Energiebeschaffung & -erzeugung Gut gewickelt

03.06.2014

Dezentrale Energieerzeugung spielt eine zunehmend größere Rolle in der Infrastruktur. Sonne und Wind erzeugen zwar sauberen Strom, aber auch extreme Lastschwankungen, mit denen Netzbetreiber in allen Spannungsebenen zu kämpfen haben. Variable Drosselspulen, die sich perfekt an die Netzverhältnisse anpassen, können die Wirtschaftlichkeit entscheidend steigern.

Neben den verschiedenen Formen der regenerativen Energien, die dezentral erzeugt und eingespeist werden, leisten Großanlagen einen immer bedeutenderen Anteil am regenerativen Energieaufkommen. In Deutschland sind dies vornehmlich Windparks. Platzbedarf und Windaufkommen führen dazu, dass diese Anlagen vor allem im Norden Deutschlands installiert werden – zunehmend auch als Offshore-Anlagen. Die Energie wird jedoch hauptsächlich im Süden Deutschlands gebraucht. Der Energietransport von Nord nach Süd stellt die Netzführung deutscher Transportnetze vor immer größere Herausforderungen.

Der Energietransport über deutliche längere Strecken ist ein Novum gegenüber den bestehenden Netzstrukturen. Diese entstammen einer Ära, in der die Verteilung der installierten Kraftwerksleistung den Bedarfszentren folgte. Hinzu kommt aufgrund der Diskontinuität der regenerativen Energieerzeugung die Anforderung nach einer Flexibilisierung der Netze. Für die Beherrschung beider Herausforderungen können variable Kompensationsdrosselspulen einen erheblichen Beitrag leisten.

Drosselspulen verkörpern generell betrachtet nahezu rein induktive Lasten. Diese Eigenschaften werden in der Energie­übertragungskette vornehmlich in drei Anwendungsfällen genutzt:

  • Seriendrosselspulen/Kurzschlussstrombegrenzungs-Drosselspulen als in den Leitungszug in Reihe geschaltete Induktivität zur Stromsteuerung. Neben der Kurzschlussstrombegrenzung dienen sie der Einflussnahme auf den Lastfluss in vermaschten Netzen.

  • Glättungsdrosselspulen als in den Leitungszug in Reihe geschaltete Induktivität zur Glättung von DC-Strömen bei HGÜ-Anlagen.

  • Kompensationsdrosselspulen als induktive Belastung zur Spannungssteuerung, die zwischen Übertragungs­spannung und Erde geschaltet wird.

Die beschriebene Anwendung der variablen Drosselspulen fällt in die letzte Kategorie. Dabei handelt es sich stets um ölgefüllte Betriebsmittel. Gründe dafür sind zum einen die Höhe der zu beherrschenden Spannungsbeanspruchungen, zum anderen nutzt man die Grundprinzipien des Leistungstransformatorenbaus, um die Variabilität zu erreichen.

Kompensationsdrosselspulen sollen bei kompakter Baugröße eine möglichst hohe induktive Leistung besitzen. Hierfür setzt Siemens auf Eisenkreisdrosselspulen mit Luftspalten. Die Variabilität einer Kompensationsdrosselspule besteht in der Veränderbarkeit ihrer Induktivität und damit ihrer induktiven Leistung. Es ist lediglich möglich, mit der Windungszahl und der Luftspaltlänge Einfluss zu nehmen (eine ausführliche Funktions­beschreibung lesen Sie in der Online-Version des Artikels).

Die Veränderung der Windungszahl ist das für variable Kompensationsdrosselspulen praktikabelste Wirkprinzip. Die Wicklung der Spule wird dafür mit Anzapfungen versehen. Hierüber lassen sich Windungen und damit Teile der Wicklung zu- oder abschalten. Diese Wicklungsteile können auch separat angeordnet werden – analog der Regelwicklungen von Leistungstransformatoren. Zum Schalten werden die bei Leistungstransformatoren eingesetzten Stufenschalter verwendet, sodass bei dieser – gegenüber Kompensationsdrosselspulen fixer Leistung – zusätzlichen Komponente damit auf ein etabliertes und zuverlässiges Bauteil zurückgegriffen werden kann.

Wirkung in Energienetzen

Im Transportnetz übertragen Freileitungen oder Kabel die Energie. Beide Betriebsmittel stellen eine verteilte kapazitive Last dar, wovon Kabel gegenüber Freileitungen bei gleicher Länge deutlich höhere kapazitive Lasten repräsentieren. Es ist deshalb erforderlich, diese kapazitive Ladeleistung zu kompensieren.

Schwerwiegender sind jedoch die Effekte der Veränderung der Spannungshöhe in Abhängigkeit von der Last am Ende einer Übertragungsleitung. Die kapazitive Last der Übertragungsleitung führt an leerlaufenden Leitungen zu Spannungsüberhöhungen (Ferranti-­Effekt), wohingegen ohmsche oder in­duktive Lasten zu einem Spannungsabfall führen. Besonders kritisch ist deshalb ein plötzlicher Lastabwurf auf einer langen Leitung.

Aus diesen Gründen (Kompen­sation und Ferranti-Effekt) werden Kompen­sationsdrosseln eingesetzt, die im Bereich der Anpassung (kapazitive Ladeleistung der Übertragungsleitung) kompensiert oder ergänzt durch die Beachtung der Auswirkungen einer konstant angenommenen Last dimensioniert sind. Da Energieverbraucher im Allgemeinen ohmsch-induktiv sind, folgt aus der Belastung ein Spannungseinbruch entlang der belasteten Leitung. Die leerlaufende Leitung weist hingegen durch eine Kompensation im Bereich der Anpassung mittels Kompensationsdrosselspule am Leitungsende eine im Vergleich zum Leitungsanfang konstante Spannung auf. Deshalb ist eine Kompensationsdrossel­spule ein Kompromiss, der sich dann optimal einstellen lässt, wenn die Lastverhältnisse konstant sind.

Da dies aufgrund der Auswirkungen der regenerativen Energieerzeugung auf die Übertragungsnetze immer weniger sichergestellt ist, kann eine Lösung darin bestehen, variable Kompensationsdrosselspulen einzusetzen. Durch die bestmögliche Anpassung der Spule an die bestehende Blindleistung werden die Verluste so gering wie möglich gehalten. Dies optimiert nicht nur die Netze, sondern erhöht die Wirtschaftlichkeit der Leitungen und spart dem Betreiber damit Kosten.

Technologie mit Potenzial

Variable Drosselspulen können dazu beitragen, die Stabilität der Übertragungsnetze auch unter den Einflüssen einer ansteigenden Variabilität der Lastflüsse sicher zu beherrschen. Die Technologien sind vorhanden und weltweit bereits in Form von variablen Kompensationsdrosselspulen an diversen Netzpunkten im Einsatz. Verglichen mit der installierten Leistung an Kompensationsdrosselspulen fester Leistung beträgt der Anteil von Kompensationsdrosselspulen variabler Leistung jedoch einen bisher verschwindend geringen Anteil.

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