Customer-Relationship-Management Anfragen und Beschwerden im Griff

Von den Kundendaten zum Prozess: In Abhängigkeit von der Priorität wird das Fälligkeitsdatum errechnet. Möglich ist auch die Zuordnung eines Bearbeiters oder einer Gruppe.

Bild: Cortility
29.08.2016

Für Stadtwerke ist der Kontakt mit den Kunden ein Hebel, um sich aus dem Preiswettbewerb zu befreien. Customer-Relationship-Management-Systeme können hier die Kontaktqualität verbessern. Doch sind diese oft aufwändig. Eine schlankere Lösung nutzt nun SAP IS-U als Basis.

Für einen Lieferantenwechsel sind zusätzlich zum Preis auch Anfragen und Beschwerden relevant. Denn häufig entscheidet die Reaktion des Energieversorgers, ob der Kunde treu bleibt oder für Angebote eines anderen Lieferanten empfänglich ist. Aus diesem Grund kommt der Kontaktqualität eine strategische Bedeutung zu.

Der ökonomische Druck auf Energieversorger führt zugleich dazu, dass der Kundenservice zunehmend nicht nur unter Qualitäts-, sondern auch unter Kosten- und Effizienzgesichtspunkten bewertet wird. Im Privatkundengeschäft kommen daher auch kleine und mittelgroße Energieversorger an einer IT-Unterstützung beim Kontakt- und Beschwerdemanagement nicht vorbei, wollen sie langfristig marktfähig bleiben.

Kontaktmanagement auf Basis von SAP IS-U

Trotz dieser eindeutigen Ausgangslage ist ein klassisches IT-System zum Customer Relationship Management (CRM) im Privatkundengeschäft für viele Stadtwerke keine Lösung. Der Aufwand für ein komplexes IT-Projekt und die substanziellen finanziellen Investitionen – die durchaus einen sechsstelligen Euro-Betrag erreichen können – passen oft nicht in die Planung. Als Ausweg aus dieser Zwickmühle hat der SAP-Partner Cortility eine Lösung entwickelt, die auf SAP IS-U (SAP Industry Solution for Utilities) basiert. Dabei geht es nicht darum, ein CRM-light zu etablieren, sondern einen Weg zu finden, der zu den Anforderungen von kleinen und mittelgroßen Energieversorgern passt.

Die Datenmodelle von CRM-Systemen sind besonders auf Vertriebskampagnen ausgerichtet. Der Kern von SAP IS-U ist hingegen die Bearbeitung und Bereitstellung von Kundendaten. Dabei ist jedoch die Kontaktverwaltung in der Grundausstattung von SAP IS-U zu einfach gestrickt. Dort lassen sich weder der Status der Bearbeitung erkennen noch ein Vorgang an einen anderen Bearbeiter weiterleiten. Für ein wirkungsvolles Kontakt- und Beschwerdemanagement müssen daher Angaben zum Grund der Kontaktaufnahme, zur Zuständigkeit, zum Status, zur Fälligkeit und zur Priorität implementiert werden.

IS-U als Basis für das Kontaktmanagement hat in der von Cortility vorgestellten Form den Vorteil, schlank, schnell und im SAP-Standard zu arbeiten. Die Bausteine der Lösung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: SAP BPEM (Business Process Exception Management) erweitert den statischen Blick auf die Kundenhistorie im IS-U zu einem aktiven Prozessschritt. Es gibt eine Integration in das Customer Interaction Center (CIC). Kontakte und Beschwerden werden dem Geschäftspartner und dem Vertragskonto zugeordnet. Es gibt zwei Offene-Posten-Listen für das Tagesgeschäft (Workitem Inbox und BPEM-Fälle). Das Monitoring erfolgt im SAP-Standard (EMMACLS). Es ist daher kein separates Auswertungstool notwendig. Zusätzlich zeigt ein Übersichtsmonitor mit Ampel dem Anwender den Status von Kontakt- und Beschwerdefällen.

Die Basis-Lösung umfasst zum einen das Beschwerdemanagement und Kundenkontaktverarbeitungsprozesse und zum anderen Rechnungsstornoprozesse (Workflow). Außerdem gehören die MS-Word-Integration und die Archivierung der Dokumentation dazu. Da der SAP-Standard genutzt wird, ist insgesamt eine leichte Datenpflege garantiert. Das System ermöglicht die Implementierung und Pflege in vorhandenen IS-U-Mandanten. Darüber hinaus ist auch die Auswertung mit SAP BW möglich.

Lösung Team-übergreifend erarbeiten

Die Stadtwerke Gießen (SWG) waren Pilotkunde für das auf SAP IS-U basierende Kontakt- und Beschwerdemanagement. Laut Thomas Jaeckel, zuständig für die SAP-Betreuung im Kunden-Services und Mitglied des Projektteams bei den SWG, kristallisierten sich in der Vorbereitung fünf zentrale Fragen und Strategien heraus, um das Projekt zielführend anzugehen: Für die Planung ist es wichtig, genau zu wissen, wo es hingehen soll. Mitarbeiter sollten früh informiert und emotional eingebunden sowie intensiv geschult werden. Zudem muss der Rahmen des Projekts definiert werden, das heißt, Kernpunkte müssen komplett erarbeitet und nicht im Projekt ausgeweitet werden. Für die Akzeptanz müssen alle das Projekt wollen, vom betroffenen Mitarbeiter bis zur Rückendeckung von der Geschäftsführung. Zum Schluss muss jemand entscheiden, welcher von mehreren denkbaren Wegen gegangen werden soll.

Wie Antje Kärchner vom Kundenbeziehungsmanagement der SWG berichtet, kamen vom Unternehmen die Anforderungen, die tatsächlich im Tagesgeschäft benötigt wurden. Außerdem stellte der Kunde die Grundlagen für ein erfolgreiches Kontakt- und Beschwerdemanagement und das Feedback der Mitarbeiter, die mit diesem arbeiten sollten, zur Verfügung. Die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit des Kundenservices und des Marketings war hier der Schlüssel zum Erfolg. Die Entwicklung war bei den Stadtwerken Gießen nicht in einem IT-Projekt gebündelt, sondern als gemeinsames Projekt definiert. Die späteren Nutzer sollten die fachliche Ausgestaltung prägen und sich frühzeitig mit der neuen Lösung identifizieren.

Um das umzusetzen, waren im Vorfeld viele Fragen zu klären: Eine umfassende Lösung für jeden Kundenkontakt führt ebenso zur Überorganisation wie der Versuch, jede Bearbeitungsvariante in der Software abzubilden. Es musste etwa festgelegt werden, was ein Kontakt ist und was eine Beschwerde. Zudem wurde erarbeitet, welche Informationen für eine effiziente Kontakt- und Beschwerdebearbeitung benötigt werden. Von Bedeutung war auch, wie Kontakt- und Beschwerdedaten sinnvoll dargestellt werden können. Außerdem wurde untersucht, wie Kontakte einem Vertragskonto und/oder einem Geschäftspartner zugeordnet werden können. Es galt weiterhin zu klären, wie man man einen schnellen Überblick über seine kritischen oder sensiblen Kontakte erhalten kann. Das Team analysierte auch, wie die entsprechenden Kontakte an den zuständigen Mitarbeiter oder die zuständige Gruppe weitergeleitet werden können. Schließlich musste noch geklärt werden, welche Workflows bereits vorhanden sind und welche Prozesse berührt werden. Darüber hinaus war es wichtig festzustellen, welche Mitarbeiter keinen Zugriff auf SAP-Daten haben.

Die Mitarbeiter im Kunden-Service wissen am besten, was sie beim Arbeiten behindert und was sie unterstützen kann. Daher ist es wichtig, diese Erkenntnisse frühzeitig mit einzubeziehen. Allerdings muss das Projektteam dann auch zwischen den must haves und nice to haves unterscheiden, damit der vorgegebene Kostenrahmen eingehalten wird. Ebenso ist bei einem solchen Projekt klar, dass nicht jede individuelle Lösung Bestand haben kann. Um einen Kontakt anzulegen gibt es verschiedene Wege – Ziel ist jedoch, einen für alle Bearbeiter gültigen zu bestimmen.

Akzeptanz führt zu nutzbaren Daten

Diese Standardisierung von Workflows führte zu einer definierten Qualität und zu einer insgesamt besseren Datenlage. Eine entscheidende Frage für die Akzeptanz und die Kontaktqualität ist, wie umfangreich die jeweiligen Masken sein sollen. Die Grundlage für die Zufriedenheit der Mitarbeiter besteht dabei in einer übersichtlichen Erfassungsoberfläche, in der die Daten schnell und in einer sinnvollen Reihenfolge eingegeben werden können. Zu viel eingerichtete Felder stehen dieser Forderung entgegen, zu wenig Felder erschweren die Bearbeitung und auch die strukturierte Auswertung. Wichtig war es daher, in der Ausführung den richtigen Mittelweg zu finden.

Viele CRM-Projekte scheitern mittelfristig, da die Nutzer die Kundendaten nicht wie vorgesehen einpflegen oder die Systeme sogar umgehen. Das ist die Erfahrung von Cortility aus vielen Projekten. Für den Ettlinger SAP-Partner und Beratungsdienstleister gehörte daher eine intensive der Schulung der Mitarbeiter zwingend zum Projekt. Fast 100 Mitarbeiter nahmen an den Schulungen teil; die Schulungen erfolgten meist in Zehner-Gruppen. Als einen weiteren Grund für die gute Akzeptanz bei den Mitarbeitern sieht das Projektteam, dass im Projekt immer wieder Anregungen von Kollegen aufgenommen wurden.

Von zentraler Bedeutung ist auch, dass die Kontakt- und Beschwerdegründe richtig strukturiert werden. Ebenso führt die Vorgabe von nachvollziehbaren Klassen dazu, dass die Mitarbeiter in den Fachabteilungen das System akzeptieren. Bei den Beschwerdegründen gilt es immer, die goldene Mitte zu finden: Gibt es zu wenige, sind teilautomatisierte Workflows bei der Bearbeitung und Auswertung kaum möglich. Gibt es zu viele Gründe, ist der Anwender im Tagesgeschäft schnell überfordert.

Auch Netzbetreiber können profitieren

Zwar geht der Wunsch nach einem IT-gestützten Kontakt- und Beschwerdemanagement meist von den Energievertrieben aus, da hier die meisten Kontakte auflaufen. Jedoch kommen kommunikative Aufgaben auch immer mehr auf die Netzbetreiber zu. Dabei hat Cortility die Erfahrung gemacht, dass klassische CRM-Systeme für Netzbetreiber meist ein Overkill sind. Da auch bei ihnen SAP IS-U im Einsatz ist, bietet sich auch hier das oben vorgestellte Kontakt- und Beschwerdemanagement an. Darüber hinaus ist die Lösung unbundling-konform, sodass sie im Rahmen von Shared Services eingesetzt werden kann.

Bildergalerie

  • Kontakt- und Beschwerdemanagement: Eingabe eines Kontaktes oder einer Beschwerde in der Lösung auf SAP IS-U-Basis

    Kontakt- und Beschwerdemanagement: Eingabe eines Kontaktes oder einer Beschwerde in der Lösung auf SAP IS-U-Basis

    Bild: Cortility

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel