Die erste Phase der 800-Kilovolt-Ultrahochspannungsübertragungsleitung (UHGÜ) North-East Agra hat ABB jetzt unter Strom gesetzt. Die Leitung wird umweltfreundlichen Wasserkraftstrom vom Nordosten Indiens zu einem Umspannwerk in Agra befördern, dem Standort des berühmten Taj Mahal, und dort zur Verteilung in Nordindien ins Netz einspeisen. Das schlüsselfertige Projekt wird von ABB und Bharat Heavy Electricals Limited (BHEL), einem führenden staatlichen Energieunternehmen Indiens, für die zentrale indische Stromübertragungsgesellschaft Power Grid Corporation of India ausgeführt. Es umfasst die Auslegung, das System Engineering, die Lieferung, Installation und Inbetriebnahme des Systems. Damit wird Phase 1 des Projekts abgeschlossen, die die Übertragung von bis zu 1500 Megawatt (MW) Strom über eine Entfernung von 1728 Kilometern ermöglicht. Nach der vollständigen Inbetriebnahme im Jahr 2016 wird die Leitung die weltweit erste Multiterminal-UHGÜ-Verbindung sein und rund 90 Millionen Menschen mit Strom versorgen können, ausgehend vom indischen Durchschnittsverbrauch.
Die 6000-MW-UHGÜ-Leitung wird mit einer Spannung von 800 Kilovolt (kV) arbeiten und eine dem Unternehmen nach bisher unerreichte Übertragungsleistung mit Reserven aufweisen. Die weltweit erste Multiterminal-UHGÜ-Leitung wird drei Konverterstationen umfassen. In zwei Sendestationen wird die elektrische Energie von Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt und dann über eine Einzelleitung durch den engen Korridor bis zur dritten, der Empfangsstation in Agra, transportiert. Dort wird die elektrische Energie für die Verteilung an den Endverbraucher wieder in Wechselstrom transformiert. Außerdem besteht die Möglichkeit zur Umkehrung des Lastflusses von Agra in den Nordosten. Gegenüber der Alternative, mehrere Stromleitungen von verschiedenen Wasserkraftwerken bis nach Agra zu betreiben, senkt die Multiterminal-Lösung die Kosten.
UHGÜ ist eine Weiterentwicklung der HGÜ-Technologie, für die ABB vor über 60 Jahren bereits Pionierarbeit geleistet hat. Heute ist HGÜ die bevorzugte Lösung für die verlustarme Übertragung großer Strommengen über weite Strecken zu den Verbrauchszentren. ABB hat bis heute weltweit rund 100 HGÜ-Projekte mit einer Gesamt-Übertragungskapazität von 120.000 Megawatt (MW) durchgeführt – das entspricht etwa der Hälfte der gesamten installierten Basis. Auch in Indien kann ABB eine beeindruckende HGÜ-Bilanz vorweisen. Hierzu zählt mit der Verbindung Rihand-Delhi, die 1990 in Betrieb genommen wurde, auch das erste Projekt dieser Art.
Aufträge in Algerien
ABB hat Aufträge im Wert von rund 30 Millionen US-Dollar für den Bau eines 400-Kilovolt-Unterwerks für ein neues Stahlwerk in der Provinz Jijel im Nordosten Algeriens erhalten. Das neue Unterwerk zur Stromübertragung und -verteilung wird den Komplex an das nationale Netz anschließen, um eine zuverlässige Energieversorgung sicherzustellen. Der Bellara Steel Complex des Eigentümers und Betreibers Algerian-Qatari-Steel (AQS) soll dazu beitragen, die Abhängigkeit Algeriens von Stahlimporten zu verringern. Deren Volumen wird derzeit auf rund drei Millionen Jahrestonnen geschätzt. Nach Abschluss der ersten Bauphase wird das Werk etwa zwei Millionen Tonnen Bewehrungsstahl und Walzdraht im Jahr produzieren können, um der lokalen Nachfrage gerecht zu werden.
Im Rahmen des Projekts ist ABB für die Auslegung, Lieferung, Installation und Inbetriebnahme des Unterwerks mit luftisolierten Schaltanlagen (AIS) verantwortlich. Dabei liefert der Konzern Schlüsselprodukte wie Hoch- und Mittelspannungsschaltanlagen, Leistungstransformatoren und ein Scada-System (Supervisory Control and Data Acquisition).Zudem stellt das Mannheimer Unternehmen IEC-61850-konforme Automations-, Leit-, Schutzsysteme und Telekommunikationsanlagen für die lokale Überwachung, Fernüberwachung und Steuerung der Anlagen bereit. Darüber hinaus übernimmt ABB die Lieferung und Inbetriebnahme von zwei statischen Blindleistungskompensatoren (SVC). Diese werden Störungen und Verluste im Netz minimieren, die durch die Elektrolichtbogenöfen des Werks verursacht werden. Die Blindleistungskompensatoren ermöglichen eine höhere Ofenleistung, um die Schmelzzeit zu verkürzen. Durch die Erhöhung und Stabilisierung der Spannung und die Senkung des Energieverbrauchs können sie die Produktion um bis zu 20 Prozent steigern.