Herr Lohmann, Sie möchten VHPready international verbreiten. Dennoch haben Sie fast nur deutsche Mitglieder. Sollte sich der globale Ansatz nicht auch bei den Mitgliedern widerspiegeln?
Wolfgang Lohmann:
Völlig richtig. Wir verfolgen mit VHPready das Ziel, einen offenen, internationalen Industriestandard zu schaffen. Daher steht 2016 die internationale Verbreitung des Standards im Zentrum unserer Anstrengungen. Es war übrigens sinnvoll, sich nach Gründungsbeschluss im Februar 2014 zunächst um den Aufbau des Industrieforums und um den deutschen Markt zu kümmern. Nun stehen die Strukturen und wir sind stolz, mittlerweile 44 Mitgliedsunternehmen gewonnen zu haben. Davon haben übrigens acht Unternehmen ihren Hauptsitz außerhalb Deutschlands, für den Anfang kein schlechtes Resultat.
Deutsche Kommunikationsprotokolle hatten es in der Vergangenheit schwer, sich weltweit durchzusetzen. Warum sollte dies bei VHPready gelingen? Was macht dieses Protokoll einzigartig?
Für uns ist VHPready kein deutsches Protokoll, auch wenn die Entwicklung hier begonnen hat. Der Markt ist international, und unsere Mitglieder agieren überwiegend international. Daher muss auch der Standard VHPready international und offen sein. Aber klar ist auch: Deutschland hat als erste große Volkswirtschaft die Energiewende eingeleitet und damit eine Führungsposition bei Smart-Grid-Technologien eingenommen. So entstehen hier Produkte und Verfahren, die nach meiner Überzeugung Exportschlager werden. Im Zuge dieser Entwicklung wurde hier zuerst die Notwendigkeit erkannt, einen offenen Standard zu schaffen: Jeder kann ihn haben und jeder interessierte Akteur ist zur Mitwirkung bei Verbreitung und Weiterentwicklung eingeladen.
In der IT und insbesondere in der Internetvernetzung gibt es bereits vielfältige Kommunikationsstandards. Warum haben Sie mit VHPready noch einen weiteren erschaffen?
VHPready füllt eine Lücke, für die es bislang weltweit keine Lösung gab: ein offener Standard für Vernetzung, Interoperabilität und Steuerbarkeit von Energieanlagen in virtuellen Kraftwerken. Diese sind das Herz der Smart Grids. Nur mit einem Standard wird es gelingen, die dezentrale Energieerzeugung im großen Stil zu integrieren und dabei die Kosten im Griff zu behalten. Neu an VHPready ist, dass hier erstmals Anforderungen an die Funktionalität auf Betriebsebene von virtuellen Kraftwerken in einem offenen Standard festgeschrieben worden sind. Dabei wird keineswegs das Rad neu erfunden: Was schon vorhanden und geeignet ist, zum Beispiel genormte Basisprotokolle, wird integriert, beziehungsweise es werden Empfehlungen dafür ausgesprochen. Die Nutzung der IEC-Protokolle zum Beispiel gehört zur Basis von VHPready.
Wo sehen Sie das VHPready Mitgliederkonsortium im Jahr 2020? Welche Ziele sollen bis dahin erreicht werden?
Bis 2020 wird sich VHPready als offener, internationaler Industriestandard am Weltmarkt durchgesetzt haben, proprietäre Systeme werden dann deutlich abnehmen. In Deutschland wird VHPready einen wesentlichen Teil zur Umsetzung des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende beitragen. Wir werden eine große, international aufgestellte Nutzerorganisation haben. Mindestens in Europa, Ostasien und Nordamerika werden akkreditierte Prüflabore für VHPready bestehen, die – gemeinsam mit unserer Servicegesellschaft VHPready Services GmbH – bei Mitgliedern und ebenso bei Nicht-Mitgliedern mit ihren Dienstleistungen den Standard verbreiten. Zu guter Letzt: Mein Wunsch ist, dass sich VHPready über virtuelle Kraftwerke hinaus zum offenen Standard für Smart Grids entwickelt und dort für eine Ende-zu-Ende-Sicherheit sorgt.