Erneuerbare Energien sind das wichtigste Mittel gegen den Klimawandel, dessen dramatische Auswirkungen weltweit immer deutlicher werden. Doch Sonnen- und Windenergie sind volatile Energiequellen. Ihr schwankender Ertrag muss kontinuierlich durch andere Energieproduzenten ausgeglichen werden. Auftritt: Wasserkraft – sie gilt als sicherste und effizienteste, und dabei sauberste Regulierungsmöglichkeit.
Doch um die Versorgungsleistung der Wasserkraft zu optimieren und den Kunden stabile Preise in einem dynamischen Markt zu bieten, ist genaues Wissen über die mittelfristige Ertragskraft der Flüsse und Stauseen nötig. Denn auch diese sind angesichts des Klimawandels nicht mehr konstant. Um genaue Vorhersagen zur Wasserkraft zu ermöglichen, sind komplexe, hochvolumige Datenanalysen nötig. Damit Energieunternehmen diese auch in der Praxis effizient für ihre Entscheidung nutzen können, gilt es diese klar verständlich und intuitiv zugänglich zu machen.
Energiegewinnung aus der Wasserkraft verbessern
Einen modernen Weg hat das finnische Energieunternehmen Fortum dabei, mit Hilfe der Digitalberatung Futurice, beschritten. Fortum ist eines der größten Unternehmen für die Erzeugung von Wasserkraft in Europa und bietet seinen Kunden Strom, Heizung und Kühlung sowie intelligente Lösungen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz. Angetrieben wird Fortum von der Motivation, Kunden und die Gesellschaft dazu zu bewegen, sich dem Wandel zu einer umweltfreundlicheren Welt anzuschließen. Das Unternehmen beschäftigt 9.000 Fachleute in den nordischen und baltischen Ländern sowie in Russland, Polen und Indien. Im Jahr 2018 setzte es 5,2 Milliarden Euro um, 57 Prozent der Stromerzeugung davon CO2-frei.
Um angesichts des Klimawandels möglichst genaue Daten und Analysen zur Ertragskraft der Flüsse und Stauseen, aus denen Fortum Energie gewinnt, zu erhalten, hat Fortum ein neues stochastisches Modell eingeführt. Mit Hilfe dieses Modells will das Unternehmen die Energiegewinnung aus der Wasserkraft mittelfristig optimieren. Jedoch: Das neue Optimierungsmodell erzeugte eine solch schwindelerregende Datenmenge – unter anderen bestehend aus den technischen Parametern von Hunderten an Wasserkraftwerken, 30-50 Szenarien für lokale Zuflüsse, Temperatur, Strompreise – , dass die Nutzung und Übersetzung der Datenanalysen in praxisnahe Entscheidungen entsprechend aufwendig war.
Licht ins Datendickicht
Um die Ergebnisse des neuen Optimierungsmodells praktisch und effizient nutzbar zu machen, startete Fortum das Projekt Apollo – als antiker Gott des Lichts sollte der Namenspatron mehr Klarheit ins Datendickicht bringen und damit Fortum ein optimiertes Wirtschaften mit der Ressource Wasser ermöglichen. Als Partner für dieses Projekt engagierte Fortum die Digitalinnovatoren von Futurice. Das finnische Unternehmen ist spezialisiert auf die Entwicklung von Digitallösungen und unterstützt Firmen bei der digitalen Transformation. Die Energiewirtschaft ist dabei einer der Schwerpunktbranchen von Futurice.
Aufgrund des Volumens und der Granularität der Daten, die das stochastische Optimierungsmodell generiert, benötigte Fortum eine neue Methode, um die gewünschten Inputs zu definieren und die erzeugten Ergebnisse zu präsentieren. Das System verarbeitet Auswertungen und Prognosen für so gut wie alle Flüsse, Kraftwerke und Wasserreservoirs, die Fortum in den nordischen Ländern betreibt. Und das sind viele: Das Unternehmen verfügt über insgesamt 140 Wasserkraftwerke in Finnland und Schweden und ist darüber hinaus Miteigentümer mehrerer weiterer Anlagen.
Das Datenmodell
Das Datenmodell von Apollo umfasst unter anderem die Anlagenmodelle mit Zeitreihenattributen, die zum Beispiel die für Optimierungen erforderlichen Eingabedaten beschreiben. Eine Optimierung kann dabei Zehntausende von verschiedenen Zeitreihen umfassen. Das macht die Visualisierung der Leistung sehr komplex, da für jedes der Hunderte von Wasserkraftwerken für mehrere Jahre stündlich beziehungsweise täglich 30 bis 50 Preise, Produktionsvolumen, Reservoirfüllstände und Cash-Flow auf Stunden- beziehungsweise Tagesbasis vorliegen. Der Benutzer möchte die Ergebnisse entweder für ein einzelnes Kraftwerk oder aggregierte Ergebnisse sehen, den Zeithorizont variieren, alle Szenarien oder nur den Durchschnitt betrachten – und Anderes.
Struktur, Präsentation, Performance
Um die Ergebnisse des Optimierungsmodells von Fortum besser und leichter nutzbar zu machen, arbeitete das Team vor allem an diesen drei Bereichen:
Struktur: Ziel war es, Ein- und Ausgabedaten von Apollo auf strukturierte Art und Weise zu verwalten und zu speichern
Ergebnispräsentation: Die Ergebnisse sollten klar und eingängig für die Benutzer visualisiert werden; auch sollten sie Eingaben interaktiv bearbeiten können
Performance: Die Leistung der an Apollo angeschlossenen Systeme sollte erhöht werden
Um die Auswertungen und Prognosen besser zu präsentieren, erstellten die Digitalberater von Futurice neue domänenspezifische visuelle Templates. Durch diese können die Experten von Fortum ihre eigenen Berichte und Vorhersagen auf einfache Weise erstellen und anpassen. Das kann in der Praxis Dutzende von Diagrammen und Tabellen ergeben, die bei Bedarf durchsucht und zum Exportieren von Berichten verwendet werden können. Die konsistente Darstellung von Informationen soll das Verstehen und Nutzen der Daten sowie datenbasiertes Entscheiden in Projekten vereinfachen.
Ergebnisse lassen sich durch Apollo einfacher, genauer und auf den aktuellen Bedarf zugeschnitten abrufen. Als Ergebnis dieser Verbesserungen erhält der Benutzer beispielsweise eine intuitiv verständliche Sicht auf die resultierenden Szenarien, sowohl über das Visualisierungstool, mit dem interaktive Diagramme und Tabellen für den Browser erstellt werden, als auch über statische Berichte in Excel und HTML.
Verbesserungen werden automatisch ausgeführt
Im Gegensatz zum alten, manuellen Optimierungsprozess kann Apollo die Verbesserungen jetzt automatisch ausführen. Fortum gewinnt dadurch Zeit für die Analyse der Ergebnisse, die Mitarbeiter müssen diese nicht zuvor mühsam zusammenstellen. Apollo modelliert dabei Zeithorizonte von einem bis zu mehreren Jahren. Dadurch kann Fortum die Ressourcennutzung und Energieproduktion auf der Grundlage von saisonalen Änderungen der Gewässerzuflüsse optimieren – und so sehr viel schneller und flexibler auf die Marktvolatilität reagieren.
Diese Möglichkeit ist im Hinblick auf nachhaltige Energienutzung bedeutend: Die Energieproduktion hat einen großen Einfluss auf unsere Umwelt. Je effizienter die Energieproduktion, desto positiver die Auswirkungen auf die Umwelt. Anders gesagt: Indem das Unternehmen sicherstellt, die richtige Menge Energie am richtigen Ort verfügbar ist, vermeidet es ungenutzte Überschüsse zu produzieren – was kommenden Generationen zugutekommt.
Großer Einfluss auf Rentabilität
Das hat wiederum auch Auswirkungen auf das Geschäft von Fortum, dessen Kernkompetenz die Produktion und Vermarktung von Energie ist. Jede signifikante Verbesserung einer Facette des Kerngeschäfts – von der Produktionsoptimierung bis zur Datenerzeugung und der Nutzung der produzierten Daten – zeigt großen Einfluss auf die Rentabilität des Unternehmens.
„Ich bin sehr zufrieden mit dem Apollo-System, das wir geschaffen haben. Die mittelfristigen Wasserkraftprognosen und Wasserpreise haben eine deutlich bessere Qualität. Der automatisierte Prozess verringert das Risiko menschlicher Fehler erheblich“, so das Resümee von Tuomas Pyykkönen, Product Owner bei Fortum. „Auch haben die Benutzer jetzt viel mehr Zeit, die Ergebnisse zu analysieren und können mehrere verschiedene Analysen durchführen. Zudem ist die Benutzeroberfläche von Apollo sehr intuitiv, die Mitarbeiter können schon nach einer kurzen Einführung loslegen.“
„Für eine nachhaltige Energiewirtschaft spielt neben den natürlichen Ressourcen wie Wind, Sonne und Wasserkraft auch die Ressource Daten eine entscheidende Rolle. Nur durch Datenintelligenz lassen sich Produktion und Bedarf angesichts der Volatilität der natürlichen Energiequellen sicher steuern“, so Jan Herrmann, Director Corporate Innovation bei Futurice. „Jedoch: auch Daten in großen Mengen können sich wie wilde Ströme gebärden – daher brauchen Unternehmen innovative digitale Lösungen, um diese zu bändigen und die Analysen effizient nutzen zu können. Und genau hier konnten wir Fortum mit Apollo sehr gut unterstützen.“