Digital Energy & Energieeffizienz Gut gekühlt per Funk

Phoenix Contact Deutschland GmbH

Nasskühlturm des Kraftwerks Heyden: Verrieseltes Wasser fällt in die Tasse am Boden des Kühlturms, von wo es erneut als Kühlwasser verwendet werden kann.

Bild: Phoenix Contact
08.02.2016

Aus Umweltschutzgründen stellen die Behörden strenge Anforderungen, wenn Kraftwerke Kühlwasser in Flüsse einleiten. Die Wassertemperatur muss genau dokumentiert werden. Im Kraftwerk Heyden überträgt ein Funksystem diese Daten auch über große Distanzen.

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Das Kraftwerk Heyden befindet sich in dem kleinen Ort Lahde, 15 Kilometer nördlich der ostwestfälischen Stadt Minden direkt an der Weser. Das mit Steinkohle befeuerte Kraftwerk stellt mit einer aktuellen Leistung von 875 Megawatt die größte konventionelle Einzelblock-Anlage Europas dar. Das für den Betrieb des Kraftwerks notwendige Kühlwasser wird aus der Weser entnommen und nach der Verwendung über einen rund zwei Kilometer langen unterirdischen Kanal in den Fluss zurückgeführt. Zum Schutz der Umwelt darf sich die Wassertemperatur der Weser nach der Einleitung nur um maximal drei Grad Celsius erhöhen. Die Untere Wasserbehörde des Kreises Minden-Lübbecke verlangt dazu die Messung und Protokollierung der Temperaturen bei der Entnahme, Rückführung und nach der Durchmischung mit dem Fließwasser. Diese Werte sind genehmigungsrelevant und werden direkt zur Betriebsführung des Kraftwerks herangezogen. Übersteigt die gemessene Temperatur den erlaubten Wert oder fällt die Messung aus, muss der Betreiber die Leistung des Kraftwerks reduzieren oder dieses sogar ganz abschalten. Deshalb kommt der zuverlässigen Ankopplung der einzelnen Messstellen an die Leitwarte eine besondere Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund suchten die Betreiber nach einer Möglichkeit, um zu den fast 40 Jahre alten Messleitungen eine redundante Strecke aufzubauen, ohne dass dafür aufwändige Tiefbauarbeiten erforderlich sind.

Im ersten Schritt sollte die Messleitung zur Kühlwasser-Einleitung auf dem Campingplatz Lahde per Funk mit dem Kraftwerksgebäude verbunden werden. Aufgrund der zu überbrückenden Distanz von mehreren Kilometern sowie der Maßgabe, dass ein analoger Temperaturwert mit hoher Genauigkeit zu übertragen ist, fiel die Wahl der Verantwortlichen auf das Funksystem Radioline von Phoenix Contact. Mit der modularen Lösung lassen sich sowohl Sensor- und Aktor-Informationen als auch serielle Daten in räumlich ausgedehnten Anlagen austauschen.
Die Verteilung der Informationen erfolgt mit nur einem Finger durch das sogenannte I/O-Mapping (Input/Output). Dabei wird am Eingangsmodul eine I/O-Map-Adresse eingestellt, beispielsweise „23“. Indem der Anwender am entsprechenden Ausgangsmodul ebenfalls die Adresse „23“ angibt, verbinden sich die beiden Module miteinander. Dieser Vorgang, der beliebig oft an anderen Stationen wiederholt werden kann, ermöglicht eine einfache Verteilung und Vervielfachung von bis zu 99 unterschiedlichen Eingangsmodulen. Nach der ersten Streckenplanung durch die Mitarbeiter des technischen Supports von Phoenix Contact wurde 2014 vor Ort die optimale Position der Funkgeräte und Antennen ermittelt. In diesem Zusammenhang zeigte sich, dass der Baumbestand rund um das Messhäuschen eine direkte Sicht zum Kraftwerk versperrte und die 2,4 Gigahertz-Funksignale (GHz) stark dämpfte. Es konnte somit keine Kommunikationsverbindung zum Kraftwerksgebäude hergestellt werden.

Das modulare Radioline-System erlaubt in diesem Fall den Einsatz verschiedener Funkfrequenzen. Dazu wird einfach der Funkkopf gewechselt. Den Verantwortlichen des Kraftwerks Heyden schlugen die Wireless-Spezialisten einen Test mit 868 MHz-Geräten vor. Auf dieser Frequenz breiten sich die Funkwellen besser aus, sodass im Gegensatz zur 2,4 GHz-Technologie auch Anwendungen umgesetzt werden können, in denen Hindernisse die freie Sicht zwischen den Stationen versperren.
Zwischenzeitlich sollte die zweite Messstelle ebenso per Funk angekoppelt werden. Dies, weil der Betreiber des Kraftwerks einen Umbau der Schaltanlage angekündigt hatte, der zu einer Unterbrechung der Messungen führt. Das Kohlekraftwerk wäre also nicht mehr betriebsfähig gewesen und hätte vom Netz genommen werden müssen „Die Inbetriebnahme der Radioline-Module hat sich einfach gestaltet“, berichtet Klaus-Dieter Klenke, Projektleiter für Elektrotechnik im Kraftwerk Heyden. „Aufgrund der Rändelräder für die Adresseinstellung und des Tragschienen-Busverbinders zur 24-Volt-Versorgung sowie der internen Kommunikation konnten wir die Wireless-Geräte ohne zusätzlichen Verdrahtungsaufwand oder Software installieren.“ Nachdem die Antennen provisorisch befestigt worden waren, arbeitete der erste Testbetrieb nach wenigen Minuten. Während der Testphase haben die 868-MHz-Module die Zuverlässigkeit der Funkverbindung unter Beweis gestellt, obwohl es keine direkte Sichtverbindung gab.

Temperatur permanent vergleichen

Neben der Installation auf dem Campingplatz erwies sich die Installation einer weiteren Radioline-Komponente an dem am Wasser gelegenen Kraftwerk als Herausforderung. Denn die Antenne musste nur wenige Meter über der Wasseroberfläche sowie völlig durch das massive Betongebäude abgeschattet angebracht werden. Die Mitarbeiter des Kraftwerks konnten die Qualität der Funkstrecke sowohl während der Inbetriebnahme als auch im Normalbetrieb jederzeit analysieren. Zu diesem Zweck sind die Radioline-Module mit mehreren Diag­nose-Einrichtungen ausgestattet. So stehen für die Messung der RSSI-Empfangsfeldstärke (Receiver Signal Strength Indicator) ein LED-Bargraph, ein analoger Signalausgang sowie ein potentialfreier Relaisausgang zur kontinuierlichen Überwachung zur Verfügung. Im Rahmen der Testinstallation sind die Temperaturwerte dann permanent durch das Leitsystem erfasst und mit den entsprechenden Daten der vorhandenen kabelgebundenen Verbindungen verglichen worden. Die hohe Genauigkeit der Analogmodule von 0,02 Prozent ergab keine Abweichungen, sodass die per Funk übertragenen Werte für den regulären Betrieb genutzt werden können.

Als Standort des Funkempfängers wurde im Kraftwerk Heyden ein fast 40 Meter hoher Aschesilo gewählt. Durch die zentrale sowie erhöhte Position können in Zukunft weitere Stationen in das Funknetzwerk eingebunden werden. Der Betreiber plant zum Beispiel bereits die drahtlose Überwachung der Gleisschmieranlage, um regelmäßige Kontrollen einzusparen. Die Anlage befindet sich etwa zwei Kilometer nördlich vom Kraftwerk und wird gebraucht, weil die schweren Kohlezüge beim Anliefern des Brennstoffs über eine enge Gleisschleife fahren müssen. Damit der Verschleiß an den Schienen und Waggons gering bleibt, trägt die am Beginn der Schleife gelegene Gleisschmieranlage bei jeder Zugdurchfahrt Fett auf die Schienen auf. Sie muss also immer ausreichend Fett vorrätig haben und außerdem im Sommer wie auch im Winter zuverlässig funktionieren. Daher ist eine Überwachung per Funk wirtschaftlich sinnvoll, da Störungen und Abnutzungen verhindert werden.

Aufgrund der schnellen Inbetriebnahme und des sicheren Betriebs bietet sich das Radioline-System für temporäre Applikationen ebenso wie für feste Installationen an. Integrierte Funktionen gegen eine Datenmanipulation – wie die Paket-Authentifizierung, das proprietäre Protokoll und die optional verwendbare AES-Datenverschlüsselung – erlauben den Einsatz der Funklösung selbst in kritischen Anwendungen im Bereich der Energieerzeugung und -verteilung oder der Prozesstechnik. Durch verschiedene Funkköpfe mit lizenzfreien Frequenzen in Kombination mit den flexiblen Netzwerk-Strukturen und vielfältigen Betriebsmodi können auch große Netzwerke mit bis zu 250 Stationen und einer überbrückbaren Distanz von mehreren Kilometern zwischen zwei Teilnehmern umgesetzt werden.

Bildergalerie

  • Das Funksystem Radioline ist modular aufgebaut und überbrückt große Entfernungen.

    Das Funksystem Radioline ist modular aufgebaut und überbrückt große Entfernungen.

    Bild: ???XXX

  • Auch wenn zwischen der Antenne an der Messstation und dem Funkem­pfänger am Kraftwerk mehrere Kilometer liegen, funktioniert die Kommunikation mit den 868-MHz-Geräten.

    Auch wenn zwischen der Antenne an der Messstation und dem Funkem­pfänger am Kraftwerk mehrere Kilometer liegen, funktioniert die Kommunikation mit den 868-MHz-Geräten.

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