Der Schweizer Automobilrennstall Sauber Motorsport hat seinen Sitz in Hinwil im Zürcher Oberland, ab 2026 wird er als Audi-Werksteam auftreten und die F1-Weltmeisterschaft bestreiten. Für das Feilen an der bestmöglichen Aerodynamik betreiben die Motorsportexperten einen eigenen Windkanal, denn wer in der Formel 1 mitmischen will, muss praktisch ununterbrochen an der Verbesserung des Autos und an der optimalen Einstellung für das jeweils nächste Rennen arbeiten.
Der stählerne Windkanal in Hinwil ist ein geschlossener Kreislauf von 140 m Länge. Darin erzeugt eine 3000 KW starke Turbine einen Schub von bis zu 50.000 N. Dieser künstliche Wind wird von Gleichrichtern in eine gleichmäßige Strömung verwandelt und in die Testkammer geleitet. Dort drückt diese Strömung wie der Luftwiderstand im Rennen auf die Außenhaut des Automodells. „Wir dürfen laut Reglement nicht am Rennwagen selbst testen“, erklärt Peter Herrsche, der bei Sauber den hauseigenen Windkanal leitet. „Die Verwendung eines Modells hat aber durchaus Vorteile, da wir damit viel flexibler und effizienter arbeiten können. Im Gegensatz zum Auto ist darin auch genug Platz für die Messtechnik, die wir für aussagekräftige Testergebnisse brauchen.“
Rennsimulation auf der „Rolling Road“
Das Fahrzeugmodell ist 40 Prozent kleiner als das Original und etwa 3 m lang. Es steht, beziehungsweise „fährt“ in der Testkammer auf einem Förderband mit nachgeahmter Rennbahnoberfläche, der sogenannten „Rolling Road“, die mit Geschwindigkeiten bis 300 km/h betrieben werden kann. Das Modell ist an einer ausgeklügelten beweglichen Aufhängung befestigt, die dafür sorgt, dass sich alle Manöver eines Rennwagens auf der Strecke simulieren lassen, vom Beschleunigen und Bremsen über Kurvenfahrten bis zum Driften. Die Turbine liefert den Gegenwind passend zur Bandgeschwindigkeit, auf die Reifen wirkt ein aerodynamisch erzeugter Anpressdruck. Dadurch beeinflusst der Luftwiderstand das Testmodell geradeso wie im richtigen Rennen, also zum Beispiel in Kurven ganz anders als auf einer langen Geraden.
Für die unterschiedlichen Rennstrecken lässt sich im Windkanal so die optimale Einstellung des Drag Reduction Systems (DRS) finden, also für den beweglichen Heckflügel, der den Luftwiderstand des Fahrzeugs vermindert. „Das DRS darf nur in wenigen Streckenabschnitten und unter bestimmten Bedingungen eingesetzt werden“, erzählt Peter Herrsche. „Die veränderte Winkelstellung der obersten Schaufel des Heckflügels kann dort beim Überholen aber einen Unterschied von bis zu 25 Stundenkilometern ausmachen.“ Betätigt der Fahrer die Bremse, klappt der Flügel wieder zurück; Luftwiderstand und Anpressdruck steigen wieder an. Die perfekte Balance zwischen diesen beiden Größen ist bei jeder Rennstrecke anders, berichtet der Aerodynamikspezialist: „Auf dem sehr schnellen Parcours von Monza zum Beispiel wollen wir möglichst wenig Luftwiderstand, auf den engen Straßen von Monte Carlo dagegen viel Anpressdruck.“
Messtechnik und Erfahrung
Bei den Tests im Windkanal erfassen bis zu 350 Messstellen mit Staudruckröhrchen die Druckverteilung an der Oberfläche des Modells. Die Kräfte, die an Reifen, Front- und Heckflügel auftreten, werden mit speziellen Waagen gemessen.
In einer Testsequenz von 15 bis 20 m Länge werden bis zu 70 Positionen wie die Flügelstellung oder das Verhalten des Unterbodens getestet. Dabei werden auch Variablen wie voller und leerer Tank oder neue und abgenutzte Reifen nachgestellt. Außerdem tauschen sich die Aerodynamiker während der Trainingsfahrten auf den Rennstrecken ständig mit dem Rennteam aus. Erfahrung und Gefühl des Fahrers liefern zwar keine exakten Daten, aber dennoch unverzichtbare Informationen für das Finden der optimalen Einstellungen.
„Der Fahrer ist gesetzt, das Auto muss letztlich so funktionieren, wie es für ihn am besten ist“, betont der Windkanal-Chef. „Seine Rückmeldung ist für uns daher auch eine sehr wichtige Größe.“
Das Ziel ist immer ein möglichst geringer Luftwiderstand bei möglichst gleichmäßig verteiltem Anpressdruck, und das bei allen Fahrmanövern, in allen vorstellbaren Situationen. „Sie müssen sich das Auto selbst wie eine Waage vorstellen“, beschreibt Peter Herrsche eine der besonderen Herausforderungen der Testarbeit. „Beim Bremsen geht die Nase runter, die Wirkung des Luftwiderstands verändert sich entsprechend. Dabei darf die Fahrzeugunterseite – die ist bei einem Rennwagen immer sehr knapp über dem Boden, und beim Modell ist der Abstand nochmal um 40 Prozent kleiner – nicht auf der
Rolling Road aufsetzen. Das würde bei der definierten Testgeschwindigkeit am Modell und am Förderband einen Riesenschaden verursachen. Wir müssen diese Nickbewegung des Modells dynamisch auf einen halben Millimeter genau
kontrollieren können.“
Präzision und Zuverlässigkeit
Das bedeutet, dass zum Beispiel die Verstellung der Flügel auf Zehntelmillimeter genau erfolgen muss. Hier kommen die Motoren von Faulhaber ins Spiel. Insgesamt acht Antriebe sind bei einem Testdurchlauf im Einsatz. Sechs davon bewegen Aufhängungs- und Steuerungselemente, zwei sind für die Flügelwinkel zuständig. Wo es im Modell besonders eng zugeht, sind die bürstenlosen DC-Motoren der Serie 1226…B im Einsatz. Sie liefern bei lediglich 12 mm Durchmesser und 26 mm Länge ein Dauerdrehmoment von 2,6 mNm. Wo es etwas geräumiger ist, wird das größere Modell 2264…BP4 mit dem Motion Controller MCBL3002 verwendet, der die präzise Ansteuerung übernimmt. Der BP4-Motor ist bei 22 mm Durchmesser 64 mm lang und liefert ein Drehmoment von 59 mNm. Diese Antriebe liefern das benötigte Drehmoment aus geringstem Volumen und finden auch bei kleinem verfügbarem Bauraum genügend Platz.
Um die Aufhängung des Modells an der Decke des Windkanals zu verstellen, verwendet Sauber den stärksten bürstenlosen Motor aus dem Faulhaber-Portfolio: Das Modell 4490…B mit 219 mNm, der ebenfalls mit einem Motion Controller kombiniert ist, hier aus der Serie MCBL3006. Mit seinen Abmessungen von 58 mm auf 65 mm entspricht die Grundfläche des perfekt auf den Motor abgestimmten Controllers etwa der Größe einer Scheckkarte; die Höhe beträgt lediglich 27 mm.
Die Präzision der Antriebe stand im Anforderungskatalog von Sauber an erster Stelle. Aber auch Haltbarkeit und Zuverlässigkeit waren wichtig, wie Peter Herrsche betont: „Einerseits beschränkt das Reglement die Dauer der Testläufe im Windkanal. Zugleich steht während der Formel-1-Saison immer schon das nächste Rennen an, auf das wir den Wagen vorbereiten müssen. Da dürfen wir keine Minute verlieren, die eingesetzte Technik muss einfach hundertprozentig verlässlich sein. Die Motoren des Unternehmens Faulhaber tragen seit vielen Jahren dazu bei.“