Neben dem bereits bestehenden europäischen Emissionshandelssystem, das emissionsintensive Industriekunden betrifft, führt die Bundesrepublik Deutschland eine nationale CO2-Bepreisung außerhalb dieses Systems ein. Ziel ist es, Emissionen zu bepreisen, die nicht durch den EU-Emissionshandel abgedeckt werden – im Grunde also der Wärmemarkt sowie der Verkehrssektor.
Starten wird die CO2-Bepreisung in 2021 mit einem Einführungspreis von 25 Euro pro Tonne, der sich bis 2025 jedes Jahr erhöht. Ab 2026 soll dann ein nationales Handelssystem hierfür eingeführt werden. Die Zertifikate werden ab diesem Zeitpunkt nicht mehr wie in der Einführungsphase ab 2021 zu einem Festpreis verkauft, sondern versteigert.
Was die Verantwortlichen für die Emission leisten müssen
Da die Belastung am Ende der Bürger trägt, soll ein Großteil der „Abgabe“ wieder an ihn ausgeschüttet werden, beispielsweise durch eine Senkung der EEG-Umlage. Leisten muss die Abgabe derjenige, der den Brennstoff in Verkehr bringt.
Die Definition, wer der Inverkehrbringer ist, lehnt sich an das Energiesteuergesetz an. Das heißt, sobald eine Energiesteuer anfällt, gilt der Brennstoff als „in Verkehr gebracht“, und die CO2-Zertifikate sind vom Inverkehrbringer zu beschaffen. Alle Lieferanten, die einen Endkunden beliefern, müssen also für die gelieferte Menge CO2-Zertifikate beschaffen und die Abgabe leisten.
Weiter regelt das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEGH), dass der Inverkehrbringer verpflichtet ist, einen Überwachungsplan für die Ermittlung seiner Emissionen an die zuständige Behörde einzureichen. Zudem muss er bis zum 31. Juli die Brennstoffemissionen für das vergangene Kalenderjahr gemäß seinem Überwachungsplan melden.
Bis zum 30. September hat der Inverkehrbringer dann die entsprechende Menge an Zertifikaten abzugeben. Um Doppelbelastungen zu vermeiden, werden von den Emissionen diejenigen abgezogen, die bereits über den europäischen Emissionshandel abgedeckt sind. Dafür will die Bundesregierung bis zum 31. Dezember 2020 ein geeignetes Meldeverfahren etablieren. Viel Bürokratie steht der Energiebranche also ins Haus.
CO2-Beträge: Unterschiede zwischen Haushalten und Unternehmen
Die Frage, die nun die Branche umtreibt, lautet: Sind die bestehenden Lieferverträge so gestaltet, dass die CO2-Abgabe an den Endkunden weitergegeben werden kann? Kommen womöglich Rechtsstreitigkeiten auf die Branche zu?
Die Beträge, um die es geht, sind für den einzelnen Haushaltskunden möglicherweise noch nicht allzu hoch: Sie liegen bei einem CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne und einem Verbrauch von 10.000 kWh bei etwa 55 Euro im Jahr. Auf Unternehmensebene kommen jedoch ganz andere Summen zusammen.
Ein Beispiel: 5 GWh entsprechen bereits 27.500 Euro (bei 25 Euro pro Tonne CO2). Ist der Kunde größer oder das Endkundenportfolio entsprechend groß, können Beträge, die aufgrund möglicher Lücken im Liefervertrag nicht weitergegeben werden, unter Umständen einen großen Einfluss auf das Jahresergebnis haben.
CO2-Abgabe versus CO2-Kompensation
Mit der Einführung der CO2-Bepreisung möchte die Bundesregierung die Emissionen senken und den Klimaschutzzielen Deutschlands Rechnung tragen. Durch die Abgabe soll ein Anreiz geschaffen werden, auf regenerative Technologien, sei es im Wärmemarkt oder im Verkehrssektor, umzusteigen.
Die aus der Abgabe generierten finanziellen Mittel werden jedoch nicht komplett dem Klimaschutz zugeführt. Aus den Mitteln heraus sollen unter anderem die EEG-Umlage abgesenkt oder auch „Härtefälle“, die durch die Einführung der Abgabe entstehen, finanziert werden. Damit gibt es aber keinen Eins-zu-Eins-Bezug zwischen einem CO2-Preis auf der einen und konkreten Maß-nahmen zum Klimaschutz auf der anderen Seite.
Im Gegensatz dazu stehen CO2-Projekte zur freiwilligen Kompensation von CO2. Diese Projekte führen nicht zu einer Reduzierung von CO2, sondern sind Kompensationsmaßnahmen, die Emissionen, die an einer Stelle entstehen, an anderer Stelle ausgleichen.
Es gibt eine Vielzahl von Anbietern, die Zertifikate für solche Projekte anbieten. Da es sich um freiwillige Maßnahmen handelt, gibt es keinen allgemeingültigen Standard für Kompensationsprojekte. Die beiden bedeutendsten sind Verified Carbon Standard (VCS; gegründet von der US-amerikanischen Non-Profit-Organisation Verra) und Gold Standard (entwickelt durch den WWF mithilfe des Bundesumweltministeriums). Laut dem Umweltbundesamt hatten beide zusammen in 2016 einen Marktanteil von 50 Prozent.
Die meisten derart geförderter Projekte sind in Schwellen- oder Entwicklungsländern angesiedelt, da sich dort CO2 günstiger einsparen lässt. Beispiele für Projekte sind ein Wasserkraftprojekt in der Demokratischen Republik Kongo, ein Solarenergieprojekt in Namibia oder saubere Kochöfen in Ghana. Klimaschutz und Entwicklungshilfe gehen dabei oft Hand in Hand. Der Vorteil für den „Förderer“: Er hat einen direkten Bezug zu dem von ihm unterstützen Projekt.
Die Preise für ein Zertifikat aus einem CO2-Projekt sind je nach Projekt individuell verschieden, liegen aber deutlich unter dem der geplanten Abgabe in Deutschland. Die Unterstützung der Projekte ist freiwillig und zusätzlich zu sehen. Sie kann in Deutschland nicht für eine Reduzierung oder Verrechnung der CO2-Abgabe herangezogen werden.
CO2-Reduktionen, wie sie die Maßnahme der CO2-Bepreisung der Bundesregierung letztlich darstellt, sind für Industrieländer mit hohen CO2-Emissionen als primäre Maßnahme anzusehen. Flankiert werden kann (und sollte) dies durch Maßnahmen, die in Schwellen- und Entwicklungsländern greifen und hier im günstigsten Fall keine CO2-Emissionen bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Länder entstehen lassen.