In Deutschland existieren derzeit rund 2050 Rastanlagen, bestehend aus mehr als 1600 Parkplätzen, davon 600 Parkplätze mit WC, und rund 450 bewirtschafteten Tank- und Rastanlagen, eingeschlossen Kioske und Motels. Der Stromverbrauch von Parkplätzen ist relativ gering. Neben Beleuchtungseinrichtungen müssen Pumpen für Wasser und Abwasser betrieben werden.
Der Parkplatz „Auergründel“ an der Autobahn A6 ist einer von vielen Parkplätzen mit eigenem Toilettenhäuschen. An dieser Station kam es vermehrt und wiederholt zu Ausfällen der Frisch- und Abwasserpumpen, die die Autobahndirektion Nordbayern zu permanenten Einsätzen zwang. Die Kosten für die Instandsetzungen der Pumpen sowie die außerplanmäßigen Reinigungen summierten sich in kurzer Zeit auf hohe Beträge. Vor Ort wurde stets die Steuerung der Pumpe zurückgesetzt und der Betrieb konnte wieder fehlerfrei aufgenommen werden. Nachdem sich die Vorfälle häuften, wurden die Hersteller von Frequenzumrichter und Pumpen zu Rate gezogen. Diese erklärten jedoch, dass von ihrer Seite alles in Ordnung sei. Bei der Autobahndirektion warf man einen Blick auf den Netzplan und registrierte, dass die Kurzschlussleistung des Netzes an der Parkstation eventuell für den stabilen Pumpenbetrieb nicht ausreichend ist.
Höhere Lasten mit der Zeit
Die Parkstation wird mit einem Niederspannungskabel von der angrenzenden etwa 2 km entfernten Ortschaft versorgt. Um den Spannungsabfall entlang der Leitung zu begrenzen, wurde beim Bau der Station ein Kabel mit NAYY 4 x 185 mm2 verlegt. Die Stromtragfähigkeit des Kabels ist damit um 40-fach höher als der durchschnittliche Strombezug der angeschlossenen Lasten. Letztere veränderten sich seit der Inbetriebnahme des Parkplatzes. Waren zu Beginn nur zwei Pumpen in Betrieb und Beleuchtung ausschließlich am Parkplatzhäuschen vorhanden, sind nun mehrere Pumpen in Betrieb und der komplette Parkplatz mit LED-Beleuchtung ausgestattet. Die Pumpen wurden zudem mit effizienterer Ansteuerungselektronik mit ausgestattet.
Der zu Rate gezogene Netzbetreiber erklärte, dass aufgrund von erhöhten Reserveanforderungen durch den Zubau von Photovoltaikanlagen, der nächstgelegene Ortsnetztransformator mit einer geringeren Ausgangsspannung betrieben wird. Dabei würden aber die Spannungsqualitäts-Anforderungen der Norm EN 50160 eingehalten. Die EN 50160 gilt am Verknüpfungspunkt des Kunden mit dem Versorgungsnetz. Werden die vorgeschriebenen Grenzwerte am Verknüpfungspunkt eingehalten, ist der Netzbetreiber nicht in der Pflicht, Maßnahmen zur Behebung von Problemen zu ergreifen. Eine Power-Quality(PQ)-Messung mit der PQ-Box 150 veranschaulichte, dass die 10-Minuten-Mittelwerte der Spannungen etwas unterhalb der Nennspannung lagen, jedoch noch innerhalb der Norm EN 50160.
Spannungseinbrüche beim Pumpenanlauf
Darauf konfrontierte die Autobahndirektion die PQ-Experten der Firma A. Eberle. Die Messdaten wurden gemeinsam analysiert und mit den Zeitdaten der Störungen abgeglichen. Es zeigte sich, dass beim Anlauf der Pumpen die Spannungen am Anschlusspunkt so weit einbrachen, dass der Frequenzumrichter in den Fehlermodus wechselte und Unterspannung als Ursache meldete. Die PQ-Experten von A. Eberle analysierten die Messdaten und glichen diese mit den Zeitdaten der Störungen ab. Es zeigte sich, dass beim Anlauf der Pumpen die Spannungen am Anschlusspunkt so weit einbrachen, dass der Frequenzumrichter in den Fehlermodus wechselte und Unterspannung als Ursache meldete.
Beim Anlauf benötigen die Pumpen eine höhere Blind- und Wirkleistung, solange bis die Nenndrehzahl erreicht ist. Diese Leistung wird aus dem Netz gezogen. Da die Spannung als gegebene Größe betrachtet werden kann, wird der erhöhte Leistungsbedarf durch einen erhöhten Stromfluss kompensiert. Ein hoher Stromfluss hat zur Folge, dass der Spannungsabfall entlang der kompletten Leitung zunimmt.
Zur Problembehebung wurden mehrere Lösungswege in Betracht gezogen:
Erhöhung der Kurzschlussleistung durch ein Parallelkabel, um die Spannungseinbrüche während des Anlaufvorgangs der Pumpen zu reduzieren
Installation einer USV-Anlage zur Vermeidung der Spannungseinbrüche
Stabilisierung und Anhebung der Spannung durch das Niederspannungsregelsystem (LVRSys).
Nach ganzheitlicher Kalkulation der Kosten stellte man fest, dass über den Betrachtungszeitraum von mehreren Jahren das LVRSys die günstigste Lösung darstellt. Eine USV-Anlage ist zwar von den Anschaffungskosten vergleichbar, jedoch schlagen hier jährlich Wartungskosten zu Buche. Zudem steigen durch die relativ hohe Verlustleistung die Betriebskosten stark an.
Das Parallelkabel reduziert zwar die Verlustleistung, ist aber verglichen mit den Anschaffungskosten eine extrem teure Lösung für das Spannungshaltungsproblem. Zudem birgt diese ein weiteres Risiko bei langfristiger Betrachtungsweise: Sinkt am Verknüpfungspunkt der Zuleitung die Spannung ab, so sinkt die Spannung am Parkplatz ebenfalls. Neue Innovationen wie Wärmepumpen und Elektromobilität lassen künftig die Spannung im Niederspannungsnetz weiter nach unten sinken. Das derzeit Problem wäre damit lediglich aufgeschoben und nicht aufgehoben.
Optimale Auslegung per Lastanalyse
Durch die vorangegangenen Messdaten und Lastanalyse konnte das Niederspannungsregelsystem optimal ausgelegt werden. Für künftige Anforderungen wurde das Regelsystem mit einer Leistungsreserve bemessen. Die Übertragungsleistung beträgt 44 kVA. Die Integration des Systems konnte durch die modulare Bauweise in den vorhandenen Schaltschränken erfolgen.
Seit der Inbetriebnahme behebt das LVRSys die Unterspannungsprobleme und gleicht die Unsymmetrie der Leiterspannungen aus. Nun ist eine stabile Spannung an der Station von Sollwert +/- dem eingestellten Toleranzband sichergestellt, selbst bei Ausschöpfung des Spannungsbandes von +/- 10 Prozent im vorgelagerten Netz. Kurzeitige Spannungseinbrüche können zwar nicht kompensiert, jedoch deutlich abgemindert werden. Die Regelparameter wurden so eingestellt, dass die Ausgangsspannungen des Reglers nicht bei 230 V, sondern bei 238 V stabilisiert werden. Der Abstand zur Unterspannungsgrenze des Frequenzumrichters wurde damit erheblich vergrößert. Zudem begünstigen die höheren Eingangsspannungen am Frequenzumrichter, geringere Stromaufnahmen während des Anlaufs der Pumpe.
Probleme durch Erneuerbare und E-Mobilität
Durch dieses erfolgreiche Pilotprojekt prüft die Autobahndirektion Nordbayern generell den Einsatz von Niederspannungsregelsystemen bei Spannungshaltungsproblemen. Viele Probleme wie Ausfälle von Schilderbrücken, Wasserpumpen und Beleuchtungseinrichtungen lassen sich mit dem neuen Regelsystem LVRSys lösen.
In der Zukunft werden die Anschlusspunkte in den Niederspannungsnetzen noch mehr von Spannungsschwankungen betroffen sein, durch erhöhte Lasten (Elektromobilität, Wärmepumpen) und noch volatilere Einspeisung (PV- und Windkraftanlagen). Eine geregelte Spannung bringt zudem langfristig gesehen noch den positiven Effekt mit sich, dass die Lebensdauer elektronischer Lasten stark verlängert wird.