Der Anteil an Erneuerbaren Energien (EE) am Strommix ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die Anlagen speisen vornehmlich dezentral in die Stromnetze ein, die jedoch ursprünglich nach einem zentralen Ansatz designt worden sind: Wo vorher der Strom nur von Kraftwerken in eine Richtung durch die Leitungen geschleust wurde, gibt es nun Gegenverkehr. „Dies erschwert es, das Stromnetz stabil zu halten“, erläutert Andreas Siegert. Das ist auch der Grund weshalb diese dezentral einspeisenden Anlagen auch zunehmend dazu verpflichtet werden, einen Beitrag zur Netzstabilität zu leisten. „Mit der heutigen Leistungselektronik in Kombination mit intelligenter Kommunikationstechnik können diese Herausforderungen jedoch gemeistert werden“, betont der Key Account Manager Smart Grid bei Wago.
Eine wesentliche Neuerung trat im April vergangenen Jahres mit der Änderung der technischen Anschlussbedingungen (TAB) für dezentrale Erzeugungsanlagen (EZA) ein. In diesem Zusammenhang fordert die sogenannte Mittelspannungs-Richtlinie VDE-AR-N 4110 für EZA-Regler ein Komponentenzertifikat für alle Erzeugungsanlagen, die künftig ins Mittelspannungsnetz einspeisen. Betroffen davon sind Kraft-Wärme-Kopplungs-, Biogas-, PV-, Windkraft-, Geothermie- und Wasserkraftanlagen, aber auch Speicher und Mischanlagen. Die gemeinsam von Netzbetreibern im VDE FNN erarbeitete neue Anwendungsregel bildet die technische Grundlage für den Netzanschluss und den Anlagenbetrieb auf Mittelspannungsebene, in die eine Großzahl an Erzeugungsanlagen einspeisen. „So können Netzbetreiber bei wachsendem Anteil erneuerbaren Energien weiterhin die Netzstabilität gewährleisten“, erläutert Siegert.
Abgleich von Soll- und Ist-Wert
Der EZA-Regler fungiert dabei als Schnittstelle zwischen Anlage und Energieversorger, Netzbetreiber und Direktvermarkter, der beispielsweise Regelleistung an der Börse vermarktet. Er regelt dabei die vom Netzbetreiber geforderten Sollwertvorgaben für Wirk- und/oder Blindleistung am Netzanschlusspunkt (NAP). Er gleicht diese Sollwertvorgaben mit den gemessenen Ist-Werten am NAP ab und kommuniziert die berechnete Stellgröße an die Erzeugungseinheiten (EZE). Mithilfe des EZA-Reglers kann der Netzbetreiber erzeugerseitig die Anlageneinspeisung mittels vorgeschriebener Kennlinien steuern.
Hinzu kommt außerdem, dass eine Vielzahl an Netzbetreibern auch eine Schnittstelle der sogenannten Intelligenten Kundenstation (IKS) zum Energieversorger fordert. Damit lassen sich die Ist-Werte und mögliche Fehler an der Kundenstation jederzeit überwachen. Der Netzbetreiber kann damit in seinem Verfügungsbereich schalten und so eine Versorgung binnen Sekunden wiederherstellen. Die so vorliegenden Netzinformationen sorgen für eine bessere Auslastung bei der Netzführung.
Die Wago Library Power-Plant-Control ist eine Bibliothek mit einem Regelalgorithmus für die Wirk- und/oder Blindleistung. Diese lässt sich auf der Steuerung PFC200 der zweiten Generation verwenden. Die Wago-Steuerung besitzt zwei Ethernet-Schnittstellen, die als Switch oder auch separat, und damit über zwei getrennte Netzwerke, einsetzbar sind. Siegert erläutert dazu: „Damit ist es möglich, direkt aus der Steuerung zum Netzbetreiber und zum Direktvermarkter sicher über VPN-Tunnel per Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu kommunizieren – etwa über Standardprotokolle wie IEC60870 -104/101, Modbus oder Rundsteuerempfänger.“ So lasse sich unter anderem die Wirkleistung, Blindleistung oder auch gleich der Leistungsfaktor cos phi übertragen.
Statusnachstellung im Millisekunden-Bereich
Die Frage nach der Häufigkeit des Eingriffs der Regelung beantwortet Siegert mit dem Verweis auf die Konsistenz der Erzeugung und den jeweiligen Vorgaben etwa des Netzbetreibers. Hinsichtlich des Leistungsspektrum ist er entspannt: „Unser System ist in der Lage, den Status im Millisekunden-Bereich nachzustellen.“
„Unsere Kunden brauchen eine Lösung, die einfach, flexibel, sicher und solide ist“, erläutert der Key Account Manager Smart Grid bei Wago die weiteren Vorteile der Lösung. Hinzu komme die Anforderung, dass diese langfristig verfügbar ist und gleichzeitig zukunftsfähig sein und bleiben müsse. Siegert hat aus seiner Praxiserfahrung als früherer Produktmanager eindeutige Anforderungen an diese Produkte ausgemacht: „Jede Anlage ist anders, daher können sich unsere Kunden nicht verschiedene Lösungen je nach Anlagenkonstellation auf Lager legen und in jede einzelne einarbeiten.“ Diesen Kundenvorgaben komme die Wago-Lösung unter anderem mit „maximaler Flexibilität“ nach: „Ganz gleich welche Anlagenkonstellationen vorherrschen: Mit den Linux-basierten Steuerungen und dem modularen Wago I/O-System lassen sich unterschiedlichste Projekte etwa aus dem Gebäude-, Energie- und E-Mobilitätsbereich realisieren“, betont der Mitarbeiter aus dem Market Management Energy bei Wago.
Weiterhin hebt der Diplom-Wirtschaftsingenieur Elektrotechnik als wichtiges Feature das Thema Sicherheit hervor. Die gängigen Sicherheitsfeatures seien implementiert und würden stetig erweitert. Mit der Steuerungslösung lassen sich auch Speicher und Verbraucher direkt anbinden und steuern. Als „Schnittstellenweltmeister“ verstehe die Wago PFC weit mehr als die marktüblichen Protokolle, betont der Key Account Manager.
Rundum-Sorglos-Paket oder „selber backen“
Je nach Wunsch bietet das Mindener Unternehmen entweder nur die Komponenten an oder liefert mit seinem Netzwerk aus Systemintegratoren auch gleich den Service für die Umsetzung mit:
Das Angebot „selber backen“ ergibt laut Siegert unter anderem dann Sinn, wenn beim Anwender sowohl eigenes Programmier-Know-how als auch Kenntnisse über die neue Anwendungsregel vorhanden sind. „Bei der Hardwareauswahl sind wir mit unserem Vertrieb gut aufgestellt, der hier entsprechend unterstützen kann“, erläutert Siegert. Ein gutes Schulungsprogramm zur Fernwirktechnik und zur Programmierung mit den Steuerungen als auch die kostenlose Kundenbetreuung lieferten geeignete Unterstützung, um den Anlagenanschluss und Betrieb netzkonform selbst umzusetzen
Alternativ können die Kunden als Rund-um-Sorglos-Paket einen Wago Solution Provider (WSP) beauftragen, der sich um die Komplettlösung kümmert – angefangen von der geeigneten Komponentenbeschaffung, über die Umsetzung und Inbetriebnahme bis hin zur Dokumentation.