Dr. Felix Ortloff, GEA Dekarbonisierung von Schlüsselindustrien

Felix Ortloff ist Senior Director des CoC Carbon Capture Solutions der GEA Group AG und verantwortet die Entwicklung und Implementierung des Technologieportfolios. Er verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung in thermischen Trenntechniken, war Abteilungsleiter Scrubber Systems (GEA Wiegand) und F&E-Gruppenleiter am DVGW. Er promovierte am Karlsruher Institut für Technologie.

Bild: GEA
23.10.2024

Inmitten der globalen Klimakrise stehen Industriebranchen wie Zement, Eisen und Stahl, Glas, Chemie, Bioenergie und Abfallwirtschaft vor einer beispiellosen Herausforderung: Wie können sie ihre CO2-Emissionen signifikant reduzieren, ohne die Betriebseffizienz und Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden? Eine vielversprechende Antwort liegt in Carbon-Capture-Technologien.

Eisen, Zement, Glas und Chemie - diese Industriezweige haben eines gemeinsam: Ihre Produktionsprozesse setzen beträchtliche Mengen an CO2 frei und stehen daher im Zentrum der weltweiten Klimaschutzbemühungen. Herkömmliche Maßnahmen wie Energieeffizienzverbesserungen und der Einsatz von erneuerbaren Brennstoffen sind häufig bereits ausgeschöpft. Prozessbedingte Emissionen sind dadurch in je nicht zu eliminieren, da diese durch chemische Reaktionen aus den Einsatzstoffen heraus entstehen. Auch wenn bereits Fortschritte erzielt und Anreize wie der Emissionshandel geschaffen wurden, sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um die Klimaziele zu erreichen.

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Carbon-Capture-and-Storage-(CCS)-Technologie zunehmend an Bedeutung, da sie das Potenzial bietet, erhebliche Mengen an CO2 abzuscheiden und damit einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten, ohne die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Industrien zu gefährden. Carbon Capture umfasst drei Haupttechnologien: Post-Combustion, Pre-Combustion und Oxyfuel-Combustion.

Beim Post-Combustion-Verfahren wird das CO2 nach der Verbrennung des Brennstoffs aus den Abgasen entfernt. Dies ist besonders vorteilhaft, da diese Art der CO2-Abtrennung in bestehenden Anlagen eingesetzt werden kann, ohne den Produktionsprozess wesentlich verändern zu müssen. Dazu werden Technologien wie chemische Absorption, Membranabscheidung oder kryogene Abtrennung eingesetzt. Die chemische Absorption ist besonders relevant, da sie am weitesten entwickelt ist und einen hohen Technologiereifegrad aufweist. Bei der chemischen Absorption wird das CO2 mit Hilfe eines Lösungsmittels aus dem Abgas entfernt.

Im Gegensatz dazu findet bei der Pre-Combustion-Abtrennung die CO2-Abtrennung vor der Verbrennung des Brennstoffs statt. Dabei wird der Brennstoff zunächst in Wasserstoff und CO2 aufgespalten und das CO2 anschließend abgetrennt. Dieses Verfahren eignet sich besonders für Neuanlagen, bei denen der Brennstoffprozess von vornherein so gestaltet werden kann, dass eine effiziente CO2-Abtrennung möglich ist.

Die Oxyfuel-Verbrennung, bei der der Brennstoff statt in Luft in reinem Sauerstoff verbrannt wird, reduziert den Stickstoffanteil im Abgas und erleichtert so die anschließende CO2-Anreicherung. Der für die Verbrennung erforderliche Sauerstoff muss jedoch zuvor aus der Luft abgetrennt werden. Ferner ist beim Einsatz der Oxyfuel-Technologie darauf zu achten, dass Falschlufteintrag in den Prozess möglichst verhindert wird, um den Nutzen der Verbrennung mit Sauerstoff nicht zu konterkarieren.

Nach der Abtrennung ist der Transport und die Speicherung beziehungsweise Nutzung des CO2 ein weiterer wichtiger und kostenintensiver Schritt. Der Transport erfolgt je nach Menge und Entfernung per LKW, Bahn, Schiff oder Pipeline. Bei großen Emissionen, wie sie bei großen Industrieanlagen anfallen, ist die Pipeline die bevorzugte Methode. Das abgeschiedene CO2 kann anschließend in geologischen Formationen wie alten Erdöl- oder Erdgaslagerstätten sicher gelagert werden.

Die Pilotanlage in einem Zementwerk, in der eine aminbasierte CO2-Abscheidungstechnologie zum Einsatz kommt, ist ein anschauliches Beispiel für die Anwendung von CO2-Abscheidungstechnologien. Die Pilotanlage zeigt, wie moderne CO2-Abscheidungstechnologien in bestehende Produktionsprozesse integriert werden können und welche Abscheideleistungen langfristig erzielt werden können. Solche Pilotprojekte sind entscheidend, um die Leistungsfähigkeit der Technologie unter realen Betriebsbedingungen zu testen und wertvolle Daten zu sammeln. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Technologie die spezifischen Anforderungen der Industrie erfüllt. Zudem bieten sie die Möglichkeit, das Betriebspersonal mit der neuen Technologie vertraut zu machen und die Akzeptanz zu fördern. Diese Schritte sind wichtig, um sicherzustellen, dass die Technologie nicht nur technisch machbar, sondern auch praktisch umsetzbar ist.

Carbon-Capture-&-Storage-Technologien können eine wichtige Funktion bei der Dekarbonisierung von Schlüsselindustrien einnehmen. Sie bieten eine vielversprechende Lösung, um den CO2-Fußabdruck energieintensiver industrieller Aktivitäten mit prozessbedingten CO2-Emissionen signifikant zu reduzieren. Durch kontinuierliche Weiterentwicklung und Verfeinerung dieser Technologien sowie die Durchführung von Pilotprojekten können die Herausforderungen der Emissionsminderung bewältigt und ein wichtiger Beitrag zum globalen Klimaschutz geleistet werden. Weitere Anstrengungen in der Forschung und Umsetzung von Carbon-Capture-Technologien sind von entscheidender Bedeutung, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen und die Umweltbelastung durch CO2 nachhaltig zu reduzieren.

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