Verwertung von Biomasse Wie aus Reisschalen saubere Energie wird

Blick in eine indonesische Reismühle: Der Inselstaat ist mit über 70 Millionen Tonnen pro Jahr einer der größten Reisproduzenten der Welt.

Bild: Fraunhofer Umsicht
10.08.2020

Reis ist das wichtigste Grundnahrungsmittel weltweit. Doch gerade die Produktion ist mit hohem Energieaufwand und negativen Umweltauswirkungen verbunden. Forschende arbeiten nun an einer vielversprechenden Alternative: Statt Dieselgeneratoren wollen sie Reisschalen zur dezentralen Stromerzeugung verwenden.

Weltweit fallen bei der Produktion von Nahrungsmitteln Unmengen an Biomasse als Abfallprodukt an. Viele dieser Produkte könnten jedoch durch eine intelligente Kreislaufwirtschaft verwertet werden. Hierfür braucht es neben Know-how wirtschaftlich tragfähige Prozesse und neue Verfahren in der Agrar- und Nahrungsmittelindustrie.

Das internationale Projekt Care adressiert die landwirtschaftliche Kreislaufführung in Indonesien. Ziel ist es, die dortige Elektrifizierung nachhaltiger zu gestalten. Denn aktuell wird der Strom in ländlichen Gebieten des Inselstaats oft durch Dieselgeneratoren erzeugt.

„Das liegt zum einen an den geografischen Gegebenheiten – weitverzweigte Stromnetze sind die Ausnahme“, erklärt Dr. Esther Stahl aus der Abteilung Verfahrenstechnik am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht. „Zum anderen lassen sich Dieselgeneratoren kurzfristig und nach Bedarf in Betrieb nehmen.“ Dem gegenüber stehen jedoch die hohen Treibstoffkosten und jährlich etwa 4,6 Millionen Tonnen CO2, die alleine durch diese Art der Stromerzeugung in Indonesien freigesetzt werden.

Riesige Mengen Biomasse ungenutzt

Gleichzeitig ist Indonesien mit über 70 Millionen Tonnen pro Jahr einer der größten Reisproduzenten der Welt. Hierbei entstehen nach Schätzungen von Experten bis zu zwölf Millionen Tonnen organische Abfälle mit hohem Heizwert und niedrigem Feuchtegehalt – ideale Energielieferanten, die bisher ungenutzt sind.

Hier setzen die Forschenden des Fraunhofer Umsicht an, indem sie nachhaltige Verwertungspfade für Reisschalen entwickeln. Genauer gesagt wollen sie die Stromversorgung von Reismühlen klimafreundlicher gestalten.

Die Reisschalen sollen dazu vor Ort pelletiert und in speziellen Biomassevergasern als Brennstoff genutzt werden. Das erzeugte Gas kann dann große Teile des bisher verwendeten Diesels als Energielieferant für die Stromerzeugung ersetzen. Durch das Kompaktieren und Hinzufügen geeigneter Additive zur Erhöhung des Asche-Schmelzpunkts und der mechanischen Stabilität werden die Reisschalen zu einem wertvollen Rohstoff. „Wir gehen davon aus, dass ein Viertel aller Dieselgeneratoren des Landes mit der Technologie ergänzt werden kann“, sagt Stahl.

Auch für weitere Länder geeignet

Aber nicht nur Indonesien soll vom Care-Projekt profitieren: Neben weiteren Reisanbaugebieten, etwa in Italien, Spanien oder Frankreich, ließe sich die Technologie auch auf Biomasseströme wie Blätter oder Einstreumaterialien übertragen. Care soll somit einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasen liefern und die UN-Nachhaltigkeitsziele unterstützen.

Die Entwicklung des technischen Verfahrens ist der eine Teil des Vorhabens. Parallel entwickelt das Projektkonsortium geeignete Geschäftsmodelle und berücksichtigt die Akzeptanz der Technologie in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Stahl: „Wir blicken detailliert auf die jeweiligen Rahmenbedingungen, vom Potenzial des Rohstoffs Reisschale über regionale Vorschriften und die Infrastruktur bis zur Finanzierung. So können wir eine langfristige Rentabilität des Verfahrens sicherstellen.“

Das Projekt Care (Towards Circular Indonesian AgricultuRE) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms Bioeconomy International gefördert. Beteiligt sind das Institut Teknologi Sepuluh Nopember (Surabaya, Indonesien), die Firma MicroEnergy International (Berlin), das Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW (Leipzig) und das Fraunhofer Umsicht (Oberhausen).

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