Der Ozean ist seit jeher ein Regulator des Klimageschehens. Die neuen Erkenntnisse der Forscher: Erstens ist die mikrobielle Kohlenstoffpumpe (MCP) wohl ein weit bedeutsamerer Hebel für den Klimawandel als angenommen. Denn betrachtet man das globale Kohlenstoffreservoir, ist im Ozean über 50 mal so viel gelöstes CO2 als es CO2 in der Atmosphäre gibt. Das heißt kleine Änderungen im Ozean sind für denselben kaum spürbar, können aber in der Atmosphäre dramatische Auswirkungen haben.
Zweitens: Bakterien und Viren spielen in der Tiefe des Ozeans eine große Rolle, was das Reservoir von refraktärem, das heißt stabilen gelöstem organischem Kohlenstoff (RDOC) angeht. Und drittens: Zöge man die Modellierung hinzu, könnten die Prozesse in tieferen Meeresgefilden besser verstanden werden. Die Forscher haben auch beobachtet, dass jene Prozesse in Küstenregionen eine größere Rolle spielen als auf hoher See.
Kleine Pumpe, großer Einfluss
Generell gilt: Wenn Algen im Meer nach unten sinken und dort von Bakterien und Viren zersetzt werden, entsteht CO2, und zu einem geringen, aber wichtigen Teil, refraktäre, gelöste organische Kohlenstoffverbindungen. Diese werden je nach den Bedingungen jahrhundertelang in der Wassersäule gespeichert oder als CO2 in die Atmosphäre abgegeben.
Als marine Kohlenstoffpumpe wird ganz allgemein bezeichnet, dass das CO2, in die Tiefen des Ozeans gelangt und dort gespeichert wird. Bei der mikrobiellen Variante als ein Teil dieser marinen Kohlenstoffpumpe passiert das über organischen Stoffwechsel und ökologische Prozesse.
Geringe Änderungen haben starke Auswirkungen auf die atmosphärischen CO2-Gehalte und somit das Klima. Weiter ist die Kohlenstoffpumpe für klimatische und menschengemachte Einflüsse empfänglich. Gelangen über die Flüsse mehr Nährstoffe, etwa aus Fäkalien oder Düngemitteln, in die Meere, wird Sauerstoff verbraucht, CO2 emittiert und auch die Stabilität des gelösten organischen Kohlenstoffs beeinflusst. Neben der Pumpe als Schlüsselprozess bleibt die Erderwärmung ein entscheidender Faktor, denn sie beeinflusst unter anderem den Sauerstoff im Ozean und somit die Pumpe.
Entscheidende Fortschritte für das Forschungsgebiet
Die Einblicke in die molekulare Struktur des gelösten organischen Kohlenstoff gehören zu den wesentlichen Fortschritten in der chemischen Ozeanographie und damit der Studie, die durch hochauflösende Analysemethoden möglich wurden. „In dieser Studie stecken mehr als zehn Jahre Arbeit. Sie ist ein weiteres Puzzleteil, den Kreislauf zu verstehen“, sagt Prof. Helmuth Thomas, Leiter des Hereon-Instituts für Kohlenstoffkreisläufe, der mit rund 30 Forschenden Erstautor Dr. Jiao Nianzhi von der chinesischen Xiamen University unterstützte.
„Es bestehen aber nach wie vor Fragen im Verständnis der Mechanismen und ihren Wechselwirkungen. Um diese zu beantworten, sind Beobachtungen in der realen Welt, experimentelle und Modellstudien sowie Simulationen mit digitalen Zwillingen nötig“, so Thomas weiter.
Mit weiteren Datenerhebungen könnten künftige Studien Wechselwirkungen zwischen Mikroorganismen über Modellierung weiter entschlüsseln. Modelle können die Auswirkungen des Klimawandels gezielter und ungezielter menschengemachter Einflüsse aufzeigen. Weiter kann maschinelles Lernen geologische Szenarien und Projektionen der Kohlenstoffspeicherung sichtbar machen. Am Ende könnte die mikrobielle Kohlenstoffpumpe so noch besser verstanden werden.