Die Klimaziele der Bundesregierung sind ambitioniert: Bis 2020 sollen 40 Prozent der Treibhausgase gegenüber 1990 eingespart werden. Für die erfolgreiche Umsetzung der Klimaziele sind die CO2-Minderungen beim Endenergieverbrauch im Gebäudebestand entscheidend – denn dieser ist für nahezu 40 Prozent der Emissionen verantwortlich. Allein auf den privaten Wohnungssektor entfallen 15 Prozent der Emissionen. Die Einsparpotenziale sind entsprechend groß.
Energetische Sanierung im Heizwärmemarkt
Im Zentrum der CO2-Einsparbemühungen sollten dabei vor allem die rund 18 Millionen Bestandsbauten – Ein- und Mehrfamilienhäuser – stehen. Laut Angaben der Brancheninitiative Zukunft Erdgas liegt die Modernisierungsrate für Heizungen bei nur rund drei Prozent pro Jahr. Alte Heizungen werden erst ausgetauscht, wenn sie defekt sind. Auch wenn durch den Austausch zukünftig Geld eingespart werden könnte, kommt eine Sanierung für viele Hausbesitzer nicht in Frage. Daher widmet sich die Brancheninitiative zunehmend dieser Problematik. Durch frühzeitige Erneuerung der Heizung können gleichzeitig Geld und CO2 gespart werden.
Welche Maßnahmen im Heizwärmemarkt am kostengünstigsten CO2-Emissionen vermeiden, hat das Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln (EWI) im Auftrag des Erdgashändlers Wingas im Dezember 2014 in der Studie „Potenziale von Erdgas als CO2-Vermeidungsoption im Bereich Heizwärme und Trinkwassererwärmung“ untersucht: Ist der Austausch der Heizanlage sinnvoll, ist eine bauliche Sanierung zu erwägen oder gibt es einen optimalen Maßnahmenmix?
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass der Einsatz von modernen Gastechnologien in der Wohnungswirtschaft bis 2020 eine wesentliche Rolle spielen muss, gerade mit Blick auf das Vermeiden von Emissionen unter Kostengesichtspunkten.
Mit Technologiemix zum Einsparziel
Untersuchungsgrundlage der EWI-Studie ist ein Referenzszenario, bei dem bis 2020 in einem Betrachtungsspektrum bis zu zirka 100 Millionen Tonnen CO2-Emissionen, beispielhaft rund 40 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr in der Wohnungswirtschaft, eingespart werden sollen. Dabei geht das EWI von aktuellen Energiereferenzprognosen aus und orientiert sich bei den Ansätzen für Anlagenkosten beispielsweise an Studien-Unterlagen des Bundesverbands Deutscher Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und des Instituts für Energie- und Umweltforschung (IFEU).
Aufgrund vorliegender Daten, die auch die Altersstruktur der Heizungsanlagentechnik und Gebäude in Deutschland berücksichtigen, ermittelte das EWI diejenigen Maßnahmen für den Wohnungssektor, durch die sich in der Gesamtheit die CO2-Einsparziele mit den geringsten spezifischen CO2-Vermeidungskosten erreichen lassen. Berücksichtigt wurden dabei neben baulichen Dämmmaßnahmen verschiedene verfügbare Heiztechnologien, unter anderem gas- oder ölbasierte Brennwertkessel, Wärmepumpen (Erdgas und Strom) und Pelletkessel, aber auch verschiedene Klein-KWK-Systeme (Kraft-Wärme-Kopplung) wie Stirling, ottomotorisch und Brennstoffzelle. Die Berechnung der spezifischen CO2-Vermeidungskosten erfolgte hier ohne Einbeziehung von Fördermitteln.
Das Ergebnis: Auf die richtige Mischung kommt es an. Einsparungen von beispielsweise 40 Millionen Tonnen jährlich lassen sich in dem Referenzszenario mit einem Maßnahmen-Mix theoretisch am kosteneffizientesten erreichen. Und zwar, indem rein rechnerisch bis 2020 rund 7,5 Millionen Heizungsanlagen auf Gas-Brennwert-Basis und etwa 1,3 Millionen Brennstoffzellen mit einer elektrischen Leistung von bis zu 1,5 kW eingebaut werden. Bauliche Sanierungen an rund 3,2 Millionen Wohngebäuden sowie der Einbau einer überschaubaren Anzahl von ottomotorischen Mikro-KWK-Anlagen in die Heizzentralen von Mehrfamilienhäusern runden den vom EWI ermittelten „Ideal-Mix“ ab. Laut Studie hätte eine Abweichung von diesem „Ideal-Mix“ höhere spezifische CO2-Vermeidungskosten zur Folge.
Wärmepumpen-Systeme, seien sie strom- oder gasbasiert, spielen in diesem Fall nur eine untergeordnete Rolle, da sie wegen der Anforderungen an möglichst geringe Heiztemperaturen vorwiegend im Neubaubereich einsetzbar sind. Pelletkessel sind erst dann am effektivsten, wenn noch deutlich höhere CO2-Einsparungen im betrachteten Gebäudesegment erzielt werden sollen.
Kesseltausch als wirtschaftlichste Lösung
Verschiedene Heiz-Technologien können im Zusammenspiel mit baulicher Sanierung dazu beitragen, die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Um schnell CO2 einzusparen, ist in den meisten Fällen der Einbau einer neuen Erdgas-Brennwertheizung die einfachste und günstigste Lösung. Eine Größenordnung von etwa ein bis zwei Tonnen CO2 lässt sich durch den Austausch des alten Gas-Niedertemperaturkessels jährlich einsparen. Im Ersatz gegen einen Heizölkessel sind es deutlich mehr.
Noch weniger CO2 mit KWK-Brennstoffzellen
Besonders hoch ist das Einsparpotenzial, wenn durch Kraft-Wärme-Kopplung zur Wärme gleichzeitig Strom erzeugt wird. Vor allem Geräte auf Brennstoffzellenbasis mit elektrischen Wirkungsgraden von bis zu 60 Prozent überzeugen mit Leistung und Effizienz. Die Geräte sind technisch ausgereift, zuverlässig und lassen sich etwa in der Wohnungswirtschaft oder in kleineren Gewerbebetrieben einsetzen. Auch wird durch den dezentral erzeugten Strom zentral produzierter Kohlestrom ersetzt.
Rechnet man diesen Faktor mit ein, lassen sich in einem Einfamilienhaus mit Brennstoffzellengeräten jährlich mehr als drei Tonnen CO2 gegenüber einer reinen Gas-Brennwertheizung einsparen. Weiterer Pluspunkt der Technologie: Da die Brennstoffzelle auf einem elektrochemischen Prozess basiert, gibt es kaum reparaturanfällige mechanische Verschleißteile. Das spart Kosten, Zeit und Aufwand. Zudem sind die Geräte im Vergleich zu motorisch betriebenen KWK-Anlagen leise.
Anschaffungskosten noch relativ hoch
Bei einer Zielgröße für die Gesamtemissionsminderung im Heizwärmemarkt bis 2020 von mehr als 20 Millionen Tonnen liefert die Brennstoffzelle im Referenzszenario als Ergänzung zum Einbau moderner Gas-Brennwertthermen jährlich einen wesentlichen Beitrag für den „Ideal-Mix". Wie schnell sich diese innovative Technologie tatsächlich am Markt durchsetzt, hängt aber nicht zuletzt von den Kosten ab. Aktuell sind Brennstoffzellenheizungen (0,75 bis 1,5 kWel) inklusive Montage mit Preisen zwischen 25.000 und 30.000 Euro – ohne Berücksichtigung einer Förderung – noch relativ teuer. Sie bieten jedoch auch das höchste gerätespezifische CO2-Einsparpotenzial.
Wingas hat in den vergangenen Jahren gemeinsam mit interessierten Stadtwerkepartnern Brennstoffzellen-Feldtests durchgeführt, um Erfahrungen mit der aktuellsten Gerätegeneration zu sammeln. Dabei überzeugte die Brennstoffzelle mit sehr guten Ergebnissen. Energieversorger könnten auf diese Weise zu Multiplikatoren für die Brennstoffzellentechnologie werden und eine breitere Marktdurchdringung fördern.
Ziel muss es nun sein, diese Mikro-KWK-Technologie langfristig im Markt zu etablieren und entsprechende Stückzahlen zu generieren. Dann ist auch die Wirtschaftlichkeit ohne nennenswerte Förderung in einigen Jahren zu erreichen.
Bund fördert Brennstoffzellentechnologie
Brennstoffzellentechnologie zu nutzen, ist heute schon für Privatkunden interessant, denn einige Bundesländer gewähren unterschiedliche Förderungen auf Brennstoffzellen-KWK-Technologien. Auch die aktuelle „Mini-KWK-Richtlinie“ sieht speziell für Brennstoffzellen mit hohen elektrischen Wirkungsgraden jenseits von 31 Prozent zusätzliche Bonusförderungen vor.
Zudem bieten etablierte Hersteller bereits Brennstoffzellen für Ein-, Zwei- sowie Mehrfamilienhäuser an. Weitere stehen unmittelbar in den Startlöchern. Mit wachsender Verbreitung werden – hier sind sich Branchenexperten sicher – auch bei dieser Technologie die CO2-Vermeidungskosten rasch weiter sinken, wie es bereits die EWI-Studie für 2020 vorweggenommen hat.