Der Schauplatz: der Keller des Deutschen Museums, ein langer Gang mit vielen Türen. Dahinter werkeln Schreiner, Elektrotechniker, Kirchenmaler, Vergolder. Sie tüfteln an neuen Modellen für das Deutsche Museum, restaurieren Ausstellungsstücke, testen ihre neuen Ideen. Insgesamt 120 Mitarbeiter sind es, die in den 23 museumseigenen Werkstätten tätig sind. Oft arbeiten die Gewerke auch zusammen. So wie bei einem Apparat, der für die neue Ausstellung zur Musik bestimmt ist. Sand wird von einer Art Mühlrad auf eine Metallplatte befördert, ein Lautsprecher versetzt die Platte in Schwingungen, und auf der Platte bilden sich Resonanzmuster. Verändern die Museumsbesucher die Frequenz, verändert sich auch das Muster.
Den Apparat hat Hans Dreyer, Mitarbeiter des Elektroniklabors, gemeinsam mit seinen Kollegen gebaut und dafür Oszilloskope von Rohde & Schwarz genutzt. Im Sommer 2015 hat das Deutsche Museum drei R&S RTM gekauft, als Ersatz für die alten, digitalen Geräte. Gunther Grelczak, Leiter des Elektroniklabors, erzählt: „Die Werkstatt gibt es seit 25 Jahren. In dieser Zeit haben wir schon mit etlichen
Oszilloskopen gearbeitet. Die Komplexität, mit der wir es heute bei der Entwicklungsarbeit für die Demonstrationen zu tun haben, nimmt ständig zu. Es kommen immer mehr digitale Protokolle zum Einsatz.“
Grelczak zeigt auf sein neues Projekt. Es geht um ein weiteres Exponat für die Musikabteilung. Die Kuratorin der Abteilung wollte das Prinzip der Harmonielehre über ein Monochord, das ist ein Ein-Saiten-Instrument, dargestellt haben. Eine Halbwelle stellt dabei die Grundschwingung dar. Halbiert man die Saite, verdoppelt sich die Frequenz und das Instrument spielt eine Oktave höher. Ein Laserstrahl visualisiert den Effekt und zeichnet die Oktave als Welle.
Oszilloskop hilft bei Fehlersuche
Gesteuert wird der Demonstrator über eine CPU. Dieser wollte anfangs nicht funktionieren. Grelczak überprüfte die Kommunikation zwischen der CPU und dem Digital/Analog(D/A)-Wandler, der aus digitalen Spannungswerten das analoge Pendant erzeugt. Mit Hilfe der Protokollanalysefunktion des Geräts R&S RTM konnte der Elektroniklaborleiter die von der CPU versendete Übertragungsrate leicht ermitteln und die Fehlerquelle auf diese Weise ausmachen.
„Die Übertragungsgeschwindigkeit zwischen CPU und D/A-Wandler passte nicht. Ich konnte nichts empfangen, weil auf Senderseite der Zeitabstand nicht richtig eingestellt war. Nachdem ich das angepasst hatte, funktionierte der Demonstrator korrekt“, so Grelczak. Besonders wichtig ist ihm auch, dass das eingesetzte Oszilloskop in der Lage ist, serielle Busse wie SPI und I²C einfach zu triggern und zu dekodieren. Er betont: „Ich will nicht nur den Spannungsverlauf sehen, sondern auch dessen dekodierte Inhalte. Und das Ganze über einen langen Aufzeichnungszeitraum. Für mich ist deshalb ein tiefer Speicher ein wichtiges Merkmal.“ Auch der große Bildschirm ist für Grelczak von Bedeutung. „Das Oszilloskop bietet eine gute Übersichtlichkeit, weil die Fülle der aufgezeichneten Signale klar dargestellt wird.“
Holger Wiegel, sein Kollege im Elektroniklabor, bestätigt das. Er war 2015 vor allem damit beschäftigt, einen
Demonstrator aus der Schifffahrtsausstellung zu erneuern, der einige Jahre nicht im Museum ausgestellt werden konnte. Er zeigt, welche Kräfte bei verschiedenen Systemen von Flaschenzügen auftreten: Zieht der Besucher an einem Seil, vervierfachen zwei Rollen die Kraft. Um den Demonstrator so real wie möglich zu präsentieren, koppelte Wiegel einen industriellen Kraftaufnehmer, der mit einer 4-20-Milliampere-Stromschnittstelle ausgestattet ist, mit einem Mikroprozessor. Für die daran anschließende Aufnahme der Messwerte nutzte er die Messfunktionen des Oszilloskops. „Auch hier waren der tiefe Speicher und der große Bildschirm von Vorteil.“
Da durch die örtlichen Gegebenheiten keine direkte Kabelführung umzusetzen war, musste Wiegel vom Kraftaufnehmer bis zur Anzeige ein Funkmodul einbauen. Für diese Ankopplung der Ausleseeinheit an das Funkmodul war ebenfalls eine digitale Schnittstelle nötig. Um möglichst schnell Daten zu senden, erhöhte der Elektronikexperte die Geschwindigkeit bei der Kommunikation zwischen Funkmodul und
Mikroprozessor. „Für diese Signalauswertung benötigt man ein Oszilloskop, das die Signale wenig beeinflusst und sehr genau darstellt“, erklärt Wiegel. Das Messgerät setzte er dafür ein, Aussetzer und unsaubere Signale zu erkennen und die Geschwindigkeit entsprechend anzupassen.
Screenshots waren gestern
Genutzt wurde das Oszilloskop auch, um die Kommunikation zum Empfängermodul zu messen. Wiegel setzte dafür ein SPI-Bus-System ein und verband es über ein Flachbandkabel. Da er nicht weiter auf die Verlegung geachtet hatte, gab es große Probleme mit Störsignaleinstreuungen. Geholfen hat ihm hier wieder der tiefe Speicher des Oszilloskops. „Ich konnte Signale, die teilweise eine Sekunde lang waren, problemlos aufnehmen, heranzoomen und detailgenau analysieren“, betont Wiegel und fügt hinzu: „Die Protokolldekodierung ist wirklich super. Screenshots und Aufzeichnen waren früher der einzige Weg, um händisch Protokolle zu dekodieren. Heute zeigt mir das Oszilloskop die genauen Werte an.“
Gunther Grelczak runzelt die Stirn. Während er noch letzte Handgriffe am Monochord anlegt, grübelt er schon über sein nächstes Projekt. Ganz neu ist es nicht, es hat ihn in den letzten Monaten immer wieder beschäftigt. Es handelt sich dabei um einen Demonstrator zum autonomen Fahren. Als Herausforderung nennt er Funkübertragung und Ladetechnik. Weil das Auto selbständig fahren und das Aufsichtspersonal nicht ständig eingreifen soll, muss Beides gut funktionieren. Grelczaks Kollege Hans Dreyer nutzte für die Entwicklung der speziellen Ladetechnik ebenfalls das Messgerät. Ein wichtiges Merkmal dabei: Die Gerätekonfiguration für einmal erstellte Messungen lässt sich im Oszilloskop abspeichern und kann selbst nach längerer Zeit unkompliziert abgerufen werden. Grelczaks Resümee: „Das Oszilloskop hat unserer Arbeit einen wichtigen Schub gegeben. Denn meine Energie fließt nun nicht mehr in die Informationsbeschaffung, sondern in deren Verarbeitung. Im Klartext heißt das: Ich muss den Fehler nicht mehr selbst entdecken, er wird mir angezeigt. Ich muss lediglich den Fehler wieder herausprogrammieren.“