Vor Jahrzehnten wurde Kunststoff noch gefeiert, heute gilt Plastikmüll als eine der größten Herausforderungen. Ist Kunststoff so schlimm, wie der gegenwärtige Ruf es wirken lässt?
Die Nutzung von Kunststoff und insbesondere das mangelnde Recycling sind ein ernstes Problem. Kunststoff ist kein Material, das sich in kurzer Zeit zersetzt, ähnlich wie Papier. In Wirklichkeit dauert es Jahre oder sogar Jahrzehnte, bis Kunststoff abgebaut wird, und während dieses Prozesses entstehen gefährliche und umweltschädliche Partikel. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Herstellung von Kunststoff im Laufe der Jahrzehnte äußerst kostengünstig geworden ist. Ein Kilogramm Kunststoff ist heute schon für unter einen Euro erhältlich. Dadurch fehlt oft der ökologische und ökonomische Anreiz, in effektive Recyclingmaßnahmen zu investieren. Die Technologie und das Wissen für Kunststoffrecycling gibt es schon seit etwa 40 Jahren. Doch bisher waren die wirtschaftlichen Anreize für eine weitreichende Umstellung auf nachhaltige Alternativen nicht ausreichend.
Nun ist allerdings in den letzten Jahren der gesellschaftliche Druck enorm gestiegen …
Richtig, das Bewusstsein in der Gesellschaft ist gestiegen. Hersteller versuchen nun, sich umweltbewusster darzustellen und betreiben zum Teil Greenwashing, indem sie zu 100 Prozent mechanisch recycelte Produkte anpreisen, dabei aber verschweigen, dass die Herstellung mehr Ressourcen benötigt als die Neuproduktion. So werden beispielsweise drei PET-Flaschen benötigt, um eine Flasche herzustellen – das ist halbherzig und ineffizient. Die Methode des mechanischen Recyclings gibt es schon lange, hier wird auch viel investiert. Allerdings hat es den gesellschaftlichen Druck erfordert, damit es in der Industrie ankommt und nicht nur als Vorzeigeprojekt dient.
Kann jeder Kunststoff zu einem neuen Kunststoff designed werden?
Prinzipiell ja, wenn man den Weg des chemischen Recyclings geht. Mechanisch recycelter Kunststoff weist im Vergleich zur Neuware immer einen Qualitätsverlust auf, wodurch die Einsatzmöglichkeit des recycelten Materials reduziert sind.
Welche Voraussetzungen muss Kunststoff erfüllen, damit er recycelt werden kann?
Um das Ziel eines 100-prozentigen Recyclings zu erreichen, ist es wichtig, dass der Kunststoff möglichst sortenrein ist. Das bedeutet, dass verschiedene Kunststoffarten nicht miteinander vermischt werden sollten. Beispielsweise sind Verbundmaterialien wie Tetra-Pack- oder beschichtete Bierflaschen schwer zu recyceln, da sie eine Mischung aus verschiedenen Kunststoffen enthalten. Aufdrucke oder andere Fremdstoffe können die Recyclingherausforderung zusätzlich erhöhen. Sortenreine Kunststoffe, wie zum Beispiel Folien oder Verpackungsmaterial, sind hingegen einfacher zu recyceln. Das Recyclingverfahren wird komplizierter und teurer, wenn verschiedene Kunststoffsorten vermischt werden. Es ist zwar machbar, aber die Effizienz steigt erheblich, wenn der Kunststoff sortenrein ist.
Welche Herausforderungen bringt das Recycling von Kunststoffen mit sich?
Das Recycling von Kunststoffen bringt verschiedene Herausforderungen mit sich, darunter ökonomische und technische Aspekte. Ein wichtiger ökonomischer Aspekt ist der gesamte Prozess des Herstellens und Recycelns von Kunststoffen. Wenn Produkte aus sortenreinem Kunststoff bestehen, ist der Aufwand für die Aufbereitung und das Recycling erheblich einfacher. Eine höhere Rücklaufquote in der Gesellschaft und eine bessere Sortierung können dazu beitragen, dass Kunststoffe effizienter recycelt werden. Die Optimierung des Recyclingverfahrens ist ebenfalls entscheidend, um sie umweltfreundlicher und ökologisch sinnvoller zu gestalten. Es ist wichtig, Lösungen zu finden, die weniger Energie und Aufwand erfordern. Auch wenn Kunststoffe nicht sortenrein sind, gibt es Lösungen, um sie dennoch zu recyceln. Dies kann jedoch komplexer sein, da es sich nicht nur um den Zurückgewinn des reinen Ursprungsmaterials handelt. Ein weiterer Faktor ist die wirtschaftliche Rentabilität. Wenn der Aufwand für ein Recyclingverfahren den Nutzen übersteigt, kann es ökonomisch und ökologisch keinen Sinn ergeben. Es muss somit ein ausgewogener Ansatz gefunden werden, der sowohl wirtschaftlich als auch umweltfreundlich ist.
Ab 2030 müssen alle Verpackungen auf dem hiesigen Markt wiederverwendbar und recyclingfähig sein. Ist dieser Zeithorizont realistisch?
Es ist in der Tat eine ehrgeizige Zielsetzung, dass ab 2030 alle Verpackungen wiederverwendbar oder recyclingfähig sein sollen. Obwohl es noch genügend Zeit gibt, um Maßnahmen zu ergreifen, hängt die erfolgreiche Umsetzung von mehreren Faktoren ab. Einer der Hauptfaktoren ist das gesellschaftliche Umdenken und das Konsumverhalten. Die Abkehr von der Wegwerfkultur und die Förderung eines nachhaltigen Lebensstils sind entscheidend, um dieses Ziel zu erreichen. Dies erfordert ein Umdenken sowohl von Verbrauchern als auch von Herstellern und der Industrie. Es ist wichtig, dass Unternehmen und Industrien ihren Beitrag leisten, indem sie umweltfreundliche Verpackungslösungen entwickeln und umsetzen. Das ist nicht nur eine Frage der Kapazität, sondern auch der Bereitschaft, nachhaltige Praktiken zu implementieren. Die Herausforderung liegt auch darin, das Bewusstsein für die Bedeutung von Recycling und Wiederverwendung zu schärfen, um eine breitere Akzeptanz und Unterstützung in der Gesellschaft zu gewinnen. Insgesamt ist es somit schwierig zu sagen, ob das Ziel bis 2030 vollständig erreicht werden kann.
Mechanisches Recycling kommt bei schwierigen Kunststoffzusammensetzungen an seine Grenzen. Chemisches Recycling ist hier die Lösung. Welche Vorteile hat das chemische Kunststoffrecycling?
Das chemische Recycling bietet verschiedene Vorteile, von denen eine der wichtigsten die hohe Reinheit der zurückgewonnenen Polymere ist. Durch den chemischen Prozess kann das Material in seine ursprünglichen Bestandteile aufgespalten und in ein hochwertiges Rohmaterial umgewandelt werden. Dies ermöglicht die Herstellung von Endprodukten mit der gleichen Qualität wie bei der ursprünglichen Herstellung. Gerade Kunststoffe, die auf dem mechanischen Weg schwer oder gar nicht recycelbar wären, können chemisch zurückgewonnen werden. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, den Recyclingprozess genau zu steuern und die gewünschte Qualität zu erreichen. Die Hersteller können die Prozesse so optimieren, um die gewünschten Eigenschaften und Reinheitsgrade zu erzielen, was zu einem effizienten Recycling führt.
Kurz zusammengefasst: Wie funktioniert chemisches Recycling eigentlich?
Chemisches Recycling ist ein Verfahren, bei dem Kunststoffe, auch Polymere genannt, durch den Einsatz von Katalysatoren aufgespalten werden. Dies geschieht durch verschiedene Arten der Spaltung, beispielsweise thermisch mit oder ohne Sauerstoff, ähnlich wie bei der Pyrolyse. Dabei entstehen Dämpfe, die selektiv kondensiert werden und verschiedene Stoffe zurückgewinnen können, wie Methanol, Ethanol oder höherkettige Kohlenwasserstoffe. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Methoden und Geheimnisse des chemischen Recyclings, was zu vielfältigen Ansätzen führt. Das chemische Recycling bietet eine vielversprechende Möglichkeit, saubere Produkte aus Kunststoffabfällen zu gewinnen.
Drei Techniken des chemischen Recyclings (Glykolyse, Methanolyse und Hydrolyse) ermöglichen ein unbegrenztes Recycling sämtlicher PET-Abfälle. Inwiefern unterscheiden sich diese Techniken? Wovon hängt es ab, welche Methode zum Einsatz kommt?
Glykolyse, Methanolyse und Hydrolyse ermöglichen ein unbegrenztes Recycling von Kunststoffen, indem sie PET in seine Monomere aufspalten, die wieder zur Herstellung von neuem PET verwendet werden können. Die Unterschiede zwischen den Techniken liegen in den chemischen Reaktionsabläufen und den eingesetzten reaktiven Partnern wie Glykolen oder Methanol. Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile hinsichtlich der Effizienz, Kosten und Umweltauswirkungen. Die Auswahl der Methode hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Herstellungsprozess des ursprünglichen Polyesters und den technischen Anforderungen der Recyclinganlage.
Die Qualität der herzustellenden PET-Neuware hängt, wie Sie schon erwähnt haben, in hohem Ausmaß von der Reinheit des Monomers ab. Diese wird maßgeblich durch eine Fest-Flüssig-Trennung mit effektiver Kuchenwäsche erreicht …
Richtig. Um eine hohe Qualität der herzustellenden PET-Neuware zu erreichen, ist die Fest-Flüssig-Trennung entscheidend. Allerdings erreicht man so noch keine 100-prozentige Reinheit, hier sind immer noch Verunreinigungen enthalten. Das bedeutet, hier bedarf es einer Aufarbeitung der Feststoffe, also einer gründlichen Kuchenwäsche, um diese Verunreinigungen zu entfernen. BHS-Sonthofen unterstützt die Anwender dabei mit speziellen Maschinen, die auf eine mehrstufige und ressourcenschonende Reinigung ausgelegt sind. Dabei wird die Waschflüssigkeit mehrmals wiederverwendet.
Gut filtriert ist gleich besser recycelt: Die beiden Filtertypen Taktbandfilter und Druckdrehfilter werden von der BHS erfolgreich in verschiedenen Recycling-Anwendungen eingesetzt. Welche Lösung ist wann die richtige?
Die Entscheidung, ob ein Taktband- oder Druckdrehfilter zum Einsatz kommt, hängt von der spezifischen Anwendung, den Anforderungen des jeweiligen Herstellungsprozesses und den Optimierungszielen des Kunden ab. Je nach Prozessbedingung und Konzentration kann die Anzahl der erforderlichen Filtrationsstufen variieren. Wenn beispielsweise ein Prozess mit niedrigeren Konzentrationen arbeitet, könnte ein Taktbandfilter besser geeignet sein, da mehr Stufen möglich sind. Allerdings hat auch ein Druckdrehfilter seine Vorteile, wenn die Anzahl der erforderlichen Stufen ausreicht und so eine bessere Qualität erreicht wird. Beide Filtertypen werden in verschiedenen Anwendungen des chemischen Recyclings erfolgreich eingesetzt.
Wie ist die Gewichtung von mechanischem und chemischen Recycling?
Derzeit ist das mechanische Recycling dominierend und macht etwa 70 bis 80 Prozent des Gesamtrecyclings aus, während das chemische Recycling noch in den Anfängen steckt und nur etwa 20 Prozent oder weniger abdeckt. Es wird erwartet, dass sich die Gewichtung in den nächsten Jahren ändern wird, da immer mehr Unternehmen in das chemische Recycling investieren und neue Technologien entwickelt werden. Die Nachfrage nach umweltfreundlicheren Recyclingmethoden wird steigen, der Anteil des chemischen Recyclings somit zunehmen.
Der Prozess des chemischen Recyclings verbraucht nun aber viel Energie, verursacht Emissionen, benötigt zusätzliche Chemie und hinterlässt Rückstände. Ist chemisches Recycling denn überhaupt umweltfreundlich?
Der Prozess des chemischen Recyclings kann umweltfreundlich sein, wenn er effizient gestaltet wird und weniger Energie verbraucht als die Herstellung von Kunststoff aus Erdöl. Es ist wichtig, möglichst wenig zusätzliche Energie zu benötigen, um das Recycling sinnvoll zu gestalten und die Umwelt zu schonen. Wenn der chemische Recyclingprozess mehr Energie verbraucht als die Herstellung von neuem Kunststoff, wäre der positive Effekt der CO2-Einsparung hinfällig. Das Ziel sollte jedoch sein, mit weniger Energie auszukommen und die CO2-Emissionen zu reduzieren, um die Umweltbelastung zu verringern.
Die Umweltorganisation WWF behauptet, dass das theoretische Potenzial chemischer Recyclingtechnologien nicht erwiesen sei: Es würde an Transparenz und einer soliden Daten- und Beweisgrundlage fehlen, die zur Überprüfung einer höheren Umweltfreundlichkeit und eines besseren ökologischen Fußabdrucks nötig wären. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?
Ich kann mir vorstellen, dass hier unterschiedliche Meinungen kursieren. Ein Grund dafür ist, dass Unternehmen ihre Prozesse oft geheim halten, um Wettbewerbsvorteile zu wahren. Zudem liegt das Hauptziel mancher Unternehmen nicht unbedingt darin, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren, sondern Kunststoffabfälle zu recyceln, was als ausreichend ökologisch erachtet wird. Wenn jedoch der Recyclingprozess mehr Energie, Rohstoffe und Aufwand erfordert als die herkömmliche Herstellung von Kunststoff, fehlt der ökonomische Anreiz und der positive ökologische Effekt schwindet. Je nach Blick variieren die Pro und Contra – es wird immer jemanden geben, der eine andere Ansicht teilt beziehungsweise Informationen als falsch einordnet. Wie heißt es so schön: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Das ist ein schwieriges Thema.
Warum sollten Anwender auf BHS-Sonthofen setzen, wenn es um chemisches Recycling geht?
Die BHS verfügt über langjährige Erfahrung in der Herstellung von Maschinen und Anlagen für verschiedene Anwendungen, einschließlich chemischem Recycling. Zudem arbeiten wir eng mit unseren Kunden zusammen, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die auf die spezifischen Anforderungen und Anwendungen zugeschnitten sind. Wir haben ein erfahrenes Team von Ingenieuren, die kontinuierlich an der Weiterentwicklung der Systeme arbeiten. Unsere Experten setzen sich leidenschaftlich für die Entwicklung neuer Lösungen und Technologien ein. Diese Leidenschaft und Fachkompetenz sind für innovative und effiziente Lösungen für das chemische Recycling entscheidend.
Salopp gefragt: Ist chemisches Recycling jetzt die Lösung für die Industrie?
Ja, aus der Sicht der Industrie ist das chemische Recycling derzeit der State-of-the-Art-Ansatz, um die Recyclingrate von Kunststoffen zu erhöhen. Gesellschaftlich gesehen gibt es jedoch noch andere Herausforderungen, wie beispielsweise den Konsum von Kunststoffprodukten generell zu reduzieren. Eine steigende Nachfrage nach Kunststoffen, insbesondere in Ländern mit wachsender Bevölkerung wie Indien, könnte den Bedarf an Recycling weiter erhöhen. Das chemische Recycling stellt eine vielversprechende Lösung für die Industrie dar, da es hochwertige Rückgewinnungsmöglichkeiten für Kunststoffe bietet und dazu beitragen kann, den ökologischen Fußabdruck zu verringern. Die Industrie erwartet, dass der Anteil an recyceltem Kunststoff in der Produktion in den kommenden Jahren weiter steigen wird, was auch traditionelle Kunststoff-Hersteller dazu veranlassen könnte, ihre Produktionspläne anzupassen. Insgesamt ist chemisches Recycling derzeit der führende Weg für das industrielle Recycling von Kunststoffen.