Smart Traffic & Mobility Das vernetze Fahrzeug auf der Datenautobahn

Mobile und ereignisbasierte Kommunikation: Entwurf einer Unternehmensperipherie, die auf Basis der Software IBM MessageSight eine hochperformante, zuverlässige und sichere Verbindung zum „Internet of Things“ herstellen soll.

Bild: IBM
23.05.2014

Die von vielen Experten prognostizierte „digitale Transformation“ des Automobils birgt nicht nur enorme Potenziale sondern stellt die traditionelle Automobilindustrie auch vor signifikante Herausforderungen. Dieser Artikel diskutiert die neuen Anforderungen der vernetzten Welt an das Fahrzeug von morgen und präsentiert dabei Lösungsansätze zur erfolgreichen Realisierung von Connected Car Services der nächsten Generation.

Die zunehmende Fahrzeugvernetzung ist eines der großen Trendthemen in der Automobilindustrie und auf einem guten Weg die Mobilität von morgen zu verändern. Bereits im Jahr 2020 werden etwa 90 Prozent aller Neuwagen vernetzt vom Band rollen – so Analystenprognosen und Industrieexperten. Insgesamt werden dann voraussichtlich über 700 Millionen Fahrzeuge weltweit auf den Straßen fahren, die entweder direkt aus dem Fahrzeug oder über das Smartphone des Fahrers mit ihrer Außenwelt verbunden sind [1]. Das Auto kommuniziert dabei sowohl drahtlos mit anderen Autos und Verkehrsinfrastrukturen als auch mit weiteren „Smart Devices“, wie Smartphones und Tablets.

Das Auto geht damit also nicht einfach nur online, sondern wird vielmehr integraler Bestandteil des „Internet of Things“ (IoT). Heutige Fahrzeugmodelle sind bereits rollende Sensor- und Datenplattformen, die in den nächsten Jahren zum zweitgrößten Datenerzeuger innerhalb des IoT heranwachsen werden. Automobilherstellern bietet dies die Möglichkeit, ihren Kunden innovative Zusatzdienste in Bereichen wie Fahrzeugsicherheit, Infotainment, Elektromobilität und Komfort anzubieten. Nutzungsbasierte Versicherungstarife, Musikstreaming ins Fahrzeug, personifizierte Parkplatzsuche sowie die vorausschauende Wartung zur Pannenvermeidung sind dabei nur einige Beispiel für potenzielle Serviceangebote.

Neben solchen Mobilitätsdiensten forschen sowohl Fahrzeughersteller als auch Zulieferer an der Vision des autonomen Fahrens und prognostizieren dafür die Marktreife innerhalb der nächsten zehn Jahre. Eine der wichtigsten Voraussetzungen des autonomen Fahrens ist die Aggregation und Analyse riesiger Datenmengen, die durch die im Fahrzeug verbauten Sensoren, Kameras sowie Radar- und Lidar-Systeme erzeugt werden. Das Gesamtsystem Auto erhält dabei durch die Vernetzung mit der Cloud nicht nur zusätzliche Rechenleistung sondern auch wertvolle Echtzeitinformationen über die Verkehrslage, Hindernisse oder mögliche Gefahren, die sich zu diesem Zeitpunkt noch außerhalb des Sensorsichtfeldes befinden. Der Traum vom Autopiloten auf der Straße wird somit immer greifbarer und in den nächsten Jahren Schritt für Schritt von technischen Neuerungen, wie dem vollautomatischen Einpark- oder Stauassistenten, begleitet. Neben der Innovation von Fahrzeugkomponenten muss dabei besonderer Fokus auf die IT-Infrastruktur und Datenverarbeitung gelegt werden, um die immer komplexere Wertschöpfungskette erfolgreich handhaben zu können.

Die digitale Transformation

Die massenhafte Fahrzeugvernetzung stellt die Automobilindustrie dabei vor so große Herausforderungen, weil die Transformation vom traditionellen Fahrzeug zum vernetzten Fahrzeug für die Hersteller völlig neue Anforderungen an die IT und Wertschöpfungskette mit sich bringt. Wichtige Herausforderungen adressieren und passende Lösungen entwickeln, so lautet dabei die primäre Aufgabe.

Heute erwarten Nutzer von ihren mobilen Geräten schnelle Zugriffszeiten, zuverlässige Dienste sowie eine sichere Datenübertragung – das Auto folgt dabei den gleichen Maximen. Die große Anzahl der zu integrierenden Fahrzeuge in Kombination mit der enormen Menge zu verarbeitender Daten macht diesen Anspruch allerdings zu einer herausfordernden Aufgabe, wie folgendes Rechenbeispiel zeigt: Wenn jedes der circa 60 Millionen vernetzten Fahrzeuge im Jahr 2015 stündlich etwa 5 GB Daten produziert und durchschnittlich 4 Stunden am Tag gefahren wird, so ergibt sich ein jährliches Datenvolumen von überwältigenden 438 Exabyte (entspricht 438 Milliarden GB).

Es wird deutlich, dass traditionelle webbasierte Ansätze mit Point-to-Point-Verbindungen der Masse an Fahrzeugen und den spezifischen Connected-Car-Anforderungen nicht gewachsen sind. Die großen Datenmengen und die hohe Anzahl simultaner Verbindungen lassen sich stattdessen wesentlich besser auf Basis ereignisbezogener Nachrichtenmodelle (zum Beispiel der Grenzwertübersteigung eines Fahrzeugsensors) verarbeiten. Je nach Art des Ereignisses und den Informationsbedürfnissen senden bestimmte Anwendungen nur die für sie relevanten Daten (publish/subscribe). Dies führt zu einer erheblichen Verschlankung des Informationsflusses und ermöglicht eine deutlich bessere Skalierbarkeit des Systems.

Effiziente Nachrichtenprotokolle

Ein weiteres Nadelöhr auf der Datenautobahn von morgen stellt das Mobilfunknetz dar. Obwohl Netzbetreiber intensiv in die flächendeckende Versorgung (((Kommentar Autor: Flächendeckende Abdeckung?))) von Hochgeschwindigkeitsnetzen investieren, scheint es weder praktikabel noch bezahlbar, permanent große Datenmengen über die Luftschnittstelle zu schicken. Die Kommunikation muss deshalb auf einem besonders effektiven Nachrichtenprotokoll basieren, welches das Übertragen von Informationen mit kleinen Datenmengen zwischen Geräten ermöglicht, und das auch bei unzuverlässigen Mobilfunkverbindungen. Traditionelle Internetdatenprotokolle wie zum Beispiel HTTP erfüllen diese Ansprüche nicht. So werden zukünftige Nutzer die heute noch üblichen Zugriffszeiten von 30 bis 90 Sekunden für das Öffnen des Fahrzeugs per Smartphone nicht mehr akzeptieren. Außerdem erwarten Fahrer die vertrauliche Behandlung ihrer persönlichen Daten sowie ein hohes Maß an Sicherheit, was den Service und dessen Zuverlässigkeit betrifft (Abbildung oben).

Auf der operativen Seite der Datenverarbeitung spielt vor allem die Analyse und Auswertung großer Datenmengen eine dominante Rolle bei der Bereitstellung innovativer Services. Nur wenn die Informationssysteme in der Lage sind, Fahrer rechtzeitig vor Glatteis, dem Stauende oder einem Baustellenbeginn zu warnen, kann auch die Sicherheit erhöht werden. Da die zu verarbeitenden Daten dabei nicht nur in riesigen Mengen, sondern auch in diversen Formaten (Geodaten, Bilder, etc.) auftreten, handelt es sich hierbei um Big Data par excellence.

In der Anwendung werden die Daten in zwei Stufen analysiert und verarbeitet. Zunächst wird der Datenstrom echtzeitnah auf zeitkritische Ereignisse untersucht (Data-in-Motion), um danach – wenn nötig – in großen Datenbanken abgelegt und auf komplexere Zusammenhänge hin analysiert zu werden (Data-at-Rest). Die Information des Parksensors, der in der Stadtfahrt eine freie Parklücke erkannt hat, wird beispielsweise mit weiteren Informationen korreliert, um allgemeine Muster in der Parksituation einer bestimmten Umgebung zu erkennen. Im Gegensatz dazu werden sicherheitskritische Informationen, wie etwa die Meldung eines Falschfahrers, durch weniger komplexe, dafür aber in Echtzeit ablaufende Streaming-Analysen verarbeitet. Entscheidend dafür sind die schnelle Situationsanalyse sowie die Weiterleitung an die relevanten Fahrzeuge (zum Beispiel über hochgenaue Geodaten).

Ein weiterer Aspekt der digitalen Transformation ist die Anpassung der Automobilindustrie an die immer kürzeren Innovationszyklen der Unterhaltungselektronik und Informationstechnologie. Das betrifft nicht nur die Hardware-Entwicklungszyklen der Hersteller, sondern auch das Einspielen von Software-Updates, so wie es Nutzer bereits von ihren PCs und Smartphones gewohnt sind. Solche Over-the-Air-Updates erlauben dabei nicht nur kleinere Software-Updates und Fehlerkorrekturen, sondern auch das Ausliefern zusätzlicher Funktionen oder ganzer Services, um dauerhaft innovativ zu bleiben.

Flexibel verfügbare Infrastruktur

Die beschriebenen Anforderungen in den Bereichen mobiler Kommunikation, Datenverarbeitung und Lifecycle-Management verdeutlichen den Bedarf für eine übergreifende, flexibel verfügbare und globale Infrastruktur. Eine solche Infrastruktur befähigt Anbieter von Connected-Car-Services eine Vielzahl von Fahrzeugen zu managen und diverse Services optimiert für diese bereitzustellen. Zukünftig werden cloud­basierte Backendsysteme dabei einen höheren Stellenwert einnehmen (Abbildung oben). So wird es Drittanbietern beispielsweise möglich sein, über vordefinierte Schnittstellen neue Services zu entwickeln und dem Fahrer anzubieten. Von zentraler Bedeutung wird es dabei sein, die wertvollen Daten mit Hilfe der aus der Cloud bereitgestellten Rechenleistung zügig zu verarbeiten und den relevanten Stakeholdern bereitzustellen.

In der Branche bilden sich bereits industrieübergreifende Kooperationen als auch Allianzen zur Definition gemeinsamer Standards, welche die zukünftigen Strategien der Hersteller prägen werden. Dem vernetzten Automobil ebnen diese Ansätze dabei den Weg auf der Datenautobahn ins Internet der Dinge. Die Fahrzeughersteller können so die immensen Potenziale des wachsenden Connected-Car-Marktes erschließen und das Fahrzeug zum nächsten „Smart Device“ im „Internet of Things“ entwickeln.

Weitere Informationen

[1] Telefonica [Hrsg]: Connected Car Industry Report 2013

[2] Köhler, T. / Wollschläger, D.: Die digitale Transformation des Automobils – 5 Mega-Trends verändern die Branche.

[3] IBM Thought leadership whitepaper: IBM MessageSight in the Automotive Industry

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