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Sensorik & Messtechnik Präzise Giganten

Turck – Hans Turck GmbH & Co. KG

Bild: Turck
23.03.2016

Um Kollisionen an den meist autonom arbeitenden Schaufelradbaggern im rauen Umfeld des Tagebaus zu vermeiden, ist die exakte Bestimmung der Position zwingend erforderlich. Die dazu eingesetzten Drehgeber arbeiten jedoch nur so lange genau, bis die schweren Geräte beim Bremsen kurz rutschen.

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Wenn schwere Schaufelradbagger im Tagebau arbeiten, dann geht das naturgemäß nicht millimetergenau. Um den hierbei entstehenden Schlupf zu kompensieren, wurden die Drehgeber zur Positionsermittlung in der Vergangenheit meist mithilfe induktiver Sensoren immer wieder aufwendig neu justiert. Seit der Betreiber für die Kalibrierung Turcks RFID-System BL Ident nutzt, gehört das fehleranfällige Sensorverfahren der Vergangenheit an.

RFID ist mittlerweile in vielen Industriezweigen weit verbreitet. Im Maschinenbau, in der Automobil- und Nahrungsmittelindustrie und sogar in Stahlwerken wird die Technik eingesetzt. In den letzten Jahren haben RFID-Applikationen auch in Hänge-Laufkränen in Stahl- und Eisenhütten ihre Vorzüge unter Beweis gestellt. Da zunehmend RFID-Lösungen zur Positionserfassung solcher Kräne eingesetzt werden, liegt es nahe, dieses Prinzip auch bei Schaufelradbaggern zu nutzen.

Schaufelradbagger sind moderne, automatisierte Anlagen zum kontinuierlichen Laden von Schüttgut. Sie werden häufig eingesetzt, um große Mengen an Material anzuhäufen oder abzutragen, vor allem in Mineral- und Kohlelagerstätten, in Häfen, Hüttenwerken, Zementfabriken oder Kokereien. Die Schaufelradbagger arbeiten in der Regel vollkommen automatisch und gleichmäßig. Um Kollisionen zu vermeiden, wird ihre Position automatisch erfasst. Die bisherigen Lösungen dazu sind jedoch durchweg nicht ausreichend.

Bisher Kalibrierung mit BCD-Code

Der Radbagger fährt auf Schienen parallel zur Abrisskante des Gesteins. Der Weg des Schaufelrads auf den Schienen wird mit Drehgebern (Encodern) erfasst. Doch wenn die Bremse voll greift, rutscht der Schaufelradbagger auf den Schienen weiter. Diese Bewegung, der sogenannte Schlupf, wird von den Encodern nicht erfasst. Nach einigen Bremsvorgängen sind die Positionsangaben daher zwangsläufig falsch. Zusätzlich ergeben sich Fehler durch elektromagnetische Störungen.

Aus diesen Gründen kalibrierte man bislang die Encoder mittels einer Matrix aus Näherungsschaltern: In der Nähe der Fahrschiene des Schaufelradbaggers sind im Abstand von 50 m Korrekturpunkte angebracht, die einen BCD-Code (8421-Code) enthalten. Dieser vierstellige Binärcode ist mit ein bis vier Metallfahnen in einer definierten Höhe entlang der Fahrschiene realisiert.

Am Bagger selbst sind in entsprechender Höhe fünf Näherungsschalter angebracht, die die einzelnen Metallfahnen erfassen und so den BCD-Code lesen können. Der erste Näherungsschalter dient dabei als Triggersignal für die Messung. Wenn der Schaufelradbagger am Korrekturhebel vorbeifährt, liest das System die Positionsinformation aus und korrigiert auf dieser Basis den Positionswert alle 50 m.

Der Nachteil dieser Lösung: Die Markierungen, die den Code bilden, sind aus Stahl. Somit kann jede ferromagnetische Substanz, die an den Näherungsschaltern vorbeigeführt wird, einen Schaltvorgang auslösen und damit auch die Positionsinformation in der Steuerung verfälschen. Außerdem ist der Betreiber mit dem BCD-Code auf maximal 16 Korrekturpunkte beschränkt, mehr Information stellt der 4-Bit-Code nicht dar.

RFID liefert sichere Positionsinformation

Deshalb empfahl Turck, eine RFID-Lösung zur Positionskorrektur einzusetzen. Dazu wurde ein RFID-Schreiblesekopf am unteren seitlichen Ende des Schaufelradbaggers installiert. Am Rahmen des Förderbands hat man im Abstand von einigen Metern Datenträger angebracht. Wenn der Schreiblesekopf an den Datenträgern vorbeifährt, liest er die Positionsdaten der Datenträger aus und übermittelt sie über Profibus an die Steuerung. Die SPS gleicht daraufhin die Positionsinformation mit den Daten des Drehgebers ab. Die RFID-Technologie ist gegenüber der vorigen Lösung erheblich sicherer und genauer. Sie ermöglicht einen störungsfreien Betrieb des Schaufelradbaggers und schützt die Maschine sicher vor Kollisionen.

Da das RFID-System im Freien installiert ist, kommt man hier an einer IP67-Lösung nicht vorbei. Aber auch der Staub und die Vibrationen in dieser Anwendung lassen keine Alternative zu IP67 zu. Turcks RFID-System BL Ident ist in Verbindung mit dem Feldbussystem BL67 absolut staub- und wasserdicht. Mit seinem Arbeitstemperaturbereich von -25 bis +70° Celsius ist es bestens für den Einsatz am Schaufelradbagger gerüstet. Auch die Datenträger aus Epoxidharz bringen mit Schutzart IP68 die nötige Robustheit für die extremen Bedingungen vor Ort mit. Sogar Kratzer und Schmutz auf den Datenträgern beeinflussen ihre Funktion nicht.

Komplette Turck-Lösung

Im Rahmen dieses Projekts hat sich der chinesische Kunde nicht nur für das RFID-System BL Ident entschieden, sondern weitere Lösungen von Turck ausgewählt: Neben dem Bussystem entschied er sich auch für passende Anschlusstechnik, Näherungsschalter und optische Sensoren, um die Lösung abzurunden. Das BL67-Feldbussystem überzeugte nicht nur mit seiner Robustheit, sondern auch mit seiner modularen Bauweise. Es erlaubt, RFID-Komponenten neben Schaltern oder messenden Sensoren an einem Gateway zu betreiben. Außerdem können RS232-, RS422- oder RS485-Feldbusse, Countermodule und viele weitere Signalformen angebunden werden. Das Gateway leitet alle Signale gebündelt über Profibus an die übergeordnete Automationsebene weiter, was die Verdrahtung erheblich vereinfacht und Kosten reduziert. Die anschlussfertige IP67-Verbindungsstechnik von Turck leitet die Signale schocksicher und gegen Öl und magnetische Beeinflussung geschützt zur Steuerung.

Der Kunde schätzte die hohen Schutzklassen der Turck-Produkte und ersetzte im Zug des Projekts auch mechanische Schalter durch induktive Näherungsschalter. In der rauen Umgebung bilden sich Anhaftungen an den Kontakten der Schalter. Rost, Kohlestaub, Schnee und Regen haben die mechanischen Teile der Schalter über die Zeit unflexibel gemacht. Der Turck-Näherungsschalter hingegen überzeugten mit hohen Schaltabständen und der Wiederholgenauigkeit. So kann die genaue Position der Hochspannungsmotor- und der Fahrwerkbremse exakt erfasst werden.

Xiao Wang, verantwortlicher Project Manager bei Qinhuangdao Port Co., überzeugte vor allem die Programmierung der BL Ident-Lösung: „Die RFID-S-Module von Turck vereinfachen die Programmierung deutlich. Funktionsbausteine sind nicht erforderlich, die Schreibleseköpfe können direkt über das I/O-Register angesprochen werden.“ Das System schreibt und liest in jedem Zyklus acht Bytes, was die Anforderungen der Applikation voll erfüllt. Zusätzlich ist es sehr flexibel im Einsatz, denn jedes Modul kann bis zu acht Schreibleseköpfe anbinden. Wenn weitere Signale eingebunden werden müssen, lassen sich einfach weitere Module ans System ankoppeln. Das spart die Kosten für ein zusätzliches Gateway und die Verkabelung.

Vereinfachte Programmierung

Die Schreiblese-Reichweite von bis zu 20 cm reicht in dieser Anwendung vollkommen aus. Durch die LED-Anzeigen ist der Betriebszustand der Schreibleseköpfe immer direkt im Feld sichtbar. Einer der größten Vorteile des Systems ist jedoch die Möglichkeit, Module im laufenden Betrieb ziehen und stecken zu können (hot plug). So sind Reparaturen einzelner Komponenten ohne Maschinenstillstand möglich. Zur Zeit ist die klassische Kalibrierungslösung mit BCD-Code an Drehgebern zum Beispiel im Tagebau, in Minen, Häfen sowie in Stahl- und Eisenhütten weltweit im Einsatz. Da die Kundenanforderungen an präzise Positionserfassung auch hier steigen, wird sich RFID für dieses Einsatzfeld in Zukunft stärker durchsetzen.

Bildergalerie

  • Über das BL67-System werden neben RFID-Schreibleseköpfen auch Schaltsignale angebunden

    Über das BL67-System werden neben RFID-Schreibleseköpfen auch Schaltsignale angebunden

    Bild: Turck

  • Am Förderband des Schaufelradbaggers sind RFID-Datenträger zur Positionsermittlung montiert

    Am Förderband des Schaufelradbaggers sind RFID-Datenträger zur Positionsermittlung montiert

    Bild: Turck

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