Testsystem für Kühlmaterialien Energieverbrauch durch passive Tageskühlung senken

Dr. Qimeng Song bei seiner Arbeit an dem neu entwickelten Messaufbau. Hinter der gold glänzenden Folie verbirgt sich eine schwarze Kuppel, die auf - 195 °C heruntergekühlt ist und so den kalten Nachthimmel imitiert.

Bild: UBT / Christian Wißler
25.07.2022

Die passive Tageskühlung ist eine vielversprechende Technologie zur nachhaltigen Senkung des Energieverbrauchs. Sie vermeidet die Aufheizung von Gebäuden durch Sonneneinstrahlung und leitet vorhandene Wärme ohne externen Energieverbrauch ab. Forscher der Universität Bayreuth haben jetzt ein Testsystem geschaffen, mit dem die zur passiven Kühlung verwendeten Materialien zuverlässig charakterisiert und verglichen werden können – unabhängig von Wetterverhältnissen und Umweltbedingungen.

„Der weltweit steigende fossile Energieverbrauch trägt bis heute zur globalen Klimaerwärmung bei und ist eine wesentliche Ursache für die Aufheizung unserer Städte. Die Kühlung von Gebäuden während des Tages durch passive Kühlmaterialien hat großes Potential, sich als ein wirksames Instrument zur Energieeinsparung zu etablieren“, erklärt Prof. Dr. Markus Retsch, Projektleiter der Studie und Inhaber des Lehrstuhls Physikalische Chemie I an der Universität Bayreuth.

Retsch führt fort: „Für die Ableitung der Wärme wurden daher viele technologisch interessante Materalien und Materialklassen entwickelt, doch es ist noch immer eine ungelöste Herausforderung, ihre Leistungsfähigkeit präzise zu bestimmen und zu vergleichen. Der von uns konzipierte Laboraufbau hilft, diese Schwierigkeit zu überwinden. Es ist ein Testsystem, das unabhängig vom Wetter wichtige Beiträge zur Charakterisierung bisher vorhandener und zum Design neuer Kühlmaterialien leistet.“

Aufbau des Testsystems

Das laborbasierte Testsystem ahmt die wichtigsten Faktoren, welche die passive Kühlleistung beeinflussen, nach. Wesentliche Bestandteile sind daher ein Simulator des Sonnenlichts, eine mit flüssigem Stickstoff gekühlte Aluminiumkuppel, die Wärmestrahlung absorbiert, ein wechselbarer Filter, der nur Lichtstrahlen mit bestimmten Wellenlängen hindurch lässt, und ein heizbarer Gasstrom, mit dem eine bestimmte Umgebungstemperatur festgelegt werden kann.

Dadurch können die Intensität der Sonneneinstrahlung, die auf die Kühlmaterialien einwirkenden Temperaturen sowie weitere Umgebungseinflüsse im Miniaturmaßstab simuliert werden. Im Freien ändern sich diese Faktoren schnell und sind nicht kontrollierbar, in dem neuen Messaufbau aus Bayreuth lassen sie sich jedoch spezifisch einstellen.

Infolgedessen sind die Testergebnisse jederzeit reproduzierbar, unabhängig von Zeit, Ort und Wetter. Nur so können Eigenschaften und Verhaltensweisen von Kühlmaterialien mit hoher Präzision charakterisiert und unter gleichen Bedingungen miteinander verglichen werden. Der Messaufbau ist robust, kostengünstig und hat überdies den Vorteil, dass er ohne großen technischen Aufwand nachgebaut werden kann.

Nachweiß an drei Materialien

Die Bayreuther Wissenschaftler haben die hohe Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Testsystems an drei unterschiedlichen Materialien nachgewiesen: einem Silberspiegel (Ag), einem auf Silber aufgebrachten Film aus Polydimethylsiloxan (PDMS) und einem graphitbeschichteten Silizium-Wafer. Dabei haben sie nicht nur Erwärmungen und Abkühlungen der Materialien getestet, sondern auch deren Kühlleistung ermittelt.

„Unser Messaufbau ist der erste Schritt in Richtung standardisierter Leistungsvergleiche zwischen Kühlmaterialien, die weltweit unter sehr verschiedenen Klima- und Wetterbedingungen entwickelt worden sind. Ein derartiges Testsystem ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die passive Kühlung zu einer global angewandten Technologie wird, die den Energieverbrauch signifikant sinken lässt“, sagt Dr. Qimeng Song, Erstautor der Studie und Postdoc am Lehrstuhl von Prof. Dr. Markus Retsch.

Bildergalerie

  • Prof. Dr. Markus Retsch und Dr. Qimeng Song inspizieren eine Probe, wie sie bislang im Rahmen von Feldversuchen untersucht wurde. Sonniges Wetter ist hierfür eine Grundvoraussetzung.

    Prof. Dr. Markus Retsch und Dr. Qimeng Song inspizieren eine Probe, wie sie bislang im Rahmen von Feldversuchen untersucht wurde. Sonniges Wetter ist hierfür eine Grundvoraussetzung.

    Bild: UBT / Christian Wißler

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