Klimageld als Lösung? Akzeptanz von CO2-Bepreisung steigt bei Rückverteilung der Einnahmen

Jan Steckel, Arbeitsgruppenleiter am MCC und ein Co-Autor der Studie: „Offenbar sind viele Menschen noch nicht überzeugt, dass die CO2-Bepreisung für sich genommen wirklich dem Klima hilft, und dann soll ihm wenigstens die Verwendung der Einnahmen nützen.“

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09.09.2024

Eine CO2-Bepreisung, die Produkte entsprechend ihrer Klimaschädlichkeit verteuert und damit klimafreundliche Alternativen attraktiver macht, ist politisch leichter durchsetzbar, wenn sie sozial flankiert wird. In Umfragen steigt die Akzeptanz, sobald irgendeine Form der Rückverteilung des Aufkommens im Politikpaket enthalten ist. Dies beleuchtet nun – differenziert nach Formen der Rückverteilung und nach Weltregionen – eine Metastudie zum bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, die das Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) durchgeführt hat.

Inhaltlich knüpft die Studie an zwei frühere Metastudien des MCC an, wonach CO2-Bepreisung nachweislich Emissionen reduziert und vielerorts, vor allem im globalen Süden, auch ohne Umverteilung der Einnahmen soziale Ungleichheiten verringert. „Bei der Akzeptanz können wir uns bislang kaum auf historische Erfahrungen stützen“, erläutert Farah Mohammadzadeh Valencia, Doktorandin in der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung und Leitautorin der Studie.

„Für einen soliden Vergleich der Akzeptanz mit und ohne Rückverteilung gibt es nur sehr wenige konkrete Fallbeispiele. Deshalb beleuchten wir bei dieser umfassenden Auswertung der Forschungsliteratur, wie die Menschen sich dazu prinzipiell in Umfragen äußern. Das ist naturgemäß subjektiv, beeinflusst vom jeweiligen Informationsstand.“

Mit Rückverteilung mehr Zustimmung als ohne

Über eine umfassende Literaturrecherche, unterstützt von Methoden des maschinellen Lernens, ermittelte das Forschungsteam rund 3.500 potenziell einschlägige Studien und suchte dann in aufwendiger Feinarbeit 35 wirklich relevante heraus. In ihnen werden insgesamt 70 Umfragen zur Akzeptanz von CO2-Bepreisung analysiert, mit rund 113.000 Befragten in 26 Ländern. Aus diesem Datenmaterial destillierte das Forschungsteam am Ende sogenannte Effektstärken heraus. Sie drücken aus: So stark ist der Effekt auf die Akzeptanz, wenn man die Frage variiert und eine bestimmte Form der Rückverteilung mit einer „noch unbestimmten“ Verwendung der Einnahmen vergleicht.

Im Ergebnis zeigen diese statistisch berechneten Effektstärken einen beträchtlichen Gestaltungsspielraum für die Politik: CO2-Bepreisung stößt mit Rückverteilung durchweg auf mehr Zustimmung als ohne. Dabei gibt es regionale Besonderheiten und vor allem beträchtliche Unterschiede je nach konkreter Umsetzung. Am besten kommt laut den bisherigen Umfragen die Vorstellung an, dass die Einnahmen in klimafreundliche Investitionen fließen, etwa Hilfen für besseren öffentlichen Nahverkehr oder Zuschüsse für klimafreundliche Haushaltsgeräte. Sehr gut schneiden auch gezielte Geld-Transfers an bedürftige Haushalte ab. Zu einheitlichen Pro-Kopf-Transfers an alle, wie sie in Deutschland als „Klimageld“ diskutiert werden, äußern sich dagegen viele Menschen noch vergleichsweise skeptisch.

Politik muss besser kommunizieren

„Beim Klimageld für alle gibt es noch Bedarf an politischer Kommunikation“, resümiert Jan Steckel, Arbeitsgruppenleiter am MCC und ein Co-Autor der Studie. „Offenbar sind viele Menschen noch nicht überzeugt, dass die CO2-Bepreisung für sich genommen wirklich dem Klima hilft, und dann soll ihm wenigstens die Verwendung der Einnahmen nützen. Die Politik muss die Idee der Pro-Kopf-Rückerstattung noch besser kommunizieren: Meine CO2-Preis-Kosten kann ich beeinflussen, das Klimageld habe ich sicher – wenn ich also etwas ändere, stelle ich mich besser. Und sozial ist es auch: Wenn alle den gleichen Betrag an Klimageld kriegen, aber Reiche mit ihrem größeren ökologischen Fußabdruck mehr für CO2-Bepreisung zahlen, sind unterm Strich die Armen bessergestellt als die Reichen.“

Das Forschungsteam macht das für die Akzeptanz-Analyse eigens entwickelte Rechenkonzept öffentlich zugänglich und betont: Es taugt als Gerüst auch für künftige Updates, wenn sich die Wissenschaft auf mehr Umfragen insbesondere auch im globalen Süden und auch zunehmend auf echte Fallbeispiele stützen kann. Je mehr sich die CO2-Bepreisung mit Rückverteilung der Einnahmen als klimapolitisches Leitinstrument durchsetzt, desto besser wird dann auch die öffentliche Meinung dazu ausgeleuchtet.

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