Die Elektromobilität wird in Deutschland einen Schub erhalten – davon geht Prof. Dr. Werner Tillmetz aus. Der Vorstand des Zentrums für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) war am 18. Juni unser Gastgeber im Weiterbildungszentrum für innovative Energietechnologien in Ulm. Das Interesse der Automobilindustrie steige unter anderem, weil sich das Limit von 95 g/km im Flottendurchschnitt nicht allein mit Verbrennungsmotoren erreichen lasse. Bei der Entwicklung von Automotive-Batterien in Li-Ionen-Technik stehe man jedoch „ganz am Anfang“, so der ZSW-Chef. Batteriezellen mit 660 Wh/l, die mit einer Reichweite von rund 460 km überzeugen könnten, seien wohl erst nach 2020 zu erreichen.
Zukunft Brennstoffzellen
Die Japaner setzen indes auf Brennstoffzellenantrieb – etwa beim Toyota Mirai. Die Wasserstoff-Technologie fördern will auch die Deutsche Regierung: Es ist geplant, bis 2025 500 H2-Tankstellen einzurichten. Aber auch für stationäre Anwendungen sind Brennstoffzellen zunehmend gefragt. In Japan sind bereits 100.000 Heizungen installiert und in den USA wird die dezentrale industrielle Stromerzeugung mit Hilfe von Brennstoffzellen immer beliebter. Ein weiteres Beispiel sind sicherheitsrelevante Anwendungen: Neue Systeme zur Notstromversorgung sollen einen Wirkungsgrad von bis zu 56 Prozent erreichen, in wenigen Sekunden Leistung liefern und über viele Stunden sicher laufen – bei geringeren Wartungskosten als Dieselgeneratoren.
Batteriezellen aus Deutschland?
Im ZSW-Labor lassen sich nicht nur Batterien analysieren und testen, hier wird auch die Produktion von Zellen untersucht. Obwohl die Lithium-Ionen-Technik in Deutschland erfunden wurde, werden hier zwar Batterien gefertigt, die Zellen kommen aber aus Asien. Die Voraussetzungen seien bei uns zwar durchaus vorhanden, so Prof. Tillmetz, es fehle jedoch an Erfahrung. Die Funktion des Labors liegt laut Tillmetz darin, alle Schritte der Herstellung unter realistischen Bedingungen zu studieren: „Da muss man einfach mal anfangen!“
Die Aufforderung scheint zu wirken, denn die Politik zeigt ein zunehmendes Interesse, die Zellfertigung wieder in Deutschland anzusiedeln. Während aber in den USA Tesla für die Gigafactory Milliarden locker macht, ist derzeit nicht zu sehen, wer in Deutschland die nötigen Investitionen aufbringen würde.
Auf dem Weg zur Stromautarkie
Von einem Modellprojekt zur Stromautarkie berichtete Oliver Seeger von ADS-Tec bei der Energy 2.0-OnTour. In Weinsberg beziehen 23 Haushalte seit 2014 nur noch 3 Prozent Strom aus dem Netz. Zu 97 Prozent Autarkie verhilft ihnen unter anderem ein Batteriespeicher, der den Strom aus Solaranlagen und einem Blockheizkraftwerk (BHKW) puffert.
Neue Abrechnungsmodelle testet das Strombank-Projekt mit MVV Energie. Hier nutzen mehrere Haushalte eine Batterie wie ein Bankkonto: Die eigenproduzierte, aber selbst nicht verbrauchte Energie wird gespeichert oder anderen zur Verfügung gestellt.
Die PV-Einspeisung können Batterien künftig netzdienlicher gestalten, indem sie etwa die Erzeugungsspitzen absenken. Das ZSW entwickelt dafür Algorithmen, die Lade- und Verbrauchsfahrpläne, Speicher und Lasten optimal steuern können. In einem weiteren Projekt wird das intelligente Lastmanagement auf ein virtuelles Kraftwerk übertragen. Dabei werden Eigenstromnutzung und netzdienliche Kooperationen so optimiert, dass sie sich nicht in die Quere kommen.
Intelligente Regelung dezentraler Anlagen
Lastspitzen zu kappen, um höhere Stromtarife zu vermeiden, sei heute nicht mehr unbedingt sinnvoll, erläuterte Prof. Dr. Georg Kleiser von der Hochschule Ulm den Experten des Leserkreises. Er erforscht das Thema „Versorgungssicherheit und Netzstabilität durch intelligente Regelung dezentraler Anlagen“. Heute könne es sinnvoll sein, die Last zu steigern, um damit etwa die Mittagsspitze aufzufangen.
Mit der Frage, wie sich Sonnenstrom mit Hilfe von Speichern ins Verteilnetz integrieren und der lokale Verbrauch optimieren lässt, beschäftigt sich am ZSW Dr. Jann Binder. Damit sich PV-Anlagen bei fallenden Einspeisetarifen amortisieren, wird der Eigenverbrauch immer wichtiger und lässt sich mit Batterien optimieren.
Gleichstrom-Kopplung von Batterien
Wie sich das Zusammenspiel von erneuerbaren Energien und Speichern mit Gleichstrom-Netzen optimieren lässt, war Thema von Dr. Thomas Aigle. „Technik und Praxiserfahrungen sind vorhanden“, sagte er. Die Herausforderung sei, die optimale Betriebsstrategie, Steuer- und Regelkonzepte zu entwickeln. Auch praktische Lösungen, etwa für die interne Abrechnung bei Quartiersspeicherlösungen, seien wichtig.
Zu einem Leuchtturmprojekt für gebäudeintegrierte Systeme soll der Wohn- und Gewerbeturm „Smart Green Tower“ in Freiburg werden. Das Konzept basiert auf einer DC-Kopplung des hocheffizienten Li-Ionen-Speichers mit der PV-Anlage. Verbrauchergruppen sind über ein Energiemanagementsystem integriert. Damit soll ein besonders hoher solarer Deckungsgrad erreicht werden. Solche intelligent vernetzten „Smart Energy Buildings“ sollen künftig zu neuartigen Stadtteilkonzepten verbunden werden.
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