Damit die Energiewende gelingt, muss die Erzeugung von Wind- und Solarstrom rasant wachsen – so viel ist klar. Doch viel zu häufig scheitern neue Wind- und Solarparks an fehlenden Leitungskapazitäten, vor allem zwischen Nord- und Süddeutschland. Auf den Netzausbau zu warten, wäre aus Klimaschutzsicht fatal.
Grüner Wasserstoff kann das Problem schon heute lösen und zum Turbo der Energiewende werden. Indem der Strom, der wegen Engpässen nicht ins Netz gespeist werden kann, stattdessen in Elektrolyseure fließt, wird der Wind- und Solarenergiezubau vom Netzausbau entkoppelt.
Projekt eFarm
Wie das konkret aussieht, hat GP Joule mit dem vielfach ausgezeichneten Projekt eFarm in Nordfriesland gezeigt. In Bosbüll, Reußenköge und Dörpum produzieren Elektrolyseure Wasserstoff mit lokalem Windstrom. Sieben Trailer sind im Einsatz, um den Wasserstoff zu den Tankstellen in Husum und Niebüll zu bringen. Zwei Busse und 30 private und gewerbliche Pkws tanken dort monatlich etwa 2 t grünen Wasserstoff aus der Region.
Der Aufbau dieses Wasserstoff-Ökosystems hat rund 16 Millionen Euro gekostet. Etwa die Hälfte davon stammte aus Fördermitteln von Bund und Land. An der Projektgesellschaft sind 20 regionale Unternehmen und Organisationen beteiligt. Auch die Finanzierung gelang mit vereintem Krafteinsatz der GLS Bank, der Nord-Ostsee-Sparkasse und der VR Bank Westküste.
Schon im ersten Ausbauzustand war eFarm das größte regionale Wasserstoffprojekt, das die gesamte Wertschöpfungskette abbildet – von der Stromproduktion bis zur Nutzung im Fahrzeug.
Nun soll die Wasserstoffinfrastruktur in Nordfriesland weiter wachsen. In Langenhorn soll eine zusätzliche Wasserstoffproduktionsanlage entstehen. Für eine dritte Wasserstofftankstelle, ebenfalls in Langenhorn, sind bereits Fördermittel zugesagt.
Auch die Zahl der Fahrzeuge wird steigen: Jeweils zehn Brennstoffzellen-Busse und -Lkws werden zusätzlich angeschafft. Für diese gibt es ebenfalls bereits positive Förderbescheide. Der monatliche Wasserstoff-Absatz an den nordfriesischen Tankstellen soll in den kommenden Jahren auf 12,5 t monatlich steigen.
Gleichzeitig hat das Unternehmen das Projekt eFarm in Nordfriesland von Anfang an als Blaupause für weitere regionale Wasserstoffprojekte entworfen. Nach und nach zahlt sich diese Herangehensweise nun in der Theorie und in der Praxis aus.
HY.City.Bremerhaven
Der erste Nachkömmling der eFarm liegt ebenfalls an der Nordseeküste, und zwar in Bremerhaven. Im Sommer 2023 begann der Bau der Wasserstoffproduktionsanlage in einem Industriegebiet im Norden der Stadt. Der Elektrolyseur hat eine Leistung von 2 MW.
Betreiber ist die eigens gegründete Gesellschaft HY.City.Bremerhaven, zu deren Gesellschaftern neben GP Joule die Unternehmen Green Fuels, BremerhavenBus, UTG Unabhängige Tanklogistik, Georg Grube Verwaltung, die Seier-Gruppe und die Diersch & Schröder Gruppe gehören.
„Wir bauen eine grüne Wasserstoff-Infrastruktur auf und schaffen die Voraussetzungen, um 100 Prozent grünen und regional produzierten Wasserstoff zu tanken – für eine lebenswerte Zukunft und eine gesunde Umwelt“, sagt André Steinau, Geschäftsführer von GP Joule Hydrogen und HY.City.Bremerhaven beim Spatenstich.
Der Strom für die Elektrolyse stammt von Windenergieanlagen im Industriegebiet Speckenbüttel. Ende 2024 soll die Wasserstoffproduktion starten. Wie beim Projekt eFarm kommt der Wasserstoff per Trailer vom Elektrolyseur zur Tankstelle.
Diese soll im Osten Bremerhavens entstehen. Der Standort liegt direkt neben dem Betriebsgelände des Ankerkunden BremerhavenBus und gleichzeitig zwischen der Autobahn A27 und der Bundesstraße B6. So können an der Tankstelle auch andere Pkws, Lkws und Busse grünen Wasserstoff mit 350 oder 700 bar tanken. Eingesetzt werden bereits sieben Wasserstoffbusse, drei davon sind bereits seit Ende 2022 in Betrieb, die weiteren vier seit Sommer 2023. Der Wasserstoff reicht rechnerisch für 34 Busse täglich.
Wasserstoff für die Lausitz
In der Gemeinde Schipkau entsteht derzeit der „Energiepark Lausitz“. 170 MW PV-Leistung sind bereits am Netz, weitere 130 MW sind in Planung. Ein Teil des Sonnenstroms wird der Produktion von klimaneutralem Wasserstoff dienen. GP Joule plant dafür eine Erzeugungsanlage von mindestens 4 MW und eine Tankstelle für PKWs, LKWs und Busse am Autohof Klettwitz, nahe der A13. Die Genehmigungen werden Ende 2024 beantragt, der Baustart ist für Mitte 2025 geplant.
In der Region ist bereits ein Netzwerk von interessierten Unternehmen entstanden, die das grüne Gas für ihre Lkws, Busse, Müll- oder Baustellenfahrzeuge nutzen wollen. Das Projekt ist so konzipiert, dass mit steigender Nachfrage auch die Produktion erhöht werden kann. Es wird gefördert vom NIP2.
Grüner H2 für den Süden
Mit den Projekten HY.Waiblingen und HY.Teck dehnt GP Joule seine regionalen Wasserstoffprojekte bis nach Baden- Württemberg aus. Am Stadtrand von Waiblingen bei Stuttgart, dem ersten Projekt im Ländle, soll eine Wasserstoffproduktionsanlage mit einer Leistung von circa 2 MW entstehen. Die entsprechende Wasserstofftankstelle ist am selben Standort geplant. An der Projektgesellschaft HY.Waiblingen sind die Stadtwerke Waiblingen und GP Joule beteiligt.
Gefördert wird das Projekt aus dem HyPerformer-Programm. Als erste Abnehmer sind initial elf Busse und fünf Pkws vorgesehen. Die Flächenakquise für die Stromerzeugungsanlagen ist bereits angelaufen.
Etwa 50 km weiter südwestlich, in einem Gewerbegebiet in Weilheim an der Teck, entsteht ein deutlich größeres Wasserstoff-Ökosystem. Die lokale Projektgesellschaft HY.Teck plant mit mindestens 8-MW-Elektrolyse-Leistung. Der Strom wird von PV-Flächen kommen, die entlang der Bahntrasse zwischen Stuttgart und Ulm liegen. Kreis und Land haben bereits Fördermittel für die Wasserstoffproduktion zugesagt, weitere Zuschüsse aus dem NIP sind beantragt.
Bis zur Jahresmitte 2024 soll das Projekt bis zur Genehmigungsreife geplant sein. Im selben Gewerbegebiet soll auch die zugehörige Wasserstoff-Tankstelle entstehen, an der unter anderem das Bauunternehmen Fischer Weilheim seine Nutzfahrzeuge betanken will. Es ist neben GP Joule der zweite Eigentümer der Projektgesellschaft. Bis Mitte 2024 soll das geplante Projekt genehmigungsreif sein.
Der Plan von GP Joule, die eFarm als Blaupause zu nutzen und überall in Deutschland regionale Wasserstoffprojekte aufzubauen, gedeiht also. So kommt auch im Transportsektor die Dekarbonisierung endlich voran.