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Energiebeschaffung & -erzeugung Ist der DFR die Lösung unserer Energieprobleme?

01.10.2013

Am Dual-Fluid-Reaktor (DFR) scheiden sich die Geister. Der Schnellspaltreaktor verspricht durch die Trennung von Kühlmittel und Brennstoff verbesserte nukleare Eigenschaften. Doch bietet das Konzept tatsächlich eine umweltfreundliche Energiequelle?„Schnellspaltreaktoren nutzen Natururan 100 mal effektiver als heutige Reaktoren.“„Der DFR ist der Gegenpol einer nachhaltigen Entwicklung.“

PRO

Schnellspaltreaktoren hinterlassen keine nuklearen Abfälle, die über hunderttausende Jahre sicher gelagert werden müssen. Schon nach 100 Jahren sind 90 Prozent der Reststoffe harmlos, und nach 300 Jahren ist die restliche Aktivität niedriger als die des geförderten Uranerzes und gilt damit als abgeklungen. Kernreaktoren reduzieren damit sogar die natürliche Radioaktivität.

Schnellspaltreaktoren nutzen Natururan 100mal effektiver als heutige Reaktoren. Die Uran-und Thoriumvorkommen reichen somit für eine Milliarde Jahre, so lange wie die Erde bewohnbar ist. Davon können zehn Milliarden Menschen in Wohlstand leben.

Klassische Schnellspaltreaktoren hängen jedoch immer noch von einer komplexen Infrastruktur ab, die vor allem durch die Verwendung fester Brennelemente verursacht wird. Außerdem hat man sich auf Natrium als Kühlmittel festgelegt, was aufwändige Sicherheitsmaßnahmen erfordert. Dies alles macht die heute entwickelten Schnellspaltreaktoren extrem teuer und nicht konkurrenzfähig.

Genau hier setzt der DFR an. Er bietet all die erwähnten Vorteile, ist inhärent sicher und basiert auf seit Jahrzehnten in der Industrie bewährten Methoden und Materialien. Durch das Dual-Fluid-Prinzip kann er aber zu einem Bruchteil der Kosten anderer Schnellspaltreaktoren gefertigt und betrieben werden.

Die Wirtschaftlichkeit ist nach der Sicherheit der wichtigste Faktor. Nur so werden sich Schnellspaltreaktoren durchsetzen können.

Dr. rer. nat. Götz Ruprecht, Gesellschafter beim Institut für Festkörper-Kernphysik in Berlin

CONTRA

Der DFR verspricht die Lösung nahezu aller Energieprobleme durch sichere, billige, fast atommüllfreie Kernenergie. Erreicht werden soll das durch Kombination eines schnellen Flüssigsalz-/Bleireaktors mit einer Hochtemperatur-Online-Wiederaufarbeitungsanlage. Ein ähnliches Konzept kam 1969 in den USA nach negativer Begutachtung nicht zum Zuge. Das DFR-Konzept ist derzeit kaum mehr als eine Ideensammlung.

Der DFR kennt zwar einige klassische Störfälle wie Kernschmelze nicht, aber es sind DFR-spezifische, schwere Störfälle möglich. Als bedenklich gilt die Hochtemperatur-Wiederaufarbeitung.

Die Kosten wurden bei schnellen Reaktoren bisher massivst unterschätzt. Ein Beispiel ist das Versprechen von 1970, man brauche wegen billigen Stroms aus schnellen Brütern bald keine Stromzähler mehr. Die erkennbaren DFR-Probleme lassen ähnlich riesige Entwicklungskosten und -zeiten wie bei der Kernfusion vermuten.

In schnellen Reaktoren kann theoretisch bestimmter langlebiger Atommüll mit begrenzter Effizienz umgewandelt werden. Eine Verminderung der Atommüllmenge wäre günstigenfalls denkbar, eine weitgehende jedoch Beseitigung nicht. Ein geologisches Endlager bleibt notwendig. Durch die Kombination Reaktor/Online-Wiederaufarbeitung ist der DFR optimal geeignet, um schnell und leicht an Atomwaffen zu gelangen, insbesondere auf der Basis des Thoriumzyklus. Schon dieser Punkt macht den DFR zum Gegenpol einer nachhaltigen Entwicklung. Er gibt keinen Anlass, die Notwendigkeit der Energiewende zu hinterfragen.

Dr. Rainer Moormann, 1976-2012 Sicherheitsexperte für Nukleartechnik am Forschungszentrum Jülich, Whistleblowerpreis 2011

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