Digital Energy & Energieeffizienz Ordnung für die Netzstruktur

Vernetzte Netze: Die künftige Infrastruktur muss flexibel sein und verschiedene Dienstleistungen abdecken.

Bild: Ralf Gosch, Allou/iStockphoto, Telent
09.03.2016

Um einen stabilen Betrieb von Energieanlagen zu gewährleisten, muss die Kommunikation im Smart Grid zuverlässig funktionieren. Ein Netzmanagementsystem hilft bei der Steuerung und Überwachung von immer komplexeren Infrastrukturen.

Mit dem im Energiewirtschaftsgesetz festgeschriebenen Ziel einer effizienten und umweltverträglichen Strom- und Gasversorgung hat sich das Rollenmodell in der Energieversorgung verändert. Im Zuge dessen sind auch die Anforderungen an die Steuerung und Kontrolle von Energie­netzen deutlich gestiegen. Denn die unterschiedlichen Möglichkeiten der Stromerzeugung und die räumliche Verteilung der Erzeugungsanlagen erfordern ein intelligentes Netz. Es muss die vollständige Sicht und Einflussnahme auf alle Elemente der dezentralen Anlagen erlauben. Ohne entsprechende Informationstechnologie- und Kommunikationsnetze ist aber genau das nicht möglich. Für Energieversorger und -verteiler ist daher nicht nur die Zuverlässigkeit ihrer Infrastrukturen entscheidend, sondern auch die ihrer Kommunikationsnetze. Nur so können der Betrieb und die Sicherheit ihrer Energieanlagen durchgängig gewährleistet werden.

Die Netzinfrastruktur der Zukunft muss flexibel sein und unterschiedliche Services abdecken. Daten-, Sprach-, Video- und Sensorinformationen werden über dasselbe Netz übertragen. Das funktioniert mithilfe von IP-basierter (Internetprotokoll) Kommunikationstechnologie, auf der die Multi-Service-Netzinfrastruktur aufsetzt. Dabei wirken diverse Übertragungstechniken und -protokolle harmonisch zusammen und ermöglichen ein übergeordnetes Netzkonzept für Smart Grids, das sogenannte Energieinformationsnetz. Es entspricht der Smart-Grid-Protokollwelt gemäß der Norm IEC TC 57. Aufgrund der heterogenen Landschaft der Kommunikations-, Überwachungs-, Steuer-, Mess- und Regelanwendungen ist das verbindungslose IP auf Prozessnetzebene noch nicht selbstverständlich angekommen. Dominierend sind hier noch die rein verbindungsorientierten PDH- (Plesiochrone Digitale Hierarchie) und SDH-Elemente (Synchrone Digitale Hierarchie).

Um ein nachhaltiges Konzept für Energieinformationsnetze zu entwickeln, werden die aktuellen Anforderungen an das Netzwerk definiert und nach einem einheitlichen Schema erfasst. Zu den möglichen Parametern zählen Betriebsrelevanz der Applikation, Sicherheitsbedarf, Anzahl der Endsysteme, deren Kommunikationsbeziehungen und verwendete Protokolle, Quality-of-Service-Anforderungen (QoS) sowie Verfügbarkeit. Für die weitere Ausarbeitung des Netzkonzepts sind die Erfassung der Einzelanforderungen und Bestimmung der Schlüsselanforderungen erforderlich. Sie bestimmen maßgeblich die Zielarchitektur und das Design des Energieinformationsnetzes. Dazu gehört etwa die Rückwirkungsfreiheit versorgungskritischer Anwendungen.

Diese Anwendungen werden gemäß einem QoS-Design in definierten Verkehrsklassen nach Betriebsrelevanz und Netzwerkanforderungen gruppiert, sodass der Datenverkehr für versorgungskritische Applikationen Vorrang hat. Um eine geeignete Zielarchitektur zu bestimmen, müssen verfügbare Zugangstechnologien (zum Beispiel Powerline, drahtlose Festnetzanschlüsse) und Paket-Transporttechnologien wie etwa Ethernet nach technologischen und wirtschaftlichen Kriterien bewertet werden. Auch vorhandene öffentliche Telekommunikationsnetze sollten anhand der definierten Schlüsselanforderungen berücksichtigt werden.

Klassisch und modern vereinen

Durch die technologische Weiterentwicklung im Umfeld paketorientierter Netze stehen Funktionen wie schnelle Ersatzwegeschaltungen zur Verfügung, die eine sichere Übertragung gewährleisten. Sie waren bisher nur in deterministischen Netzen (PDH/SDH) zu finden. Mit Hilfe von IP-Multiprotocol Label Switching (MPLS) können Betriebsnetze durch zusätzliche Maßnahmen den Transport von Diensten ebenso sicher und stabil umsetzen wie PDH- und SDH-Netze. Um die Dienste mit mindestens der gleichen Qualitätsstufe wie bei klassischen Zeitmultiplex-Verfahren (TDM, Time Devision Multiplex) betreiben zu können, muss die Netzüberwachung und -steuerung entsprechend intelligent umgesetzt werden. Diese vereint dann sowohl die moderne IP-basierte als auch die TDM-basierte Welt. Das ist entscheidend, weil der Übergang zu neuen Netzstrukturen nur sukzessive stattfindet. Die Lebensdauer der bisherigen Netze beträgt etwa 15 bis 20 Jahre, und die Betriebsprozesse sind oftmals eng mit einer bestimmten Technologie verknüpft.

Die Überwachung und Steuerung von Kommunikationsinfrastrukturen mit Netzelementen unterschiedlicher Hersteller und heterogener Technik übernimmt ein übergreifendes Netzmanagementsystem (NMS). Es visualisiert das Netz und automatisiert die Betriebsabläufe. Sind bereits andere NMS-Lösungen vorhanden, können diese über eine Schnittstelle (Northbound Interface) in das übergeordnete „Umbrella“-NMS integriert werden. Das System bildet unter anderem Alarmlisten, den aktuellen Netzzustand, Topologie- und Geräteansichten sowie Qualitätsdaten ab. Der Aufbau des NMS ist abhängig vom Betriebskonzept und wird entsprechend der bereits vorhandenen Systeme und gewünschten Funktionalitäten eingerichtet. Dies geschieht über die Einbindung vorhandener Applikationen und Schnittstellen wie SNMPv1 (Simple Network Management Protocol), SNMPv2c, SNMPv3 und Trivial File Transfer Protocol sowie Telnet. Aufgrund der Skalierbarkeit und Interoperabilität mit zukünftigen Technologien bietet eine solche Lösung für den Netzbetreiber eine hohe Investitionssicherheit.

Die Netzmanagementsysteme der klassischen Übertragungstechniken wie PDH und SDH werden über ihre Northbound-Schnittstelle in das Umbrella-NMS integriert. Auf diese Weise kann das gesamte Netz von einer übergeordneten NMS-Plattform betrieben und verwaltet werden. Ziel ist, die Netzüberwachung und -steuerung mit seinen Netzknoten und Diensten so einfach wie möglich zu gestalten. Komplexe Konfigurationsaufgaben orientieren sich an der eingesetzten Technologie und können vom NMS durch einfache Eingaben umgesetzt werden. Ausfallsichere Netzelemente und ein anwendungsspezifisches Netzdesign legen im Zeitalter von Smart Grids die Basis für sichere Betriebsnetze. Der Schlüssel für eine nachhaltig hohe Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit des Kommunikationsnetzes liegt in einer redundant angelegten Netzkonzeption und dem flexiblen Umgang mit Protokollen und Diensten. Aber auch das NMS und die jeweiligen Betriebsabläufe, von der Konfiguration über die Überwachung und Diagnose bis hin zur Entstörung, gehören dazu.

Bildergalerie

  • Heterogenes Betriebsnetz: Ein übergreifendes Managementsystem leitet TDM-Netz, Paketnetz und Wide Area Network.

    Bild: Telent

  • Die dezentrale Stromerzeugung mit Windkraft oder Sonnenenergie wird mithilfe des Smart Grids gesteuert.

    Die dezentrale Stromerzeugung mit Windkraft oder Sonnenenergie wird mithilfe des Smart Grids gesteuert.

    Bild: Allou/iStockphoto

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