Mit hochkomplexen Prozessschritten, langen Entwicklungsphasen und teuren Wirkstoffe ist die Produktion von Pharmazeutika ein kostenintensives Unterfangen. Die pharmazeutische Industrie hat darüber hinaus den Ruf, dem Energieverbrauch eine niedrigere Priorität einzuräumen und aufgrund der regulatorischen Komplexität umweltfreundlichere Produktionsalternativen eher spät zu adaptieren. Doch auch die Pharmabranche ist nicht vor steigenden Energiekosten oder höheren gesetzgeberischen Anforderungen gefeit. Gleichzeitig hat die Produktion hochwirksamer Pharmazeutika stark zugenommen und erfordert ein Höchstmaß an Sicherheitsvorkehrungen sämtlicher Produktionsprozessschritte. Richtlinien für die gute Herstellungspraxis (GMP) [1] verlangen zum Teil speziell dafür vorgesehene Produktionsstätten, die das Risiko der Kreuzkontamination minimieren.
Barrieresysteme
Sowohl Rabs (Restricted Access Barrier Systeme) als auch Isolatoren sind dazu geeignet, Produktkontamination zu verhindern. Rabs bilden eine physische Barriere zwischen Bedienerumgebung und Produktionsbereich, welcher mit einem festen Maschinengehäuse, sicherheitsverriegelten Türen und Handschuheingriffen ausgestattet ist [2]. Je nach Belüftungsart lassen sich Rabs in aktive und passive Systeme unterteilen. Aktive Rabs haben eine in sich geschlossene Lüftungstechnik, während passive Rabs mit der Decke eines Reinraums der Klasse B (ISO 7) verbunden sind.
Ein Isolator hingegen bildet ein hermetisch geschlossenes System, bei dem Bediener und Prozessbereich vollständig voneinander getrennt sind. Da sich die Türen während der laufenden Produktion nicht öffnen lassen, können Isolatoren im Umfeld eines Reinraums der Klasse D (ISO 8) betrieben werden. Darüber hinaus verfügen sie über ein System für einen automatischen Bio-Dekontaminationszyklus sowie eine Luftaufbereitung. Letztere sorgt einerseits für einen ausreichenden Luftaustausch und die Temperaturkontrolle durch Heizen oder Kühlen, andererseits für die durchgängige Überdruckkontrolle des Prozessbereichs, was das Eindringen verunreinigter Luft verhindert.
Bis zu 65 Prozent Energie einsparen
Hinsichtlich ihres Energieverbrauchs besteht der Hauptunterschied zwischen Rabs und Isolatoren im Platzbedarf und in der Klassifizierung des umgebenden Reinraums: Isolatorsysteme können in Europa in einem Reinraum der Klasse D betrieben werden, während Rabs einen sie umgebenden Reinraum der Klasse B benötigen. Rabs weisen in der Regel eine einfache Frischluftpassage auf und benötigen zusätzlichen Platz für Luftschleusen und Umkleideräume.
Isolatorsysteme lassen sich auf unterschiedliche Arten in die Gebäudetechnik integrieren. Mit einem System, das die Prozessluft durch Luft aus dem angrenzenden Raum aufbereitet, kann ein Isolator je nach Ein- und Ausspeisung der Luft bis zu 65 Prozent Energie einsparen [3].
Die Hauptursachen des Energieverbrauchs von Barrieresystemen sind Heiß- und Kaltwasser sowie Dampf und Elektrizität. Kaltwasser spielt eine wesentliche Rolle bei der Außenluftkühlung und bei der Entfeuchtung. Die Befeuchtung hingegen erfolgt mithilfe von Reinstdampf. Elektrische Energie wird beispielsweise für das Heizen und Trocknen von Außenluft und für den Betrieb der Ventilatoren benötigt.
In Abhängigkeit von den individuellen Parametern kann der Energieverbrauch von aktiven Rabs um beinahe ein Drittel geringer ausfallen als bei passiven Rabs. Während passive Rabs komplett mit frischer, vorher aufbereiteter Luft versorgt werden, nutzen aktive Rabs aufbereitete Luft aus dem Reinraum. Bei gleichen Lüftungsbedingungen im Prozessraum weisen passive Rabs einen höheren Aufwand an Frischluftaufbereitung auf. Damit lässt sich bei aktiven Rabs Dampf und elektrische Energie einsparen, die jeweils für die Befeuchtung und die Aufbereitung der Außenluft benötigt würden.
Je nach Konfiguration der Luftaufbereitung verbrauchen Isolatorsysteme unterschiedliche Mengen an Energie für gekühltes Wasser, Heißwasser, Reinstdampf und Elektrizität. System A liefert vorher aufbereitete Zuluft an die Aufbereitungseinheit, die die Luftparameter exakt an die Prozessanforderungen anpasst. Während System A die Abluft nach Außen ausspeist, nutzt System B sie erneut für die Prozessaufbereitung während der Produktion. System C hingegen entnimmt Luft aus dem Umfeld des Reinraums und recycelt diese, beziehungsweise speist sie während der Bio-Dekontamination aus [4].
Luftaufbereitung verbraucht viel Energie
Die vorangegangenen Vergleiche zeigen, dass die in die Gebäudetechnik integrierte Luftaufbereitung eine Schlüsselrolle bei der Analyse der Energieeffizienz einnimmt. Mittels Filtrierung kontrollieren Luftaufbereitungssysteme die Anzahl an Partikeln und Keimen. Durch den Ausgleich des Druckunterschieds zwischen den unterschiedlichen Reinräumen und Abfülllinien lässt sich verhindern, dass Partikel, Bakterien oder verunreinigte Luft durch minimale Lecks in den Prozessbereich gelangen. Zu den am häufigsten genutzten Luftaufbereitungssystemen zählt die zentrale Aufbereitung mit Um- beziehungsweise Mischluft [5], die mit dem Grundaufbau von Barrieresystemen gemäß dem ISPE-Leitfaden (International Society for Pharmaceutical Engineering) für gute Herstellungspraxis [6] übereinstimmt. Dieses System kommt insbesondere für die Versorgung mehrerer Barrieresysteme in Betracht. Die Zu- und Mischluft fließt durch alle Komponenten der Belüftungseinheit wie Mischkammer, Filter, Heizer, Kühler und Befeuchter.
Passive Rabs haben keine Belüftungsausrüstung, sondern werden über die Decke des Reinraums mit Luft versorgt und über die Gebäudetechnik aufbereitet. Aktive Rabs hingegen besitzen eine eigene Luft- und Filtervorrichtung und beziehen Luft direkt aus dem Reinraum. Die UDAF-Ventilatoren sind unabhängig von der Reinraumbelüftung und werden direkt auf dem Prozessbereich des Rabs platziert.
Isolatoren verfügen über ein gesondertes System mit eigenen Umluftleitungen für die Aufbereitung und Filtration von Außenluft; der UDAF von Isolatoren ähnelt dem der Rabs. Isolatoren sind gemeinhin mit einer eigenen Prozessluftaufbereitung ausgerüstet, die Wärmebelastungen im Inneren kompensiert und den speziellen Luftanforderungen der Bio-Dekontamination entspricht. Je nachdem, welches Isolatorsystem genutzt wird, kann die Prozessluftaufbereitung einerseits durch eine zusätzliche äußere Belüftungseinheit versorgt werden, während die Abluft nach Außen ausgespeist wird. Andererseits kann die Prozessluftaufbereitung aber auch nur die Menge an Luft ausspeisen, die für eine festgelegte Anzahl an Luftwechseln sowie für die Druckkontrolle innerhalb des Isolators über ein Abluftgebläse nötig ist.
Bedeutsame Investitionsentscheidungen
Bei der energetischen Berechnung von Barrieresystemen muss darüber hinaus eine Reihe vorher festgelegter Parameter in Betracht gezogen werden. Dazu zählen Raumgröße, Luftwechselrate, Frischluftvolumen, regulierte und unregulierte Reinraumtemperatur, Außenlufttemperatur, Wärmerückgewinnungszyklen und Wärmebelastung. Diese spezifischen Daten können die Ergebnisse maßgeblich beeinflussen und sich je nach lokalem Klima oder saisonalen Temperaturen stark unterscheiden.
Ein Vergleich des Energieverbrauchs unterschiedlicher Barrieresysteme ist somit nur für eine ganz bestimmte Situation möglich. Deshalb sollte auf Grundlage aller relevanten Parameter stets eine Neuberechnung für jeden Vergleich erfolgen. Nur so bietet ein Vergleich eine sinnvolle Herangehensweise, um Energieverbrauch und Investitionsentscheidungen aufeinander abzustimmen – und damit letztlich signifikant bei laufenden Betriebskosten zu sparen.
Weiterführende Informationen
[1] FDA: Guidance for Industry. Sterile Drug Products Produced by Aseptic Processing – Current Good Manufacturing Practice, www.fda.gov/downloads/Drugs/.../Guidances/ucm070342.pdf, September 2004.
[2] Lysfjord, Jack: ISPE Definition: Restricted Access Barrier Systems (RABS) for [3] Aseptic Processing, Pharmaceutical Engineering, Vol. 25, No. 6, 2005, S. 1ff.
[3] Hoffmann, Benjamin; Frank, Katarzyna; Rauschnabel, Johannes: Comparing Energy Consumption of RABS and Isolator Configurations, Pharmaceutical Engineering, 33 No. 6, 2013, S. 70ff.
[4] Weitere Optionen mit katalytischem Recycling bei der Bio-Dekontamination werden hier nicht berücksichtigt. Sie erzielen keine erheblichen Energieeinsparungen, da die Bio-Dekontaminationsphase kurz ist und die erforderliche Entfeuchtung vor dem Recycling ebenfalls Energie verbraucht.
[5] Weitere, von der Pharmaindustrie genutzte Systeme sind: lokale Mischluftsysteme mit zentraler Außenluftaufbereitung, reine Außenluftsysteme, Mischluftsysteme.
[6] ISPE Good Practice Guide – Heating, Ventilation, and Air Conditioning (HVAC), 3.15.4 Isolator Systems.
[7] Für einen detaillierten Vergleich und weiteres Zahlenmaterial siehe: Hoffmann, Benjamin; Frank, Katarzyna; Rauschnabel, Johannes: Comparing Energy Consumption of RABS and Isolator Configurations, Pharmaceutical Engineering 33, No. 6, 2013, S. 70 – 78.