Shemol ist ein auf 2.000 m gelegenes Hochtal in der ostafghanischen Provinz Nangarhar. Die Bevölkerung dort lebt hauptsächlich von der Vieh- und Landwirtschaft. Nur wenige Haushalte haben fließend Wasser, die Stromversorgung war bis dato in Ausnahmefällen durch kleine autarke Solarsysteme gegeben. Gemeinsam mit dem afghanischen Partner Zularistan hat das Allgäuer Solarunternehmen Phaesun nun ein Minigrid-Projekt zur Stromversorgung von 1.500 Haushalten, einer Schule, einer Moschee und einem Krankenhaus im Bergdistrikt Dara-e-Noor konzipiert und installiert. Zum ersten Mal ist damit ein aus Solargenerator und Wasserkraft gekoppeltes System zur Dorfstromversorgung in Afghanistan in Betrieb.
Die Installation des Systems wurde vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und vom Afghanischen Ministry of Rural Rehabilitation and Development finanziell gefördert. Der laufende Betrieb und die Wartung werden durch den Stromverkauf finanziert.
Kombination „weltweit einmalig“
Kernstück der Stromerzeugung ist eine 140-kVA-Wasserkraftturbine. Diese wird zusätzlich mit einem 200-kW-Solarfeld sowie mit einem 50-kVA-Dieselgenerator für den „Black Start“ nach einem Shutdown der Turbine unterstützt. Für die Stromversorgung zu jeder Tages- und Nachtzeit sorgt ein Batteriepufferspeicher aus neun Clustern mit einer Gesamtkapazität von 1.512 kWh. Diese Kombination wurde so noch nie installiert.
Phaesun war beim Systemdesign und der Koordination beteiligt und hat einen Teil des Equipments geliefert. SMA, ein deutscher Hersteller von Solarelektronik, passte wichtige Elektronikkomponenten an und unterstützte das Projekt bei der Planung.
Shakibullah Hedayat, Projektkoordinator des durchführenden Unternehmens Zularistan, ist stolz auf das „weltweit einmalige“ Projekt: „Durch die Nutzung der natürlichen Ressourcen Sonne und Wasser in Kombination mit qualitativ hochwertiger Technik können wir unsere Bevölkerung mit Strom versorgen. Wir sind froh, dass wir das Projekt in enger Kooperation mit den deutschen Unternehmen SMA und Phaesun auch im Corona-Jahr erfolgreich umsetzen konnten!“
Projektdurchführung trotz Corona-Krise
2019 begannen die Planungen für die Stromversorgung des Hochtals mittels Wasser- und Solarkraft. Die Bewohner konnten sich vorab als Stromkunde registrieren und bezahlten eine Anschlussgebühr. Der Stromverkauf basiert nun auf einem Smart-Metering-System. Die Nutzer bezahlen vorab und erhalten Chips für ihre Stromzähler und die Elektrizität.
Die Installation verzögerte sich 2020 aufgrund von Corona-bedingten Transportbeschränkungen einige Male, konnte aber im Dezember erfolgreich abgeschlossen werden. Thomas Sacks, Projektleiter bei Phaesun, berichtet: „Neben Afrika setzen wir nun zunehmend den Fokus auf Süd- und Zentralasien. Hier gibt es viele Regionen, die aufgrund der geografischen Begebenheiten eine Stromversorgung durch zentrale Stromnetze kaum zulassen. Weit verstreute Ortschaften in Bergregionen können ideal durch Inselnetze mit lokal erzeugtem grünen Strom versorgt werden.“
Durch seine Arbeit in Afghanistan weiß Sacks, dass elektrischer Strom Hoffnung für die Menschen bedeutet. „Licht in Haushalten, Kühlung von Medikamenten im Krankenhaus und der Betrieb von Computern in Schulen bedeuten den Anschluss an das moderne globale Leben“, sagt der Projektleiter.