Ohne Speicher keine Energiewende – darin sind sich die meisten Experten einig. Die heute bekannten Energiespeichertypen weisen aber nach wie vor erhebliche Nachteile auf: Batterien sind teuer, kurzlebig und teilweise umweltschädlich. Pumpspeicher brauchen Berge, haben lange Bauzeiten und sind ein drastischer Eingriff in die Natur. Schwungräder können nur über wenige Minuten lang Energie bereitstellen.
Eine schon lange bekannte, aber erst vor kurzem wiederentdeckte Methode zur Energiespeicherung basiert auf flüssiger, tiefkalter Luft: der Flüssigluft-Energiespeicher (Liquid Air Energy Storage – LAES). Bei dieser Methode wird Umgebungsluft mit elektrisch angetriebenen Maschinen verflüssigt, in isolierten Tanks gespeichert und bei Bedarf wieder verdampft, weiter erhitzt und in einer Entspannungsturbine verstromt. Linde und Mitsubishi Hitachi Power Systems Europe haben gemeinsam ein erstes großskaliges System entwickelt und bereiten derzeit die Demonstration vor.
Vielfältige Integrationsmöglichkeiten
Der größte Vorteil des Flüssigluft-Energiespeichers im Vergleich zu klassischen, großskaligen Alternativen wie Pumpspeicher und unterirdische Druckluftspeicher ist, dass keine speziellen geologischen Voraussetzungen und Eingriffe nötig sind. Daher kann LAES überall gebaut werden. Außerdem ist die Errichtungszeit kurz und es ist weder mit öffentlichem Widerstand noch mit geologischen Risiken zu rechnen.
Ein weiterer Vorteil im Vergleich zu den üblichen Batterien besteht in der baulichen Trennung von Lade-, Speicher- und Entladeteil. Die Einzelteile können weitgehend unabhängig voneinander skaliert und so an den Bedarf des jeweiligen Standorts angepasst werden. Soll zum Beispiel ein System von vier auf acht Stunden Leistungsabgabe erweitert werden, genügt es, die Speicherkapazität entsprechend zu vergrößern, während ein Batteriesystem in diesem Fall praktisch verdoppelt werden müsste.
Das Flüssigluftsystem besteht aus reifen und erprobten Technologien. Turbomaschinen, Wärmeüberträger und Tanks sind verfügbar, erprobt und bieten erhebliche Skaleneffekte. Die Technologieentwickler erwarten, dass LAES bei Anwendungen ab einer Leistung von 50 Megawatt und für Speicherzeiten von zwei bis 20 Stunden eine wettbewerbsfähige Speicheralternative ist.
Eine entscheidende Frage ist, welche Wärmequelle zum Erhitzen der Luft vor der Entspannung – dem Entladen – eingesetzt wird. Grundsätzlich gilt dabei: Je höher die Temperatur ist, umso mehr Energie kann auch aus dem System zurückgewonnen werden. Daher ist der Einsatz externer Wärme – zum Beispiel Abwärme aus Industrieprozessen, Wärme-LAES – oder die Integration einer Gasturbine ins System wirtschaftlich attraktiv. Der letzte Fall (Brennstoff-LAES) wäre zwar kein reiner Energiespeicher mehr, da zum Entladen zusätzlich ein Brennstoff wie Erdgas oder Biogas eingesetzt werden müsste.
Ultra-flexibles Speicherkraftwerk
Das kann jedoch auch ein Vorteil sein. Ein solches LAES-System stellt eine Alternative zu einem Gaskraftwerk dar, bei dem ein Teil des eingesetzten Brennstoffes durch überschüssigen Wind- oder Solarstrom ersetzt wird. So erhält man ein ultra-flexibles Speicherkraftwerk mit einem ähnlichen Gesamtwirkungsgrad wie ein modernes Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD), aber viel niedrigerem Gasverbrauch je ausgespeicherter Megawattstunde und infolgedessen niedrigeren CO2-Emissionen. Und wenn der Speicher einmal leer ist, kann das System trotzdem noch im „Gasturbinenmodus“ betrieben werden und bietet somit mehr Versorgungssicherheit als ein reiner Strom-zu-Strom-Speicher. Ein geschlossenes System ohne externe Wärme oder Brennstoff ist ebenfalls möglich („Adiabates LAES“). Dabei wird Abwärme aus dem Ladeprozess zwischengespeichert und zum Entladen wiederverwendet.