Entwicklungs-Tools & Prototyping Europa im Vorteil

Gernot Seeger, Geschäftsführer von Beta Layout

Bild: Beta Layout
09.09.2015

Die Leiterplattenproduktion hat sich in den letzten Jahren stark nach Asien verlagert. Doch Bastionen wie Spezialtechnologien, Kleinserien und Prototypen konnten sich erfolgreich in Europa halten. Gernot Seeger, Geschäftsführer von Beta Layout, hinterfragt das europäische Erfolgskonzept.

Die Idee, Prototypenleiterplatten preisgünstiger zu produzieren, kommt ursprünglich aus Deutschland.

Richtig. Bereits 1994 wurde in Deutschland die Idee, mehrere Kundenaufträge auf einen Nutzen zu bündeln, kommerzialisiert. So erreichte man durch das Sammeln von einzelnen Aufträgen eine drastische Kostensenkung für den Kunden und konnte die Basis für eine günstige Prototypenherstellung schaffen. Die wirtschaftliche PCB-Pool-Produktion war geboren.

Die Leiterplattenproduktion in Deutschland und Europa ist heute generell zu teuer.

Falsch. Das gilt nicht für PCB-Prototypen und Kleinserien sowie Spezialtechnologien. Ingenieure und Entwickler benötigen Prototypen oft sehr kurzfristig. Dabei sind Attribute wie kürzeste Lieferzeiten, hohe Zuverlässigkeit, optimaler Service und bestmögliche Qualität wichtiger als der Preis. Wenn dabei alle gewünschten Services von einem Lieferanten bedient werden können, ist das für den Kunden sehr effektiv. Services wie 1-Tagesproduktion, im Preis enthaltene SMD-Schablonen oder Kontrollmuster, Oberflächenwahl ohne Aufpreis, Online-Auftragsverfolgung, direkter Kundensupport, Akzeptanz von vielen Datenformaten und auch optionale Bestückung werden von asiatischen Herstellern meist nicht angeboten oder scheiden schon aus rein logistischen Gründen aus. Jede Verzögerung in der Entwicklungsphase kostet den Auftraggeber unter Umständen sehr viel Geld!

Die Bestelloptionen bei der Leiterplatten-Pool-Produktion sind stark eingeschränkt.

Richtig. Das so genannte Pooling lohnt sich für den Anbieter nur, wenn er genügend Aufträge gleicher Technologie und Beschaffenheit sammeln kann, um sie dann später gemeinsam auf einem Fertigungsnutzen zu produzieren. Das bezieht sich hauptsächlich auf die Basismaterialstärke, Stopplackfarbe, die Endoberfläche sowie die Positionsdruckfarbe. Technologien wie beispielsweise hochlagige Multilayer, Hochfrequenzmaterialien oder auch Starrflex-Leiterplatten eignen sich demnach nur sehr bedingt zur effektiven Fertigung im Pool.

Um Produktionskosten zu sparen, werden bei der Pool-Produktion die 6-Lagen-Multilayer-Zuschnitte mit 4-Lagen-ML aufgefüllt.

Falsch. Ein Gerücht, das sich leider hartnäckig hält. Die allermeisten Hersteller sichern einen definierten Lagenaufbau zu. Darauf muss sich der Kunde verlassen können, damit es bei speziellen Designs nicht zu Überraschungen kommt. Auch hier gilt Qualität als oberstes Gebot.

Prototypen-Leiterplatten selber zu bestücken ist wirtschaftlich.

Falsch. Seit mehreren Jahren schon bieten einige Hersteller von Leiterplatten-Prototypen die für Entwickler ungeliebte Bestückung mit den oft sehr winzigen elektronischen Bauteilen an. Bei einigen Lieferanten kann die Bestückungsdienstleistung sogar zusammen mit der Leiterplatte online bestellt werden. Das heißt, der Kunde überträgt seine Design-
daten und erhält eine fertige Baugruppe – unproblematischer geht es nicht. Um die kurzfristige Beschaffung der benötigten Bauteile kümmert sich meist der Anbieter. Die Anschaffung von eigenem Equipment zur professionellen Bestückung von Prototypen ist oft unwirtschaftlich. Asiatische Anbieter können den für diese Projekte notwendigen Support nicht anbieten oder haben schlicht zu zeitintensive Transportwege.

Prototypenbestückung kann online zu verbindlichen Festpreisen angeboten werden.

Richtig. Erfahrene Anbieter sind in der Lage, durch Angabe von wenigen Parametern einen verbindlichen Preis für die Prototypenbestückung auszuweisen und somit Online-Bestellungen entgegenzunehmen. Das vereinfacht und verkürzt die Realisationsphase erheblich.

Industrie 4.0 hat nichts mit Leiterplatten zu tun.

Falsch. Die Leiterplatte ist meist die erste Komponente, auf deren Basis dann ein elektronisches Gerät entsteht. Der Ruf nach smarten Objekten, die für das Thema Industrie 4.0 unabdingbar sind, sollte also eigentlich genau hier gehört werden. Eine hierfür prädestinierte Technologie ist UHF-RFID. Schon seit geraumer Zeit stehen zuverlässige Fertigungsverfahren zur Verfügung, die es erlauben, Leiterplatten mit eingebauten passiven RFID-Modulen kostengünstig herzustellen. Diese winzigen Datenträger stellen nicht nur eine weltweit eindeutige ID zur Verfügung, sondern besitzen auch einen beschreibbaren Datenspeicher. Darin lassen sich dann beispielsweise Daten für die Fertigungssteuerung, Logistik oder auch zum Recycling ablegen. Darüber hinaus eignet sich diese Technik auch dazu, um Baugruppen sicher zu kennzeichnen. Durch die eingesetzte Funktechnik ist keine Sichtverbindung zum Objekt notwendig. Auch hier zeigt sich, dass Technologieführerschaft sowie Investitionen in F&E ein wichtiger Bestandteil für den Erfolg europäischer Unternehmen ist.

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