerzeuger, je nach gewünschter Solltemperatur, aktiviert und die Wärme in die Betonkerne der Gebäude geleitet. Reicht die durch die Wärmerückgewinnung erzeugte Energie für die gewünschte Solltemperatur aus, wird das erwärmte Wasser über die mittlere hydraulische Weiche direkt über zwei Pumpen in die Trennpufferspeicher der Wärmepumpenanlage geleitet und die Wärmepumpen sind gesperrt. Erst, wenn zu wenig oder keine Wärme von den Pressen zur Verfügung steht, und der eingestellte Sollwert trotz voll geöffneter Ventile zu lange unterschritten wird, wird auf die hydraulischen Weichen der Wärmepumpen umgeschaltet. Steht keine Wärme durch den Betrieb der Presse zu Verfügung, wird die notwendige Wärmeenergie aus der Brunnenanlage über die Wärmepumpen in die Gebäude geliefert und so die gewünschte Heizwassertemperatur bereitgestellt. Sobald die Pressenleistung wieder über 25 kW steigt, schaltet sich der Wärmerückgewinnungsmodus wieder ein und die Abwärme der Pressen wird direkt genutzt. Reicht die Abwärme der Pressen doch nicht aus, wird das Temperaturniveau des Pressenkühlwassers über die Wärmepumpe erhöht. Reicht auch das nicht aus, schaltet die Steuerung wieder auf die Brunnenanlage um.
Erfolgreiche erste Heizsaison
Die Heizsaison 2017/18 war der Startschuss für die neue Anlage. Seit Ende Oktober 2017 läuft auch die Trendaufzeichung, die unter anderen die relevanten Temperaturen und Volumenströme erfasst. Bis Ende April 2018 wurden so circa 35.000 kWh aus dem Kühlsystem, bei teils eingeschränktem Betrieb durch noch laufende Umbauarbeiten, ausgekoppelt. Die Laufzeit der Wärmeerzeuger hat sich entsprechend reduziert. Es kam zu keinen unplanmäßigen Hallentemperaturen und die Heizlast konnte durch zwei Wärmepumpen und die Wärmerückgewinnung voll gedeckt werden. Zukünftig werden neu hinzukommende Pressen und andere Maschinen, wie eine Laserschneidanlage, die durch ihre Kühlung eine Wärmerückgewinnung zulassen, in das Projekt eingebunden und energetisch genutzt.
Die Amortisation der einzelnen Maßnahmen liegt zwischen zwei und fünf Jahren. Und mit der Umsetzung der zuvor erstellten Energiestudie wurden zudem prinzipielle Mechanismen und Werkzeuge geschaffen, um die Energieströme des Unternehmens darzustellen. Mit diesen Werkzeugen können langfristig gesehen Auswertungen und Optimierungen erkannt und realisiert werden.