Interview hybride Umrichter „Hybride Umrichter sind entscheidende Bausteine im Gesamtsystem“

Bild: Jessica Schuster, Energy 4.0
13.06.2017

Flexible Umrichter helfen bei der Dezentralisierung der Energiewirtschaft und somit bei der Energiewende. Wie, verrät Robert Hünig, Produktmanager Sinacon HC bei Siemens, im Energy-Interview.

Energy 4.0:

Herr Hünig, bitte erklären Sie kurz Ihr Produkt.

Robert Hünig:

Der Sinacon Hybrid Converter ist ein Umrichter für Netzapplikationen mit der Möglichkeit, mehrere DC-Eingänge voneinander unabhängig zu regeln und damit unterschiedliche Energiequellen an das Netz anzubinden.

Alle sprechen von Komplettlösungen – wieso bieten Sie „nur“ ein Produkt an?

Unser Kerngeschäft ist das Produktgeschäft, speziell mit Umrichtern. Dort haben wir über Jahrzehnte hinweg unser Know-how ursprünglich aus der Antriebstechnik geschöpft, wobei wir hier nicht einfach nur den Motor weglassen, sondern einen ganz neuen Weg mit dem Hybridumrichter für Netzapplikationen gehen. Damit geben wir unseren Kunden wie auch Neukunden eine flexible Möglichkeit, eigene Lösungen zur erstellen und sind ein zuverlässiger Partner.

Der Umrichter speichert und speist. Wie ist das zu verstehen?

Der Umrichter ist das Verbindungsstück zwischen Netz und Speicher, das heißt, dass über ihn Energie in das Netz gespeist oder durch ihn überschüssige Energie in den Speicher geladen werden kann.

Ist er auch inselnetzfähig, also Stichwort Microgrid?

Ja, er kann sowohl vollständig unabhängige Inselnetze von einer Batterie aus hochfahren und erzeugen, als auch diese an öffentliche Netze anbinden. Wir sehen dies als Grundvoraussetzung für eine Energiewende.

Für welche Anwendungen ist das Produkt gedacht?

Wir sprechen gezielt Systemintegratoren an, die nach neuen Konzepten mit stationären Energiespeichern suchen. Dies kann PV in Kombination mit unterschiedlichen Batterietypen sein. Oder reine Batteriespeicher, Supercaps oder Brennstoffzellen. Netzkopplung ist ebenfalls möglich und ein Zukunftstrend sind sicherlich Inselnetze, die durch den Einsatz von Batteriespeichern und erneuerbaren Energien neu betrachtet werden müssen. Für unsere Umrichter bedienen wir uns aus einem Baukasten basierend aus Funktionsblöcken, die wir zu anschlussfertigen Schränken in Standardvarianten ausbauen.

Welche Leistungsbereiche deckt der Umrichter ab?

Das sind aktuell drei Leistungsstufen 250, 500 und 1000 kW. An weiteren wird gearbeitet. Bei den Eingängen sind wir sehr flexibel, gerade was die Anzahl der Eingänge oder deren Leistung betrifft.

Welche Vorteile entstehen daraus?

Eine immer wiederkehrende Gleichteiligkeit schafft Effizienz über den kompletten Lebenszyklus von der Fertigung über die Auslegung bis hin zum Service. Dazu kommt der Freiheitsgrad in der Anwendung durch die Kombination aus dem Baukasten sowie den flexiblen Eigenschaften. Diese sind zum Beispiel der weite DC-Spannungsbereich von 100 bis 1150 V, damit kann jede Art von Batterie beziehungsweise Energiespeicher betrieben werden oder der geschlossene Kühlkreislauf mit Luft-Wasser-Wärmetauscher, um Wartungsintervalle zu minimieren.

Ist Ihr Produkt eine Lösung für die zunehmende Dezentralisierung des Energiemarkts?

Genau das ist der Punkt. Der Energiemarkt befindet sich im Wandel und wir bieten vor allem eine flexible Lösung für den sich entwickelnden Markt. Aktuell sind es Systeme mit PV oder Windanlagen, die durch die Kombination mit Speichern neue Betreibermodelle bieten. Häufig werden diese Energiequellen am öffentlichen Netz betrieben. Zukünftig sehen wir das Thema Microgird als Trend, der sich durch den gemeinsamen Zentralwechselrichter auch beherrschen lässt.

Netzstabilität ist ein wichtiger Punkt, richtig?

Hier sehen wir zwei Themen. Zum einen das Stützen des öffentlichen Netzes mit Speichern. Hier können mit einem Hybridumrichter sogar PV-Anlagen in Verbindung mit Speichern an der Netzstützung teilnehmen und Netzstabilität gewährleisten. Ein weiterer Punkt ist, dass sich Verbraucher zunehmend autark versorgen mit netzgekoppelten Micro­grids. Damit sind sie vor allem unabhängig vom öffentlichen Netz. Für Produktionsbetriebe in Ländern mit schwachen Netzen ist das ein entschiedener Vorteil.

Welches ist das Herzstück des Umrichters?

Nun, das Herzstück ist sicherlich der Controller. Hier läuft alles an einem Punkt zusammen, egal wie viele Eingänge vorhanden sind oder ob der Betrieb am öffentlichen Netz mit Grid-Code-Zertifikaten oder im Inselnetzbetrieb hängt. Hier setzen wir ebenfalls auf Flexibilität mit der Industrie-PC-basierten Simotion-Steuerung, die sowohl die performante Netzregelung, wie auch das Einlesen von Peripherie übernimmt und einen Webserver für Remoteaccess mitbringt.

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