Verfahrenstechnik Trocknung mit Sicherheits-Plus


Die Bandtrocknungsanlage in Neu­seeland trocknet täglich Klärschlämme aus 172.000 m³ Abwasser.

16.07.2013

Das Trocknen von Klärschlamm zur Volumenreduzierung ist ein etabliertes Verfahren moderner Klärwerkstechnik. Es hat auch die Stadt Christchurch in Neuseeland überzeugt. Das Anlagenkonzept überzeugt nicht nur durch Wirtschaftlichkeit und niedrigen Energieverbrauch. Es erfüllte auch die erhöhten Anforderungen an die Sicherheit, die durch eine Hazop-Studie bestätigt wurde.

Wer an Neuseeland denkt, hat vielleicht zuerst die malerischen Landschaften aus der "Herr der Ringe"-Verfilmung vor Augen. Eine Kläranlage kommt wohl den wenigsten als erstes in den Sinn. Doch auch in Christchurch an der Ostküste Neuseelands fallen kommunale Abwässer an. Hinzu kommen dort die Abwässer der umliegenden Schlachtbetriebe und der Milch-industrie. Täglich werden rund 172.000 m³ Abwasser behandelt. Das Klärwerk verfügt über eine moderne Abwasserbehandlung und Faultürme zur Klärschlammbehandlung. Die Entwässerung des ausgefaulten Klärschlamms erfolgt mit Hilfe von Siebbandpressen. Das entwässerte Gut ließ die Stadtverwaltung bisher auf einer Deponie entsorgen.

Um die Kläranlage zukunftsfähiger zu machen und die Reststoffe aus der Abwasserbehandlung nachhaltig zu verwerten, sah der Christchurch City Council (CCC) die Installation einer Klärschlammtrocknungsanlage vor. Mit Hilfe des Trocknungsprozesses sollte der Klärschlamm künftig als Hilfsstoff zur Bodenverbesserung und als Düngemittel dienen.

Die Stadtverwaltung setzte spezielle Anforderungen an das Anlagenkonzept: Neben Wirtschaftlichkeit und niedrigem Ener-gieverbrauch musste die Anlage erhöhten Sicherheits-anforderungen gerecht werden. Denn das Gefahrenpotenzial ist groß: Bei unsachgemäßer Handhabung von entwässertem Klärschlamm kann sich neben Geruch vor allem entzündliches Gas bilden. Lagert man ihn falsch, kann er sich selbst entzünden. Eine erweitere sicherheitstechnische Besonderheit ergab sich aus der geografischen Lage. Denn Christ-church zählt zu den besonders erdbebengefährdeten Regionen der Welt.

Das verwirklichte Anlagenkonzept der Klein Technical Solutions (KTS), einem Unternehmen der SH+E Group, punktete gleich in mehrerlei Hinsicht: Unter den Wettbewerbern erzielte KTS mit seiner konstruktiven Ausführung der beiden Bandtrockner und seinem verfahrenstechnischen Konzept, das neben einer ausgeklügelten Luft- und Temperaturverteilung die Wärmerückgewinnung aus der Abluft zur Erwärmung der Zuluft vorsieht, den niedrigsten Energieverbrauch.

Zudem überzeugte das Verfahrenskonzept in sicherheitstechnischer Hinsicht. Dies bestätigten die HAZOP-Studie (Hazard and Operability, Untersuchung der Sicherheit von technischen Anlagen) sowie die LOPA-Analyse (Layer of Protection Analysis) - durch unabhängige Sicherheitsingenieure. Beide Analysen wiesen dem Anlagenkonzept der KTS ein hohes Sicherheitsniveau in Bezug auf mögliche Gefährdungen sowie eine hohe Betriebssicherheit und Verfügbarkeit nach. Geplant und realisiert wurde das Projekt durch das Unternehmen CH2M-Beca mit seiner Niederlassung in Christ-church.

Neben einem Schlammvorlagesilo, zwei Granulatverladesilos, zwei Biofiltern und zwei Sprühwäschern umfasst die Anlage zwei Bandtrockner vom Typ Pro-Dry 2/4 aus dem Produktprogramm der KTS. Dabei handelt es sich um Niedertemperaturtrockner aus Edelstahl, die jeweils über zwei übereinander angeordnete Bänder aus luftdurchlässigem Kunststoffgewebe und vier hintereinander geschaltete Segmente verfügen.

Fast 6 Tonnen Durchsatz pro Stunde

Jedes Segment besitzt eine Länge von 4 m und eine aktive Bandbreite von 2,5 m. Der Anlage in Neuseeland mit zwei Bandtrocknern stehen insgesamt 160 m² aktive Trocknungsfläche zur Verfügung. Die beiden Bandtrockner sind ausgelegt für einen Durchsatz von 5.900 kg Schlamm pro Stunde; dies entspricht einer jährlichen Trockenleistung von 44.250 t entwässertem Klärschlamm. Der mechanisch vorentwässerte Klärschlamm wird von dem 100 m³ großen Nassschlamm-Silo zur Trocknungsanlage befördert. Der Eingangs-Trockenrückstand des Schlamms liegt bei rund 20 Prozent, nach dem Trockenvorgang beträgt dieser über 90 Prozent. Dem feuchten Gut wird vor dem Trocknungsprozess bereits getrockneter Schlamm dosiert untergemischt. Diese Rückmischung bewirkt eine mechanische Stabilisierung des Schlamms.

Bei einer Geschwindigkeit von circa 0,24 m pro Minute wird der Schlamm durch die Trocknerzonen gefahren. Die von unten durch das luftdurchlässige Gewebe des Trocknerbands und die darauf liegenden Schlammsträhnen strömende Warmluft verdampft das enthaltene Wasser nach und nach. Endet das Oberband, werden die vorgetrockneten Schlammstränge auf das Unterband abgeworfen. An dieser Stelle ist dem Schlamm bereits etwa die Hälfte der Feuchtigkeit entzogen. Das Unterband transportiert das vorgetrocknete Material dann erneut durch die Trocknungszone, bis das Gut den gewünschten Feststoffgehalt bzw. die zulässige Restfeuchte erreicht hat. Vor dem Abwurf des Trockenguts vom Unterband in den Austrag des Trockners überwacht eine Sonde die Restfeuchte und Temperatur des getrockneten Klärschlamms. Die Trocknung mit dem Pro-Dry 2/4 erfolgt bei Temperaturen zwischen 90 und 110 °C. Es werden nur Temperaturen bis 150 °C zugelassen, weil oberhalb die Brandgefahr und das Risiko einer Selbstentzündung stark steigen.

Kühles Trockengut ist auch für die sichere Lagerung im Silo unerlässlich. Daher umfasst das Anlagenkonzept der KTS zusätzlich eine integrierte Kühlsektion am Austritt des Bandtrockners. Hierbei wird das Trockengut mittels Luft auf Temperaturen von unter 50 °C gekühlt. Das System ermöglicht eine mengenproportionale automatische Kühlung ohne aufwendige Regeleinrichtungen.

Am Ende des Trocknungsprozesses wird das Gut zerkleinert und mit Hilfe eines Gebläses und einer pneumatischen Fördereinrichtung in eines der beiden 70 m³ großen Trockengutsilos befördert, wo es bis zu seiner Verladung lagert. Das Endprodukt ist hygienisiert und äußerst staubarm. Es eignet sich ideal für eine weitere Verwertung, auch für landwirtschaftliche Zwecke: Laboruntersuchungen ergaben, dass das Trockengut als Dünger in der Landwirtschaft verwertbar ist.

Nachhaltige Energieversorgung

Die erforderliche Energie für den gesamten Trocknungsprozess stellt die Energiezentrale der Kläranlage bereit. Sie generiert Energie durch die Nutzung von Deponiegas der stadteigenen Deponie sowie von Holzhackschnitzeln. Die Energiegewinnung basiert somit vollständig auf nachwachsenden Rohstoffen. Durch die Verbrennung erzeugt die Anlage Druck-Wasser mit einer Vorlauftemperatur von 165 °C unter 12 bar Druck. Die thermische Energie des Warmwassers wird anschließend mittels Wärmetauscher auf die Trocknungsluft der Bandtrockner übertragen.

Während des Trocknungsvorgangs verdunstet das im Klärschlamm befindliche Wasser. Gleichzeitig wird Luft zugeführt, allerdings nur so viel wie zum Abtransport der verdampften Wassermenge nötig. Nachdem Wasserdampf und Luft aus dem Trockner gesogen sind, wird die Abwärme über einen Rekuperator zur Erwärmung der Trocknungsluft genutzt. Diese Kreislaufführung sowie die genaue Dosierung und geschickte Verteilung von Zuluft und Wärme sorgen für eine wirtschaftliche Nutzung der Wärmeenergie und reduzieren den Energieverbrauch der Anlage. Das Anlagenkonzept der KTS konnte die gewährleistete Wasserverdampfungsmenge von 4.800 kg/h mit mehr als 5.100 kg/h deutlich überschreiten. Gleichzeitig konnte es den gewährleisteten, spezifischen, thermischen Energieverbrauch von 2,95 GJ/t Wasserverdampfung mit weniger als 2,73 GJ/t deutlich unterschreiten.

Die Abluft wird vor Abgabe in die Umgebung in einem Sprühkondensator abgekühlt und in einem zweistufigen Abluftwäscher mit nachgeschaltetem Biofilter behandelt. Der Wäscher sorgt für die Absorption von sauren und alkalischen Geruchsstoffen wie Ammoniak, der Biofilter entfernt die restlichen geruchsintensiven Stoffe.

Um die Trocknungsanlage vor äußeren Kräften im Falle eines Erdbebens zu sichern, mussten bei der Planung und Realisierung erhöhte Anforderungen beachtet werden. Die Konstruktion wurde so stabil gebaut, dass die Rohrbrücken von der Energiezentrale zum Trockner weit belastbarer sind als im Alltag nötig. Jede Stütze und jedes Lager wurde von speziellen Prüfingenieuren abgenommen. Im Fall eines Erdbebens fährt die Anlage vollautomatisch und kurzfristig in einen sicheren Zustand, der sich vom System auch bei einem Stromausfall über einige Zeit überwachen lässt.

Diese Standfestigkeit hat die Anlage erwiesen: Weder beim Erdbeben im September 2010 mit einer Stärke von 7,0 MW, noch beim Beben der Stärke 6,3 MW im Februar 2011, dessen Epi-Zentrum nur rund 5 km von der Anlage entfernt lag, erlitt sie ernsthafte Schäden.

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