Registrierende Leistungsmessung Smart Metering als Chance für die Industrie

Für energieintensive Unternehmen bietet die neue Messtechnik viele Vorteile, insbesondere durch das Monitoring des Stromverbrauchs.

Bild: iStock, arhendrix
30.06.2020

Die Verbrauchergruppe über 100.000 kWh ist bisher vom Smart-Meter-Rollout ausgenommen, da die entsprechenden Voraussetzungen aus dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) noch nicht erfüllt sind. Dabei bietet die neue Messtechnik gerade für energieintensive Unternehmen viele Vorteile.

Mit der Zertifizierung von drei Smart Meter Gateways unterschiedlicher Hersteller und der positiven Markterklärung des BSI sind die Voraussetzungen des MsbG erfüllt: Die technische Möglichkeit zum Einbau von iMSys ist gegeben, und zwar bei Letztverbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch von höchstens 100.000 kWh, sofern bei diesen Messstellen keine registrierende Lastgangmessung erfolgt und keine Vereinbarung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) besteht. Für die grundzuständigen Messstellenbetreiber bedeutet das, dass sie innerhalb von drei Jahren zehn Prozent der in der Markterklärung definierten Messstellen mit iMSys ausstatten müssen.

Zur heterogenen Gruppe der Letztverbraucher mit mehr als 100.000 kWh Jahresverbrauch gehören sowohl kleine Unternehmen mit relativ hohem Stromverbrauch als auch große, energieintensive Unternehmen. Es handelt sich dabei zwar nur um knapp 242.000 Pflichteinbaufälle, die allerdings für etwa 66 Prozent des deutschen Strombezugs stehen. Daher ist gerade bei dieser Gruppe die korrekte und einwandfreie Messung extrem wichtig. Messausfälle können hier zu Streitigkeiten über nicht erfasste Stromentnahmen im Bereich von mehreren Millionen Euro führen.

Verfügbare Smart Meter Gateways dürfen nicht eingebaut werden

Die derzeit verfügbaren Smart Meter Gateways erfüllen zwar grundsätzlich die funktionalen Anforderungen, dürfen aber noch nicht eingebaut werden. Das liegt unter anderem daran, dass die Versorgungsspannung der RLM-Zähler abgesichert ist (und damit die Messwerte jederzeit im geeichten Lastgangspeicher sicher abgelegt werden), während ein Ausfall der Versorgungsspannung des Smart Meter Gateways zu einer Unterbrechung der Messung führt. Weiterhin fehlen noch die geeigneten Basiszähler für die Mittel- und Hochspannung. Mit den derzeit am Markt verfügbaren Basiszählern kann die Messgenauigkeit nicht gewährleistet werden. Zudem erfüllen die Smart Meter Gateways beziehungsweise iMSys derzeit noch nicht alle Anforderungen zur Unterstützung eines Energiemanagementsystems wie zum Beispiel die Impulsbereitstellung. Angesichts dieser Gegebenheiten ist es nachvollziehbar, dass die Rolloutverpflichtung für RLM-Kunden noch nicht ausgesprochen worden ist. Innerhalb des Forums Netztechnik / Netzbetrieb des VDE (FNN) beschäftigt sich die Projektgruppe „iRLMSys“ derzeit in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) mit der Entwicklung eines RLM-Architekturmodells. Ziel ist die Erarbeitung eines technischen Lastenhefts, um die standardisierte Entwicklung von Zählern zum iRLMSys-Betrieb zu ermöglichen, damit die Ablösung der konventionellen RLM-Zählung durch ein intelligentes und MsbG-konformes RLM-Messsystem erreicht werden kann.

Transparenz durch Messtechnik

Für energieintensive Unternehmen bietet die neue Messtechnik viele Vorteile, insbesondere durch das Monitoring des Stromverbrauchs. Die hochgranulare Auflösung der Messdaten, die mit dem Tarifanwendungsfall (TAF) 14 (hochfrequente Messwertbereitstellung für Mehrwertdienste) möglich ist, gewährleistet ein optimiertes Energiemanagement. Durch die Visualisierung der Energiedaten wird der Energieverbrauch transparent. Potenziale für Energieeinsparungen können erkannt und Maßnahmen zu Umsetzung abgeleitet werden. Ein Webportal ist dabei ein ergänzendes Energiemanagementtool, vor allem hinsichtlich der Erfüllung der Vorgaben des verpflichtenden Energieaudits gemäß der EN 16247-1 nach dem Energiedienstleistungs-Gesetz (EDL-G) oder der Anforderungen der DIN EN ISO 50001.

Rollout ab Herbst

Auch für steuerbare Verbrauchseinrichtungen, EEG- und KWKG-Anlagen gilt die Einbaupflicht noch nicht, da die bisherigen Gateways bislang nicht für das Steuern und Schalten genutzt werden können. Um diese netzdienlichen Funktionen umzusetzen, ist die Bereitstellung weiterer TAF notwendig: TAF 9 für die Ist-Einspeisung von Erzeugungsanlagen sowie TAF 10 für die Übermittlung von Netzzustandsdaten. Diese sind bei den Herstellern derzeit in Vorbereitung und sollen noch im Lauf des Jahres nach einem Re-Zertifizierungsprozess durch einfache Updates aufgespielt werden können. Das BMWi möchte den Prozess der Fortschreibung des Rechtsrahmens zugunsten einer netzorientierten Steuerung flexibler Verbrauchseinrichtungen forcieren und gleichfalls durch zügige Rechtsänderungen zugunsten der Netzintegration von EEG- und KWKG-Anlagen die unterschiedlichen Digitalisierungsansätze des EEG gegenüber dem MsbG harmonisieren. Die Rollout-Verpflichtung für die Steuerung von EEG- und KWKG-Anlagen sowie von flexiblen Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen wird mit der nächsten Markterklärung im Herbst 2020 erwartet. Dann werden die iMSys als Enabler für neue, digitale Geschäftsmodelle endlich den gewünschten Mehrwert bringen, insbesondere rund um das intelligente Steuern im Smart Grid und die Anbindung der Elektromobilität.

Bildergalerie

  • Die Basiszähler und die aktuellen Smart Meter Gateways sind bisher nicht auf die Anforderungen der registrierenden Leistungsmessung (RLM) ausgerichtet.

    Die Basiszähler und die aktuellen Smart Meter Gateways sind bisher nicht auf die Anforderungen der registrierenden Leistungsmessung (RLM) ausgerichtet.

    Bild: Voltaris

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