In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der chinesischen Regierung geförderten Forschungsprojekt Projekt MovE2China werden Ingenieure in Deutschland und China gleichzeitig an der Validierung von elektrifizierten Antriebssystemen in Brennstoffzellenfahrzeugen arbeiten.
Internationale Validierungsmethoden und -umgebungen entwickeln
Globale Fertigungsketten in der Industrie sind nichts Ungewöhnliches. Automobilhersteller produzieren Fahrzeuge aus vorgefertigten Teilsystemen, die oft an ganz unterschiedlichen Standorten weltweit hergestellt werden. Die Entwicklungsarbeit erfolgt dagegen in der Regel an einem Standort. Traditionell wird ein Fahrzeug nach den Vorstellungen eines Herstellers gemäß den jeweils spezifischen Ansprüchen und regulatorischen Vorgaben in den jeweiligen Zielmärkten entwickelt. „In unserer globalisierten Welt ist das ein Anachronismus“, sagt Professor Albert Albers, Leiter des IPEK – Institut für Produktentwicklung am KIT. „Die CO2-Problematik etwa geht uns alle etwas an und wir müssen hier globale Lösungen finden, die sich regional anpassen lassen. Wir wollen deshalb mit unserer Forschung bereits bei der Entwicklung mehr Flexibilität und internationalen Austausch ermöglichen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, wird das IPEK – Institut für Produktentwicklung in Kooperation mit dem Clean Energy Automotive Engineering Centre (CEAEC) an der Tongji Universität Shanghai in China nun Validierungsmethoden und -umgebungen entwickeln, die auch über die Distanz funktionieren.
Standort von Mitarbeitern und Komponenten nicht weiter wichtig
In dem auf deutscher Seite vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und auf chinesischer Seite von der chinesischen Regierung geförderten Forschungsprojekt MovE2China (Methoden zur verteilten Entwicklung von H2-Brennstoffzellen-Fahrzeugen in Kooperation mit China) beschäftigen sich die beiden Universitäten mit dem elektrischen Antriebssystem von Brennstoffzellenfahrzeugen, dessen Validierungsprozess beispielhaft auf die beiden Standorte verteilt wird.
Die räumliche Trennung der Entwickler macht den Einsatz neuester Technologien und schneller Datenverbindungen notwendig. Mit diesen ist nicht weiter relevant an welchem Ort sich die Mitglieder des gemeinsamen Teams und die jeweiligen Komponenten tatsächlich befinden. So kann beispielsweise ein Testfahrzeug dem Rollenprüfstand am KIT stehen, während der Fahrer in China sitzt. Basis ist der am IPEK entwickelte und im KIT-Zentrum Mobilitätssysteme bereits etablierte IPEK-XiL-Ansatz (X-in-the-Loop) zur Validierung mechatronischer Systeme. Dabei werden entgegen traditioneller Validierungsmethoden virtuelle und physische Testformen nicht getrennt voneinander eingesetzt. Das heißt, eine Brennstoffzelle kann physisch in einem Labor am KIT stehen und von dort aus zu Messzwecken virtuell in eine Testfahrt in Shanghai eingebunden werden.
Wichtigste Bestandteile der standardisierten Methoden
Laut Albert Albers liegt die größte Herausforderung bei einem gemeinsamen Validierungsprozess nicht in der physischen Distanz zwischen den Teammitgliedern und Geräten. „Wir müssen uns in Erinnerung rufen, was Validierung technischer Systeme eigentlich bedeutet. Die Frage lautet dabei ja nicht, ob wir die Technologie richtig entwickelt haben. Vielmehr wollen wir wissen, ob wir die richtige Technologie für die Menschen entwickelt haben.“ Im Fall von China und Deutschland handelt es sich um sehr unterschiedlich strukturierte Zielmärkte, mit verschiedenen Anforderungen an die Fahrzeuge. „Wer einmal in Shanghai Auto gefahren ist, der weiß, dass der Autoverkehr dort ganz anders funktioniert.“ Eben das hat auch Auswirkungen auf die Konzeption von Assistenzsystemen wie Einparkhilfen, Abstandsregler oder auch das automatisierte Fahren. Die Möglichkeit zur unabhängigen und falls erforderlich auch unterschiedlichen Entwicklung von Teilsystemen wird deshalb ein wichtiger Bestandteil der standardisierten Methoden zur räumlich verteilten Validierung von Fahrzeugen sein.
Normungs- und Standardisierungsaktivitäten initiieren
Deutschland und China verbindet bei dem Forschungsprojekt das Ziel, den Ausbau ressourcenschonender Mobilität zu unterstützen. Zwischen dem KIT und der Tongji-Universität in Shanghai besteht bereits eine strategische Partnerschaft, die viele Bereiche umfasst, beispielsweise die Zusammenarbeit in der Lehre. Professor Albert Albers nimmt dort seit 2007 eine Gastprofessur wahr. Die Tongji-Universität in Shanghai gilt zudem als ein wichtiges Zentrum der Brennstoffzellenforschung in China. Das deutsch-chinesische Forschungsprojekt soll auch dazu beitragen, Normungs- und Standardisierungsaktivitäten auf diesem Gebiet zu initiieren.