Herr Saß, was raten Sie einem Unternehmen zuerst, wenn es CO2-neutral werden will?
Da es um Einsparungen von CO2- und anderen Emissionen geht, muss ich zunächst die Emissionen quantifizieren und qualifizieren. Auch ein Marathon wird nicht in den ersten Kilometern gewonnen. Auf dem Weg der Dekarbonisierung haben wir ein Zwischenziel 2045. Um dieses zu erreichen, müssen wir bei den Einsparungen priorisieren: Was ist schnell erreichbar und wo sind die Lösungen vielleicht etwas komplexer; natürlich auch in Abhängigkeit vom gegebenen Budget.
Und was folgt, wenn das alles erfasst ist?
Dann empfehlen wir ganz konkrete Maßnahmen, wie die Emissionen zu reduzieren sind. Das kann ein Wechsel etwa der Wärmeversorgung sein, die Absenkung der Systemtemperatur, die interne oder externe Nutzung von Abwärme aus der Produktion oder die Nutzung innovativer Ansätze wie die „Mobilmachung von Abwärme“ mit einem Kraftblockwärmespeicher. Man kann aber auch bei einem energieintensiven Bereich wie der Druckluftbereitstellung ansetzen. Wenn man hier regenerativen Strom nutzt, lassen sich Emissionen schlagartig reduzieren. Es gilt: In jedem einzelnen erfassten Teilbereich muss individuell abgewogen werden, welche Maßnahme wirtschaftlich vertretbar umgesetzt werden soll. Und dafür steht eine wirklich breite Palette an Maßnahmen und Technologien zur Verfügung.
Sie bieten als Steag ja solche Konzepte inklusive der Umsetzung an. Wie muss man sich Ihre Zusammenarbeit mit den Kunden vorstellen, die CO2-neutral werden wollen?
Das kann sehr unterschiedlich sein. Es gibt den reinen Studiencharakter wie Konzepterstellung inklusive Maßnahmenempfehlung. Wir setzen aber auch gezielt auf langjährige Partnerschaften. Der Weg zur CO2-Neutralität ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Nur so kann auch das Vertrauen der Kunden zu uns wachsen. Und erst dann sind wir wirklich in der Lage, gerade in der energieintensiven Produktion gezielte Maßnahmen zu implementieren. Denn die Produktion ist ja zurecht die Herzkammer jedes Unternehmens. Und da lassen die Unternehmer nur ungern Fremde reinschauen oder gar eingreifen.
Wie erleben Sie solche Zusammenarbeit und die Motivation der Unternehmen?
Generell muss ja jedes Unternehmen bis 2045 klimaneutral sein. Es gibt aber auch Unternehmer, die dies schon 2030 sein wollen. Hier wird also schon von der Unternehmensführung vorgelebt, wie Klimaneutralität und Nachhaltigkeit gehen und dafür werden auch eigene, ganz konkrete Vorstellungen entwickelt. Das strahlt natürlich auf die Mitarbeiter aus und erleichtert unsere Arbeit.