Flottenbetreiber gelten als wichtiger Faktor bei der Einführung der E-Mobilität in den Massenmarkt. Wie bewerten Sie die Situation?
Wir registrieren ein kontinuierlich steigendes Interesse von Flottenbetreibern, den eigenen Fuhrpark auf elektrische Mobilität umzustellen. Die Unternehmen bereiten sich derzeit vor, informieren sich sehr ausgiebig über Elektrofahrzeuge und entsprechende vollumfängliche Ladelösungen, warten aber generell noch ab. Der Genfer Autosalon hat jetzt die neuen elektrischen Automodelle gezeigt. Wir erwarten, dass die Nachfrage in diesem Jahr deutlich anzieht und auch die Elektrifizierung des Flottenmarktes an Fahrt gewinnt. Wir gehen davon aus, dass die Senkung der Dienstwagenbesteuerung auf 0,5 Prozent für Elektrofahrzeuge zeitnah dazu führen wird, größere Stückzahlen in Fuhrparks zu integrieren. Hier wird die Ausstattung der Parkräume mit intelligent vernetzter Ladeinfrastruktur notwendig, da die optimale Integration in das Energiesystem vor Ort wesentlich für eine positive Entwicklung des Total cost of Ownership von Elektrofahrzeugen sein wird.
Mit welchen konkreten Angeboten gehen Sie hier an den Markt?
Flottenbetreiber sehen die Komplexität, sich mit dem gesamten Prozess von der Anschlussleistung für die Ladeinfrastruktur bis zu Abrechnungsfragen für Dienstwagen auseinanderzusetzen. Dazu kommen verschiedene Unternehmensstandorte mit unterschiedlichen Bedingungen in Europa. Dies ist eine Herausforderung für die Flottenbetreiber. Mit Komplettpaketen bieten wir den einfachen Umstieg von Verbrenner- auf Elektrofahrzeuge aus einer Hand. Unsere Kooperation mit ALD, der größten europäischen Leasinggesellschaft, ergänzt unsere intelligenten hard- und softwarebasierten Ladelösungen um die größtmögliche Auswahl an Elektrofahrzeugen und die Leasingkompetenz eines starken Partners. Mit diesem vollumfänglichen „One-Stop-Shop“-Angebot reduzieren wir im Vergleich zu anderen Angeboten im Markt die Komplexität für Flottenmanager.
Wie passt die Beteiligung an Vinli in dieses Konzept?
Mit der Beteiligung an Vinli stärken wir unsere Expertise im Bereich Big Data und Advanced Analytics im Bereich Mobilität. Das Start-up aus Dallas betreibt eine der ersten kommerziellen, cloudbasierte Connected-Car-Plattformen. Rohdaten aus einer Vielzahl von Quellen innerhalb und außerhalb des Fahrzeugs werden gesammelt und verarbeitet, wobei Ereignisse und Verhaltensweisen des Fahrzeugs und der Fahrer von Algorithmen vorhergesagt werden.
Was versprechen Sie sich konkret von diesem Engagement?
Indem wir eine Lücke in unserer Datenwelt für E-Mobility schließen, ergibt sich eine Vielzahl neuer Ansätze für innovative, smarte Mobilitätsdienste für Unternehmen und Flottenbetreiber. Durch die Kombination von Daten aus Fahrzeugen und der Netz- und Ladeinfrastruktur von E.on werden unsere Kunden – insbesondere Flottenbetreiber – von maßgeschneiderten Lösungen für Elektrofahrzeuge profitieren. Die digitalen, datenbasierten Lösungen, an denen wir gemeinsam mit Vinli arbeiten, werden zu einer weiteren Reduzierung der TCO von E-Fahrzeugen beitragen und aus unserer Sicht die Elektrifizierung der Fahrzeugflotten noch beschleunigen.
Welche Rohdaten fließen in die Cloud-Plattform von Vinli ein?
Die Daten dienen grundsätzlich dazu, einen zusätzlichen Kundennutzen zu schaffen. Welche Daten zu welchen Zwecken erhoben werden, stimmen wir mit dem Kunden ab. Möchte ein Kunde zum Beispiel ein Belohnungssystem für eine schonende Fahrweise einführen, können dazu verschiedene Parameter definiert und verarbeitet werden. So lassen sich beispielsweise Brems-, Beschleunigungs- und Verbrauchsdaten nutzen, um die TCO des E-Fahrzeugs zu optimieren.
An welche weiteren konkreten Einsatzfelder denken Sie noch?
Eine mögliche Option ist die Nutzung der Datenkompetenz im Umfeld der Einbindung der Fahrzeugbatterie in das Energiesystem. Über unser virtuelles Kraftwerk und die Daten aus unseren Netzen sehen wir sekundenscharf, wie die Netze in den jeweiligen Regionen ausgelastet sind. Wenn der Kunde eine Route in sein Navi eintippt, errechnet das System sofort, welche Reichweite die Batterie noch hat, an welcher Ladestation er abhängig von der Netzauslastung und Kosten Strom laden sollte und wann er die Ladestation erreichen wird. Entsprechend kann der Slot an der Station gebucht werden. Sollte sich die Fahrt durch einen Stau verzögern, wird die Buchung angepasst.
Was verspricht sich E.on für sein Business und welche Mobilitätstrends können Sie so bedienen?
Wir erleben einen rasanten Fortschritt des Internets der Dinge sowie exponentiell wachsende Datenquellen. Wir sind die Schnittstelle zwischen den Daten und den Betreibern von Fahrzeugflotten und machen die Rohdaten für den Kunden nutzbar. Trends können veränderte Sharing-Konzepte ebenso sein wie neue Ladezyklen oder Reichweiten, die je Fahrzeug zurückgelegt werden. Solche Daten sind potenziell auch für Versicherungsunternehmen interessant, die damit wiederum neue Produkte entwickeln können.
Diskutiert wird bereits, ob künftig der Zählpunkt für die Abrechnung des Ladestroms im Auto integriert sein sollte. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei diesem Ansatz?
Das Thema ist äußerst komplex. Es sind hardwarebezogene, abrechnungstechnische- und auch eichrechtliche Fragen zu klären. Zusätzlich müsste sich der Ladepunkt im Auto als internationaler Standard durchsetzen. Zudem würden weiterhin Zählpunkte und Steuerungselemente im Energienetz benötigt. Inwieweit sich hier ein effizientes und effektives Gesamtsystem schaffen lässt, ist aus unserer Sicht zumindest fraglich. Dessen ungeachtet, haben wir unter anderem durch unsere Beteiligungen an Vinli und Virta bereits wesentliche Kompetenzen, um diese Systeme entwickeln und betreiben zu können. Für uns ist aber entscheidend, dass es eine Nachfrage gibt, und dass sich das Fahrerlebnis für den Kunden verbessert.