Mit MVDC PLUS (Medium Voltage Direct Current Power Link Universal System) bringt Siemens ein neues Gleichstromübertragungssystem auf den Markt. Es kann als effiziente Übertragungsstrecke in Wechselstrom-Mittelspannungsnetzen von 30 bis 150 Kilovolt (kV) eingesetzt werden.
Da immer mehr Strom aus dezentralen und erneuerbaren Stromquellen ins Verteilnetz eingespeist wird, hat Siemens das Übertragungssystem für Netzbetreiber entwickelt, die ihre Infrastruktur ausbauen müssen, um das Netz stabil zu halten. Mit dem System lassen sich Entfernungen von bis zu 200 Kilometern überbrücken.
MVDC-PLUS basiert auf Hochspannungs-Gleichstromübertragungssystem
Die MVDC-PLUS-Technik basiert auf der HVDC-PLUS-Technik des Hochspannungs-Gleichstromübertragungssystems von Siemens. Es ist jedoch auf dessen Basisfunktionen reduziert. Wie HVDC PLUS arbeitet das Mittelspannungsübertragungssystem mit selbstgeführten Stromrichtern (VSC) in modularer Multilevel-Converter-Bauweise (MMC), die den Wechselstrom in Gleichstrom und Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln.
Der Strom auf der Übertragungsstrecke kann in beide Richtungen fließen. Dank abschaltbarer Leistungstransistoren (IGBT) laufen die Kommutierungsvorgänge im Stromrichter unabhängig von der Netzspannung ab. Beide Stromrichterstationen können als statischer Blindleistungskompensator (Statcom) betrieben werden.
Die schnellen regelungs- und schutztechnischen Eingriffsmöglichkeiten der Stromrichter bewirken eine hohe Stabilität des Übertragungssystems, was vor allem Netzfehler und Störungen im Drehstromnetz vermindert. Das erhöht die Versorgungssicherheit für Energieversorger und Stromkunden deutlich.
System eignet sich für Netzanschluss kleinerer Gemeinden
Siemens bietet das Mittelspannungs-Gleichstromübertragungssystem als Kompaktanlage in drei Varianten an – für eine Übertragungsleistung von etwa 50, 100 und 150 Megawatt (MW), bei Übertragungsgleichspannungen von 20 bis 50 kV.
Damit eignet sich MVDC PLUS für den Netzanschluss kleinerer Gemeinden in dünn besiedelten Gebieten ebenso wie für den Anschluss und die Stabilisierung schwacher Verteilnetze, ungeachtet der Spannung und Frequenz. Auch ein geregelter Leistungsaustausch zwischen regionalen Mittelspannungsnetzen und Microgrids ist mit diesem System möglich. Dazu kommt eine größere Unabhängigkeit vom Hochspannungsnetz.
Übertragung via Kabel oder Freileitung
Für die Übertragung können sowohl Kabel als auch Freileitungen genutzt werden. Möglich ist es zudem, vorhandene Trassen zu nutzen, wenn es darum geht, die Leistungskapazität zu erhöhen, ohne auf Hochspannungsniveau gehen zu müssen.
Das Mittelspannungs-Gleichstromübertragungssystem ist aufgrund seiner Kosteneffizienz und kurzen Implementierungszeit auch interessant für Zusammenschlüsse auf lokaler Ebene mit unterschiedlichen Finanzierungsmodellen, die in Ländern mit einem wachsenden Anteil an erneuerbaren und dezentralen Energiequellen immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Backup-Lösung auch für Industrie und Rechenzentren
Mit dem Übertragungssystem lässt sich eine Stromverbindung zwischen Inseln oder Offshore-Plattformen und dem Festland aufbauen. Das hilft, Wartungsmaßnahmen und Kosten für ein Backup mit Dieselgeneratoren zu vermeiden.
Als Backup-Lösung kann das Stromübertragungssystem für die Mittelspannung außerdem in der Fertigungsindustrie eingesetzt werden. Dort erhöht es die Verfügbarkeit der Anlagen und vermindert Produktionsausfälle. Als Backup-Versorgung für Rechenzentren stellt MVDC PLUS die Klassifizierung der Qualitätsstufe (TIER) sicher.