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Grünen Wasserstoff konkurrenzfähig machen Referenzfabrik für Elektrolyseur-Massenproduktion gestartet

Deutschlandweites Großforschungsprojekt: Aufbau und wesentliche Elemente der Referenzfabrik.

Bild: Fraunhofer IWU
27.08.2021

Die Kosten zur Herstellung von Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff soll um mehr als ein Viertel sinken. Daher wird eine Referenzfabrik aufgebaut, in der in den nächsten vier Jahren neue Produktionsverfahren entwickelt und geprüft werden können. Die besten Verfahren werden parallel komplett virtuell nachgebaut und in einen Technologiebaukasten überführt, der es Industrieunternehmen erlaubt, vor der Planung einer Fertigung genau zu prüfen, mit welchen Produktionskosten sie für bestimmte Elektrolyseur-Typen rechnen müssen.

Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein bei der Umstellung von Industrie und Verkehr auf erneuerbare Energien. Um ihn zu marktwirtschaftlichen Preisen und zugleich klimaneutral herzustellen, müssen Elektrolyseure, in denen Wasser mit Strom zum Beispiel aus Wind oder Sonne in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird, in großer Zahl automatisiert produziert werden. Mit den bisher verfügbaren Technologien wäre eine Massenproduktion viel zu teuer und nicht konkurrenzfähig.

Hier setzt die Referenzfabrik an. Denn mit Forschung zu günstigeren Werkstoffen, zur Qualität der Bauteile, zur Langlebigkeit, zu besseren Produktionstechnologien, zur Skalierbarkeit der Produktionsverfahren, ihrer Automatisierung, der Vernetzung von Produktionslinien, dem Aufbau effizienter Lieferketten und zur Fabrikplanung soll die Großserienfertigung rentabel werden. Die Produktionskosten für Wasserelektrolyseure im Gigawatt-Bereich sollen um mehr als 25 Prozent sinken.
Digitale Zwillinge: Innovationspool senkt Investitionsrisiko

Beste Lösungen virtuell nachbauen

Die besten und wirtschaftlichsten Produktionsverfahren werden für einen Innovationspool komplett virtuell nachgebaut- - es wird ein „Digitaler Zwilling“ erstellt. Mit diesen lassen sich Produktionsverfahren und die Kombination neuer Produktionsanlagen berechnen und schon am Rechner tiefgehend prüfen.

„Wir bauen eine digitale Bibliothek der zukunftsfähigen Elektrolyseur-Herstellungsverfahren auf, mit dem die Investitionskosten und sogar die Kapitalrendite je nach geplanter Produktionsmenge, Fertigungstiefe und Herstellungsvariante vorab bestimmbar sind“, sagt Dr.-Ing. Ulrike Beyer, Leiterin der Wasserstoff-Taskforce am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU und Koordinatorin des Großforschungsprojektes.

„Der damit entstehende Technologiebaukasten wird der Elektrolyseur-Industrie einen echten Boost verschaffen. Wir versprechen uns einen enormen Innovationsimpact – auch weil unser technologieoffener Ansatz es erlaubt, immer wieder neue Ideen und Konzepte aus Wirtschaft und Wissenschaft zu integrieren.“

Technologieführerschaft stärkt Wirtschaftsstandort

Die Fraunhofer-Forschenden sind überzeugt: Der beste Weg, grünen Wasserstoff schnell in der Breite anwendbar zu machen, besteht darin, seine Herstellung als wettbewerbsfähiges Geschäftsmodell zu etablieren. Allerdings gibt es gegenwärtig noch zu wenige Elektrolyseur-Hersteller am Markt, und sie bedienen mit kleinen Stückzahlen eher Nischenmärkte.

Ein starker Heimatmarkt für Wasserstofftechnologien fehlt noch. Technologieführerschaft in diesem Industriebereich kann dazu beitragen, einen solchen Markt zu entwickeln. Das würde den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter stärken, auch im Export.

22 Millionen Euro für fünf Fraunhofer-Institute

Neben dem Fraunhofer IWU bringen vier weitere Institute der Fraunhofer-Gesellschaft ihre Expertise ein: Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen, das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart, das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS in Chemnitz und das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale). Sie erhalten zusammen eine Förderung von 22 Millionen Euro bis ins Jahr 2025 aus dem Wasserstoff-Leitprojekt „H2Giga“ der Bundesregierung. Es umfasst insgesamt 30 Verbünde sowie 130 Industrie- und Forschungspartner.

Das Fraunhofer IWU trägt in Chemnitz Forschung zu Walzverfahren für Bipolarplatten (BPP) bei. Der neue mehrstichige Walzprozess wird die qualitätsgerechte Einbringung der Kanal-Geometrien in die Anoden und Kathoden realisieren. Dabei wird eine höchstratenfähige Produktion angestrebt. Somit steht ein Fertigungsverfahren für den Hochlauf der Elektrolyseurproduktion zur Verfügung, das einer Serienproduktion entsprechende BPP-Stückzahlen liefern kann.

Durch das mit dem Umformprozess verkettete Funktionalisieren mittels Elektronenstrahlen wird es möglich sein, Mikrostrukturen zur Erhöhung der Lebensdauer einzufügen und den Wirkungsgrad eines Elektrolyseurs zu verbessern. Zudem wird die anschließende Qualitätskontrolle weiterentwickelt.

Auch das Stacking, also das enge Übereinanderstapeln der Bipolarplatten, soll mit höherer Frequenz und höherem Automatisierungsgrad möglich werden. Die Qualität so gefertigter Stacks wird im gerade entstehenden „Fraunhofer Hydrogen Lab Görlitz“ und im „Fraunhofer Hydrogen Lab Leuna“ getestet.

Beiträge der verschiedenen Institute

Fraunhofer IPT

Der Beitrag des Fraunhofer IPT umfasst die Erforschung neuer produktionstechnologischer Lösungsansätze für die Herstellung der Catalyst Coated Membrane (CCM), der Porösen Transport Lage (PTL) sowie der Bipolarplatten.

Für die CCM-Herstellung werden Produktionseinrichtungen erforscht und aufgebaut, die einerseits eine Kostenreduktion für die Produktion einer CCM über etablierte Prozessschritte zulassen und andererseits neuartige Produktionsverfahren wie die Membran-Direktbeschichtung ermöglichen. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten für die PTL und Bipolarplatten liegt in der Entwicklung von Produktionsverfahren für integrierte Komponenten zur Verteilung der Fluide im Inneren des Elektrolyseurs.

„Unser Ziel ist es, durch eine produktionsgerechte Gesamtarchitektur eine Kostenreduktion der Komponenten bei gleichzeitig steigender Leistungsfähigkeit zu erreichen“, so Dr.-Ing. Christoph Baum, Geschäftsführer des Fraunhofer IPT.

Fraunhofer IPA

Das Fraunhofer IPA wird die einzelnen Produktionsmodule der Referenzfabrik, die an den beteiligten Instituten aufgebaut werden, als Digitale Zwillinge, auf Basis des Konzepts der Verwaltungsschale, abbilden und virtuell zu einer kompletten Produktionslinie vernetzen.

Dazu baut ein Forschungsteam um Joachim Seidelmann, Leiter des Kompetenzzentrums Digitale Werkzeuge in der Produktion am Fraunhofer IPA, eine standortübergreifende, serviceorientierte Produktions-IT-Plattform auf. Die Grundlage dafür bildet die Cloud-Plattform Fraunhofer Edge Cloud.

„Damit der Informationsaustausch zwischen den Produktionsmodulen möglichst reibungslos abläuft und alle Daten über die verteilten Standorte durchgängig erfasst und ausgewertet werden können, planen wir sämtliche Anlagen, die (Teil-)Produkte sowie viele Fertigungshilfsmittel mit einer Verwaltungsschale zu versehen“, sagt Seidelmann. „Dabei liegt die Hauptarbeit in der Entwicklung der spezifischen Teilmodelle der Verwaltungsschale für die Wasserstoffproduktion, welche die Eigenschaften und Merkmale detailliert beschreiben.“

Fraunhofer ENAS

Das Fraunhofer ENAS beschäftigt sich im Großforschungsprojekt mit der Qualifizierung des digitalen Inkjet-Druckverfahrens als CCM-Herstellungsverfahren, um somit eine hochproduktive, industrielle Prozessgeschwindigkeit zu erreichen. Die Catalyst Coated Membrane (CCM) stellt eine zentrale Komponente von Elektrolyseuren dar.

Die Projektziele umfassen eine Prozessersparnis um 33 Prozent sowie eine Materialersparnis von 3 Prozent. In Summe besteht das Ziel, die Herstellungskosten für die CCM-Herstellung um 30 Prozent zum heutigen Stand der Technik zu senken. Dr. Ralf Zichner, Abteilungsleiter Printed Functionalities am Fraunhofer ENAS, erklärt: „Mit dem hoch produktiven Einsatz digitaler Inkjet-Drucktechnologie des Fraunhofer ENAS für die CCM-Herstellung entfallen zwei von sechs Prozessschritte im Vergleich zum Stand der Technik.“

Fraunhofer IMWS

Das Fraunhofer IMWS fokussiert sich auf die Charakterisierung von Elektrolyseur-Bauteilen und -Systemen, die eine frühzeitige Identifizierung von möglichen Schwachstellen und Defekten im industriellen Einsatz möglich machen. So sollen Kosten für Testverfahren reduziert, Fehlertoleranzen und Lebensdauer der Produktionselemente optimiert und kürzere Entwicklungszeiten erreicht werden.

„Mit den Kompetenzen für hochauflösende Diagnostikverfahren und den Möglichkeiten im Hydrogen Lab Leuna können wir entscheidende Beiträge zur Bewertung und Optimierung von Elektrolysekomponenten leisten“, sagt Dr.-Ing. Sylvia Schattauer, stv. Institutsleiterin des Fraunhofer IMWS.

Details zur Förderung aus dem Wasserstoff-Leitprojekt „H2Giga“

Mit seiner bislang größten Forschungsinitiative zum Thema Energiewende unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Deutschlands Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft. Die drei Wasserstoff-Leitprojekte sind das Ergebnis eines Ideenwettbewerbs und bilden einen zentralen Beitrag des BMBF zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie.

Über vier Jahre sollen sie vorhandene Hürden, die den Einstieg Deutschlands in eine Wasserstoffwirtschaft erschweren, aus dem Weg räumen. Dabei geht es um die serienmäßige Herstellung großskaliger Wasser-Elektrolyseure (H2Giga), die Erzeugung von Wasserstoff und Folgeprodukten auf hoher See (H2Mare) sowie Technologien für den Transport von Wasserstoff (TransHyDE). In den Wasserstoff-Leitprojekten arbeiten über 240 Partner aus Wissenschaft und Industrie zusammen.

Im Frühjahr sind die Projekte auf Basis unverbindlicher Förder-Inaussichtstellungen gestartet. Insgesamt wird die Förderung über 740 Millionen Euro betragen.

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