Die vernetzte Welt ist abhängig von einer weitgehend unterbrechungsfreien Stromversorgung. Kommt es zum Blackout, können die Folgen gravierend sein: Lebenserhaltende Systeme in Krankenhäusern, Heizungen, Kassensysteme, Transportsysteme oder Kühlschränke fallen aus. Alle Lebensbereiche sind davon betroffen.
Planen für den Ernstfall
Unter der Bezeichnung Schweiz Dunkel fanden daher in den letzten Jahren Übungen der Blaulichtorganisationen statt, um den Ernstfall zu simulieren.
Ein Szenario ging davon aus, dass nach einem schweren Erdbeben in der Nordwestschweiz Kraftwerke nicht mehr funktionsfähig waren und vom Netz genommen werden mussten. Durch einen stark reduzierten Stromimport und Folgeschäden an Kraftwerken kam es laut Szenario zu einem flächendeckenden Kollaps. Des Weiteren sah das Planspiel vor, dass die verwendeten einfachen Notstrombatterien von Mobilfunkmasten und anderen Kommunikationssystemen nach kurzer Zeit nicht mehr funktionierten.
Um die Kommunikation von Polizei, Feuerwehr, Sanitätsdiensten und Zivilschutzorganisationen aufrechtzuerhalten, mussten Wege gefunden werden, um die Notstromversorgung zu verbessern. Dabei geht es nicht um eine kurzzeitige Überbrückung von wenigen Stunden, sondern um Lösungen, die in Krisenfällen einen von der Stromversorgung autonomen Betrieb über mehrere Tage sicherstellen sollen. Dies war eines der Ergebnisse aus den Planspielen Schweiz Dunkel.
Notstromaggregate sorgen dafür, dass die elektrische Energieversorgung erhalten bleibt. Hier gibt es drei Varianten: Anlagen, die mit einem Dieselaggregat arbeiten, Wasserstoff-Brennstoffzellen und Methanol-Brennstoffzellen.
Dieselaggregate: Retter mit Wermutstropfen
Geräte, die zur unterbrechungsfreien Stromversorgung in Rechenzentren eingesetzt werden, arbeiten meist in Verbindung mit einem Dieselaggregat, um im Notfall die Stromversorgung gewährleisten zu können. Die USV-Anlage (Unterbrechungsfreie Stromversorgung) überbrückt den Zeitraum, bis das Dieselaggregat anläuft. Für Mission-Critical-Kommunikationsnetze, bei denen sich wie in der Schweiz viele Basisstationen in abgelegenen Gebieten oder Hochgebirgsregionen befinden, eignen sich Dieselaggregate nur bedingt.
Auch wenn sie in der Anschaffung im Vergleich zu Wasserstoff- und Methanol-Brennstoffzellen kostengünstiger sind, ist der Aufwand für die Wartung und Pflege erheblich höher. Die vorhandene Dieselmenge muss in regelmäßigen Abständen überprüft, gegebenenfalls nachgefüllt und nach einer gewissen Zeitspanne wegen Zersetzung ausgetauscht werden. Dazu werden Servicetechniker vor Ort benötigt. Beim Aufbau von Polycom, dem Funksystem der Schweizer Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit (BORS), wurden Dieselaggregate evaluiert.
Mal eben so Brennstoffzellen einfliegen?
Ebenso konnten Wasserstoff-Brennstoffzellen bei Polycom nicht die hohen Anforderungen an einen Einsatz in Hochgebirgsregionen erfüllen.
Auch wenn ein Wasserstoff-Sauerstoffgemisch in den Brennstoffzellen einen besseren Wirkungsgrad als Direkt-Methanol-Brennstoffzellen erzielt, erwiesen sich die Logistik- und Transportprobleme in den Bergen als unlösbar. Viele Polycom-Basisstationen sind vor allem im Winter nur per Hubschrauber erreichbar. Der Transport von Wasserstofftanks mit dem Helikopter ist jedoch grundsätzlich untersagt. Die Behörden in der Schweiz haben sich daher gegen den Einsatz von Wasserstoff in Brennstoffzellen ausgesprochen.
Müll zur Notstromversorgung
Eine Direkt-Methanol-Brennstoffzelle wird mit Methanol und Sauerstoff aus der Umgebungsluft versorgt. Diese Lösung bietet eine leistungsfähige Möglichkeit, um einen von der Stromversorgung unabhängigen mehrtägigen Betrieb von Mission-Critical-Systemen und -Komponenten sicherzustellen. Direkt-Methanol-Brennstoffzellen können mehrere Jahre an einem Standort installiert sein, ohne dass ein mechanischer Wartungsaufwand anfällt. Bei einem Stromausfall stehen sie rasch zur Verfügung.
Typische Einsatzgebiete sind der ausfallsichere Betrieb von Notrufkommunikationssystemen und anderen anwendungskritischen Netzen, beispielsweise bei Flugleitsystemen, bei Eisenbahnen, der Pipeline-Überwachung, in Scada- und Tetra-Netzen sowie beim Grenzschutz, der Polizei oder anderen Behörden.
Umweltfreundliche USV
Im Unterschied zu einem Dieselaggregat produziert eine Direkt-Methanol-Brennstoffzelle keine schädlichen Emissionen. Methanol ermöglicht eine umweltfreundliche Energieversorgung, da es aus erneuerbaren Ressourcen wie Biomasse oder Abfällen aus der Landwirtschaft hergestellt werden kann. Als flüssiger Brennstoff ist Methanol logistisch einfacher in der Handhabung; das Gleiche gilt für das Nachfüllen der Speichertanks. Darüber hinaus gibt es bei Direkt-Methanol-Brennstoffzellen keine beweglichen Teile, die einem natürlichen Verschleiß unterliegen, was zu einem effizienten, zuverlässigen und wartungsfreien Betrieb führt.
Gerüstet für den Gebirgseinsatz
In der Schweiz hat Keymile Direkt-Methanol-Brennstoffzellen unter den geografischen und klimatischen Bedingungen des Landes getestet. Konkret geht es um die Möglichkeiten zum Einsatz bei Polycom.
Am Klein Matterhorn auf 4000 Metern Höhe wurden Tests durchgeführt, um festzustellen, wie sich das System in der trockenen Hochgebirgsluft verhält. Nach geringfügigen Anpassungen konnte sichergestellt werden, dass die Direkt-Methanol-Brennstoffzelle unter solchen extremen Umweltbedingungen zuverlässig arbeitet und einen ausfallsicheren Betrieb gewährleistet. Das gilt auch für den Einsatz unter starken Temperaturschwankungen. Unterschreitet die Systemtemperatur die Grenze 5 °C, startet automatisch ein Frostschutzmodus.