Was unterscheidet die Energiemesstechnik bei Ladesäulen von anderen Energiemessaufgaben?
Anders als bei „normalen“ Stromzählern muss der Beginn und das Ende des Ladevorgangs sicher dokumentiert werden und das auch transparent und nachgängig, etwa in einer Cloud. Der normale Stromzähler misst in der Regel nur den Verbrauch des immer gleichen Kunden, bei Ladesäulen dagegen von vielen verschiedenen Kunden. Dies stellt zusätzliche Anforderungen an die Sicherheit und den Schutz der Daten.
Was bedeutet dies für die Prüftechnik?
Wie bei allen Prüf- und Kalibrieraufgaben geht es immer darum, besser und genauer als der Prüfling und damit die gesamte Messinfrastruktur der Ladesäule zu messen. Außerdem müssen die verschiedenen Anschlussmöglichkeiten im Bereich der E-Mobilität unterstützt werden.
Mit welchen Prüftechnik-Lösungen adressieren Sie diese Herausforderungen?
Zunächst werden wir mit einer Lösung für die messrichtige Prüfung von AC-Ladestationen auf den Markt kommen, das betrifft aktuell die weitaus größere Menge der Ladestationen. Dabei wird die Prüfgerätekombination des bewährten tragbaren Zähler- und Schaltungsprüfgeräts „PWS 2.3 genX“ zusammen mit dem neuen Adapter „eMOB I-32.3 AC“ während des laufenden Ladevorgangs zwischen Fahrzeug und Ladesäule geschaltet. Mit Hilfe eines sogenannten Abtastkopfes lassen sich dann die energieproportionalen Leuchtimpulse des Stromzählers in der Ladesäule ermitteln. Dies ermöglicht es, die richtige Messung des Stromzählers in der Ladesäule zu überprüfen. Außerdem gewinnt man weitere wichtige Informationen, wie die Lastkurve bei der Ladung und eventuelle Einflüsse auf die Netzqualität.
Welche Bedeutung hat hier die Zusammenarbeit mit den zuständigen Prüf- und Eichbehörden?
Dies ist ein wichtiges Thema, weil alle hier noch Neuland betreten – und vielleicht auch etwas in Konkurrenz miteinander stehen, was die Zusammenarbeit nicht gerade vereinfacht. Es gilt aber auch nicht nur auf den deutschen Markt zu schauen, sondern gerade auch die zukünftigen Anforderungen im Ausland zu untersuchen.
Und wie gestaltet sich die Kooperation mit den Zähler- und Ladesäulenherstellern?
Für die Zähler- und Ladesäulenherstellern sind wir ein anerkannter Partner und diskutieren gemeinsam unsere Lösungen und Anwendungen. Dabei passen wir unsere Produkte teilweise auch auf deren besonderen Anforderungen an. Die Zusammenarbeit ist sehr gut und vertrauensvoll.
Neben AC-Ladesäulen werden auch zunehmend DC-Ladesäulen aufgebaut. Wie unterscheidet sich die Komplexität der Prüftechnik?
Hier beginnt es bereits mit der eichrechtlichen Rückführbarkeit, weil nur wenige Eichbehörden und staatlich anerkannte Prüfstellen mit DC-Prüftechnik ausgestattet sind. Eine weitere Herausforderung sind die hohen Ströme gerade bei Schnellladesäulen, die sich vom üblichen Strombereich der AC-Energiemesstechnik unterscheiden.
Welche Lösungen sind im DC-Bereich in der Pipeline?
Wir arbeiten an einem tragbaren Prüfgerät für die Vor-Ort-Prüfung elektrischer Energiezähltechnik, das zudem auch noch über die Messung von Netzqualitätsparametern verfügt. Zu diesem Gerät wird es dann auch eine Option zur Prüfung von DC- und Schnellladesäulen geben.
Sie sind auch international aktiv. Inwieweit unterscheidet sich die Herangehensweise hierzulande von der in anderen Ländern?
Das ist ein interessantes Thema. Gerade im europäischen Ausland werden die neuen deutschen eichrechtlichen Regelungen im Bereich der E-Mobilität teilweise als „Overshoot“ angesehen, andere Länder fordern für Ladesäulen lediglich die Verwendung eines geeichten Stromzählers.
Welche ökonomischen Erwartungen haben Sie an das Geschäftsfeld E-Mobilität?
Wir sind realistisch: Das Thema ist wichtig, aber es wird sich nicht zum ersten Umsatzträger unseres Unternehmens entwickeln. Trotzdem ist es auch ein interessantes Feld, um sich als High-Tech-Anbieter zu profilieren.