Als die Kläranlage Monsheim in den 1970er und 1980er Jahren gebaut wurde, lag der Fokus auf dem Gewässerschutz. Auch wegen des stetig steigenden Energieverbrauchs beschloss der Abwasserzweckverband Mittleres Pfrimmtal als Betreiber im Jahr 2014, eine Modernisierung durchzuführen. Diese sollte im laufenden Betrieb stattfinden und 2017 beendet sein. Insgesamt werden rund 6,3 Millionen Euro investiert, mit dem Ziel, die Arbeit prozessorientierter zu gestalten sowie nachhaltig Ressourcen einzusparen. Die neuen Konzepte unterstützen vor allem eine Reduzierung des Energieverbrauchs. Außerdem soll der Eigenbedarf perspektivisch zu 100 Prozent selbst erzeugt werden.
Die Kläranlage Monsheim verfügt über eine Aufbereitungsleistung von 46.500 Einwohnerwerten. Die drei rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinden Kirchheimbolanden, Göllheim und Monsheim leiten ihr Abwasser hier ein, das dann im Verlauf des Klärprozesses aufbereitet wird. Je nach Jahreszeit kann die Aufbereitungsleistung auf bis zu 120.000 Einwohnerwerte anwachsen – und zwar zur Weinlese von September bis Dezember. Wenn für ein Glas Wein rund 120 Liter Wasser erforderlich sind, ist es nachvollziehbar, dass eine große Menge an Weinabwasser anfällt und damit viel Energie zum Klären benötigt wird. Über die beiden Schnecken im Zulaufpumpwerk lassen sich maximal 846 Kubikmeter Abwasser pro Stunde in die Kläranlage fördern. Im gesamten Verbandsgebiet sind dazu nicht nur viele Kilometer an Kanalisation verlegt, sondern ebenfalls etwa elf Regenüberlaufbecken sowie die gleiche Anzahl an Staukanälen und drei Pumpwerke gebaut worden.
Modulare Steuerungstechnik
Aufgrund der beschlossenen Modernisierung und des Ziels, die zur Verfügung stehenden Ressourcen bestmöglich zu nutzen, wurde neben den einzelnen Prozessschritten auch die komplette in der Kläranlage eingesetzte Automatisierungstechnik erneuert. Die Verantwortlichen legten hierbei ihr Augenmerk auf eine modulare, leistungsfähige Steuerungstechnik, die eine einfache Anbindung der Feldgeräte an das Leitsystem sicherstellt.
Zehn SPSen, die über die gesamte Anlage verteilt montiert sind, steuern nach dem Retrofit sämtliche im Klärwerk ablaufenden Prozesse. Neben den Steuerungen wurde die komplette Elektroinstallation in neuen Schaltschränken untergebracht. Vom Zulauf über die Gebläse bis zu den BHKWs werden die Messwerte nun über analoge und digitale Schnittstellen erfasst und in den dezentral installierten SPSen verarbeitet. Diese steuern den Klärprozess auf der Grundlage der aufgenommenen oder vorhandenen Messwerte.
Um das definierte Ziel einer maximalen Effizienz zu erreichen, runden zusätzliche Automatisierungskomponenten das Anlagenkonzept und Steuerungssystem ab. So ist zum Beispiel mit intelligenten Switches in der gesamten Anlage ein redundanter Netzwerkring auf Lichtwellenleiter-Basis aufgebaut worden. Auf diese Weise ist immer eine Datenkommunikation zwischen den Komponenten sichergestellt. Netzwerk- und Übertragungsfehler führen somit seltener zu einem Ausfall des Prozesses.
Auf der Grundlage des leistungsfähigen Netzwerks werden die Mitarbeiter der Kläranlage auf den in der Anlage verteilt angebrachten Bedienpanels über den aktuellen Status der einzelnen Prozesse und Komponenten in Kenntnis gesetzt. So können sie bei Bedarf manuell Einfluss auf den jeweiligen Ablauf nehmen. Bei der Visualisierung handelt es sich um das webbasierte Tool Atvise, das durch die Firma Videc vertrieben wird.
Unterbrechungsfreie Stromversorgung
Neben der Netzwerk- und Steuerungstechnik ist auch die Spannungsversorgung wichtig. Über die Anbindung der unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USV) an das Leitsystem können wichtige Betriebszustände der Batterie und des Netzteils ausgelesen werden, beispielsweise der aktuelle Zustand der Spannungsversorgungen. Darüber hinaus informiert die USV über den Ladezustand und die Restlaufzeit ihres Energiespeichers und warnt frühzeitig vor Ausfällen.
Einfache Programmierung
Ein weiteres Ziel war es, auch während des Engineering-Prozesses Kosten zu sparen. Die begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen können dann an anderer Stelle eingesetzt werden. Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Abläufe besteht in der effizienten Verknüpfung der Automatisierungs- und Visualisierungsebene. Deshalb wurde hier zur Programmierung und Erstellung der Applikationen die Funktionsbaustein-Bibliothek Waterworx verwendet.
Mit den verschiedenen in der Bibliothek enthaltenen Funktionsbausteinen lassen sich die unterschiedlichen Feldgeräte – wie die Frequenzumrichter von Danfoss – einfach in die Anwendung einfügen. Die integrierte Visualisierungsschnittstelle von Waterworx ermöglicht eine einfache Ankopplung der Prozessparameter an das Leitsystem. Ferner wird der Programmierer und Betreiber durch andere branchenspezifische Funktionen bei der Umsetzung der Applikationen unterstützt. Durch das in der Kläranlage Monsheim realisierte Konzept lässt sich eine Vielzahl von Feldgeräten über vorgefertigte Bausteine und Objekte in die Automatisierungslösung einbinden, um Prozesse zu verbessern und Zeit bei der Implementierung einzusparen.
Durchgängiges Automatisierungskonzept
„Mit der Modernisierung der einzelnen Aufbereitungsschritte in Kombination mit der neuen Automatisierungstechnik und den intelligenten Feldgeräten steht uns nun ein durchgängiges Konzept zur Verfügung, das den Grundstein für den wirtschaftlichen Betrieb unserer Anlage schafft“, sagt Ralf Schmidt, Werkleiter des Abwasserzweckverbands. Damit nach der Sanierung ein möglichst hoher Effizienzgrad erzielt wird, reichen ein modernes Steuerungssystem und zuverlässige Komponenten nicht aus.
Die Anbindung komplexer Feldgeräte an das Leitsystem ist oftmals mit einem beträchtlichen Aufwand sowie großer Störanfälligkeit verbunden. Nutzt der Anwender vorgefertigte Bausteine, die durch den Hersteller getestet sind, lassen sich die verschiedenen Komponenten einfacher integrieren. Die Informationen, die die Sensoren und Aktoren liefern, werden im Leitsystem dargestellt und fließen in die Betrachtungen ein.