Dr. Haft Sie sind seit dem 1. Januar 2024 Vorstandsvorsitzender bei der IBC Solar. Was hat sich für Sie persönlich in Ihrer neuen Rolle geändert?
Glücklicherweise nicht allzu viel! Ich war bereits seit Oktober 2022 im Vorstand und konnte mich in dieser Zeit gut auf die neue Rolle vorbereiten. Dadurch konnte ich mich von Anfang an auf strategische Aufgaben konzentrieren, ohne allzu viele operative Veränderungen. Es gibt natürlich immer Herausforderungen, aber das Vertrauen und die enge Zusammenarbeit im Team ermöglichen es mir, weiterhin fokussiert an unseren Zielen zu arbeiten.
IBC Solar ist als führendes Systemhaus für Photovoltaik- und Energielösungen bekannt. Sehen Sie sich mehr als Komponentenlieferant oder als Lösungsanbieter?
Wir verstehen uns ganz klar als Fullservice-Lösungsanbieter und bieten das gesamte Spektrum von der Planung bis zur schlüsselfertigen Übergabe von Photovoltaik-Anlagen an. Wir haben weltweit bereits 7,5 GW PV-Leistung installiert und arbeiten mit einem dichten Netzwerk an Fachpartnern, die für eine qualitativ hochwertige Installation sorgen. Dabei liefern wir nicht nur einzelne Komponenten, sondern entwickeln und realisieren komplette Energielösungen – von Eigenheimen bis hin zu großen Solarparks. Wir decken den gesamten Prozess ab, von der Produktentwicklung über die Integration bis hin zur technischen Betriebsführung und Wartung.
Die Konkurrenz aus Asien setzt die europäischen PV-Unternehmen stark unter Druck. Wie geht IBC Solar mit dieser Herausforderung um?
Wir sehen eine klare Differenzierung in unserer Rolle als Fullservice-Anbieter. Wir entwickeln nicht nur eigene, leistungsstarke Lösungen, sondern vertreiben als herstellerunabhängiges Unternehmen auch Produkte namhafter Hersteller. Unsere Stärke liegt darin, intelligente Gesamtsysteme zu liefern, in denen die Komponenten optimal aufeinander abgestimmt sind. Dies gibt uns einen Vorteil, da wir sowohl im Distributionsgeschäft als auch im Projektbereich aktiv sind, wo wir schlüsselfertige Lösungen für gewerbliche und industrielle Kunden sowie Solarparks anbieten.
Einige europäische Modulhersteller verlagern ihre Produktion ins Ausland. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?
Wir setzen uns stark dafür ein, lokale Lieferketten und Produktionskapazitäten zu fördern. Als Pionier der Energiewende sehen wir es als unsere Aufgabe, auch in Europa weiterhin hochwertige Solarlösungen zu entwickeln und zu fördern. Das ist entscheidend, um die Resilienz und Unabhängigkeit der europäischen Energiewirtschaft zu stärken.
Wie bewerten Sie die aktuellen Fördermaßnahmen, insbesondere das Solarpaket? Kommt es Ihrer Meinung nach ausreichend im Markt an?
Die Fördermaßnahmen sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber in der Praxis gibt es oft Verzögerungen. Gerade bei großen Projekten im Industrie- oder Gewerbebereich könnten die Prozesse beschleunigt werden. Wir sind seit über 40 Jahren aktiv im Markt und können mit dieser Erfahrung daher genau beurteilen, wo die Maßnahmen gut greifen und wo es noch Potenzial gibt, die Fördermechanismen effizienter zu gestalten.
IBC Solar hat kürzlich mit IBC GreenElements einen neuen Öko-Stromversorger gegründet. Was war der Anlass für diese Entscheidung und können auch Unternehmenskunden davon profitieren?
Die Gründung von IBC GreenElements war ein logischer Schritt, um unser Fullservice-Angebot zu erweitern. Wir bieten deutschlandweit 100 Prozent Ökostrom an, der aus Deutschland stammt, und setzen auf transparente, einfache und faire Tarife. Mit „IBC Evergreen“ bieten wir einen Ökostromtarif mit einer 24-monatigen Energiepreisgarantie an, der unsere Kunden vor Preisschwankungen schützt. Zukünftig folgen weitere dynamische Tarife wie „IBC Sweetspot“ sowie Mobilitäts- und Wärmetarife. Unser Ziel ist es, auch Privathaushalten und Unternehmen ohne eigene Photovoltaikanlage nachhaltigen Strom zugänglich zu machen.
Recycling ist ein großes Thema in der Solarbranche. Welche Rolle spielt es bei IBC Solar?
Recycling ist ein zentrales Thema, besonders in Hinblick auf die steigende Anzahl ausgedienter Solarmodule in den kommenden Jahren. Wir arbeiten eng mit Partnern zusammen, um sicherzustellen, dass Solarmodule und Batteriesysteme am Ende ihres Lebenszyklus fachgerecht recycelt werden. Wir sehen dies als Teil unserer Verantwortung und setzen alles daran, die Kreislaufwirtschaft in unserer Branche zu fördern.
Wie sehen Sie die aktuellen Herausforderungen wie Lieferkettenstörungen und den Fachkräftemangel?
Diese Herausforderungen betreffen auch uns, wenngleich wir durch unser breites Netzwerk und die enge Zusammenarbeit mit internationalen Partnern gut aufgestellt sind. Der Fachkräftemangel ist ein Thema, das uns langfristig beschäftigen wird. Um dem zu begegnen, setzen wir stark auf die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeitenden. Gleichzeitig treiben wir die Digitalisierung unserer Prozesse voran, um effizienter zu arbeiten und unsere Abhängigkeit von externen Faktoren zu verringern.
Wie wichtig ist der Industriebereich für IBC Solar und was sind hier die besonderen Herausforderungen?
Commercial & Industry ist für uns ein bedeutender Wachstumsmarkt. Viele Unternehmen erkennen zunehmend, dass Photovoltaik nicht nur eine nachhaltige, sondern auch wirtschaftlich attraktive Investition ist. Mit unseren maßgeschneiderten Lösungen können wir insbesondere für energieintensive Industrien große Einsparungen realisieren und die Energiewende auch in der Industrie voranzutreiben. Die Komplexität der Systeme und die Integration in bestehende Produktionsprozesse sind hier anspruchsvoller und spezifischer als im Eigenheim-Bereich. Die Ausfallsicherheit und die Skalierung der Energielösungen spielen eine zentrale Rolle. Genau hier sehen wir unsere Stärke als Fullservice-Anbieter von umfassenden und integrierten Lösungen.
Welche technologischen Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten Jahren für die Solarbranche?
Die Integration von Energiespeichern, insbesondere im Industrie- und Gewerbesektor, wird eine entscheidende Rolle spielen. Die Nachfrage nach intelligenten Energiemanagementlösungen, die PV-Anlagen, Speicher und E-Mobilität miteinander vernetzen, steigt. Zudem wird die Sektorkopplung eine wichtige Rolle in der Energiewende einnehmen. Als Unternehmen arbeiten wir daran, diese Systeme weiter zu optimieren, um den Übergang zu einer emissionsfreien Energiezukunft zu ermöglichen.