Energy 2.0: Herr Fäßler, in Österreich ist Verbund unerreichbar bei der Erzeugung und Vermarktung von Wasserkraft. Wie sieht es in Deutschland aus?
Josef Emanuel Fäßler: Wir haben in Deutschland am Inn 22 Wasserkraftwerke und sind zweitgrößter Wasserkraftwerksbetreiber. Im Gegensatz zu Österreich ist in Deutschland allerdings schon aufgrund der Geographie kein großer Zubau mehr möglich. Zudem sind wir hier durch das EEG benachteiligt ...
... weil Wasserkraft nicht gefördert wird.
Das EEG fördert ältere und große Erzeugungsanlagen nicht. Wir müssen unsere Wasserkraftwerke also rein wirtschaftlich betreiben und uns im Gegensatz zur Windenergie an der Börse sowie am Marktpreis orientieren.
Wie gehen Sie mit diesem gesetzlichen Nachteil um?
Wir modernisieren aktuell viele Anlagen, erneuern etwa die Turbinen. Über solche Maßnahmen besteht dann auch die Chance auf eine EEG-Förderung.
Was würde noch helfen, die Wasserkraft in Deutschland weiter voranzubringen?
Wir wünschen uns, dass das gesellschaftliche und politische Verständnis dafür wächst, welche positiven Auswirkungen die Wasserkraft für die Umwelt hat. Dafür wäre es etwa hilfreich, die Stromkennzeichnung entsprechend zu verbessern.
Deutschland fördert bereits PV und Windkraft. Wozu noch Wasserkraft?
Strom aus Wasserkraft hat viele Vorteile gegenüber Sonnen- und Windstrom, der stark fluktuiert. Das tut den Netzen nicht gut, denn sie benötigen eine konstante Spannung. Da Wasser immer fließt, treten keine Dunkelflauten auf. Strom aus Wasserkraft ist deshalb der einzige ökologisch erzeugte Strom, der zu unserer Netzlandschaft passt. Außerdem hilft Wasserkraft bei Bedarf Energie zu speichern oder freizusetzen – Stichwort Pumpspeicherkraftwerke.
Können Sie aktuelle Entwicklungen auf diesem Gebiet nennen?
Verbund verfügt über große Pumpspeicherkraftwerke in Österreich und bildet damit die größte grüne Batterie Europas. Hier erreichen wir Wirkungsgrade zwischen 75 und 80 Prozent und produzieren Spitzenstrom quasi auf Knopfdruck. Und wir sind dabei, weitere Potenziale zu heben. Wir bauen beispielsweise stark aus, wie in Kaprun oder Reißeck.
Warum sollte ein Kunde sich für Wasserkraft von Verbund entscheiden?
Weil wir so viele Wasserkraftwerke in Deutschland haben, können wir sowohl Stadtwerken als auch Industriekunden viel Flexibilität bieten. Diese Flexibilität liegt zum einen in der Strombelieferung. Wir bieten unseren Kunden aber auch Marktzugangsdienstleistungen für die Terminmärkte, weil wir selbst an den wichtigsten Börsen Europas aktiv sind.
Welchen Vorteil bringt das?
Bisher kamen über den Spotmarkt viele Graustrommengen zustande. Wir sind in Deutschland die ersten, die alles in Strom ausschließlich aus Wasserkraft darstellen.
Warum wollen speziell Stadtwerke Ökostrom von Verbund?
Wer seinen Verbrauchern wirklich sauberen Strom aus Wasserkraft liefern und ökologisch unangreifbar sein will, kommt in Deutschland an Verbund nicht vorbei. Wir haben zum Beispiel Anfragen von Stadtwerken, die 100 Prozent ihres Stromabsatzes mit uns ,vergrünen‘ möchten. Mit den Inn-Kraftwerken und auch österreichischen Kraftwerken bedienen wir sogar die Nachfrage nach kraftwerksscharfer Vermarktung.