Im Zuge der Fortschreibung der nationalen Wasserstoffstrategie aus dem Jahr 2020 hat sich die Bundesregierung am 26. Juli 2023 darauf geeinigt, dass die Rolle des Energieträgers bereits bis 2030 erheblich gestärkt werden soll. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen 95 bis 130 TWh H2 bereitstehen. Bis 2045 ist mit einem Bedarf von 500 bis 600 TWh zu rechnen. Zum Vergleich: 2022 wurden in Deutschland insgesamt etwa 866 TWh Erdgas verbraucht. Zur Erreichung dieser Ziele muss die komplette Wasserstoff-Wertschöpfungskette von der Produktion durch Elektrolyseure aus erneuerbaren Energien wie Wind und Solar über die Speicherung, Aufbereitung und Distribution via Schiff oder Pipeline bis zur abschließenden Verwendung durch den Endverbraucher mit hoher Geschwindigkeit ausgebaut werden.
Hochexplosiv bei großem Explosionsbereich
Neben seinem hohen Energiegehalt besteht der große Vorteil von Wasserstoff in seiner CO2-neutralen Verbrennung, bei der lediglich Wasser (H2O) entsteht. Beim Handling von H2 sind allerdings einige Punkte zu beachten. Wasserstoff ist zum Beispiel rund 14-mal leichter als Luft und hat somit eine große Auftriebskraft, was in Freianlagen zu einer raschen Verflüchtigung führt. Aufgrund der geringen Molekülgröße verfügt H2 zudem über eine hohe Diffusionsfähigkeit. Daher kann er sich schnell in andere Medien – wie die umgebende Atmosphäre oder Armaturen aus Metall – verbreiten und diese durchdringen. Vor allem ist Wasserstoff hochexplosiv.
Die Mindestzündenergie von 0,02 mJ stellt einen der niedrigsten Werte sämtlicher bekannten brennbaren Gase dar. In der gefährlichsten Zündgruppe IIC befinden sich abgesehen von H2 mit Acetylen und Schwefelkohlenstoff nur zwei weitere Gase. Im Vergleich zu anderen brennbaren Gasen hat Wasserstoff darüber hinaus einen großen Explosionsbereich, der von vier Volumenprozent in Luft (untere Explosionsgrenze UEG) bis 77 Volumenprozent in Luft (obere Explosionsgrenze OEG) reicht.
Ex i als wartungsfreundliche Zündschutzart
Hersteller und Betreiber von Wasserstoffanlagen – wie Elektrolyseuren, Verdichtungs- oder Übergabestellen – müssen deshalb eine Risikoanalyse durchführen. Ziel ist die systematische Erfassung potenzieller Explosionsgefahren sowie die Ermittlung von deren Auftrittswahrscheinlichkeit (Zoneneinteilung gemäß EN/IEC 60079-10). Ferner sind geeignete Maßnahmen des primären Explosionsschutzes (Vermeidung des Auftretens explosionsfähiger Atmosphären) und/oder des sekundären Explosionsschutzes (Vermeidung von Zündquellen gemäß der Normenreihe EN/IEC 60079) zu ergreifen.
Für die Mess-, Steuer- und Regelungstechnik in Anlagen mit explosionsgefährdeten Bereichen (sekundärer Explosionsschutz) hat sich weltweit die Zündschutzart Eigensicherheit (Ex i) etabliert. Im Gegensatz zu weiteren Zündschutzarten – wie Druckfeste Kapselung (Ex d) – erweist sich diese als konstruktiv kostengünstiger und erlaubt außerdem die Ausführung von Wartungsarbeiten und Umbauten im laufenden Betrieb.
Das Schutzprinzip der Zündschutzart Ex i gemäß der EN/IEC 60079-11 basiert auf der Begrenzung der in den explosionsgefährdeten Bereich geleiteten und dort speicherbaren Energie (Ex-i-Trenner). Die Energie eines möglichen Funkens ist somit immer kleiner als die Mindestzündenergie der umgebenden explosionsfähigen Atmosphäre, und es können sich keine unzulässig heißen und folglich zündfähigen Oberflächen bilden.
Erbringung des Nachweises der Eigensicherheit
Der eigensichere Stromkreis setzt sich in der Regel aus den folgenden Komponenten zusammen: dem eigensicheren Betriebsmittel, also einem im Ex-Bereich installierten Verbraucher (beispielsweise einem Ex-i-Temperaturtransmitter), dem zugehörigen Betriebsmittel, wobei es sich um eine im Nicht-Ex-Bereich verbaute Quelle (Ex-i-Trenner) handelt, sowie der verbindenden Leitung (Kabel). Den Ex-i-Trennern kommt hier eine wesentliche Bedeutung zu.
Gemäß EN/IEC 60079-0 und -11 trennen sie den eigensicheren Stromkreis galvanisch sicher von allen anderen nicht-eigensicheren Stromkreisen. Insbesondere begrenzen sie die in den Ex-Bereich geführte Energie – somit die maximale Leerlaufspannung Uo, den maximalen Kurzschlussstrom Io und die maximale Leistung Po – auf ein nicht-zündfähiges Niveau. Gleichzeitig legen sie über die Angaben Co und Lo fest, welche maximalen zusätzlichen Energiespeicher – konzentrierte Kapazität Ci sowie konzentrierte Induktivität Li im Feldgerät, Leitungskapazitäten Cc und Leitungsinduktivtäten Lc – angeschlossen werden dürfen, ohne die Eigensicherheit des Stromkreises zu gefährden.
Um sicherzustellen, dass die jeweilige Zusammenschaltung keine zündfähigen Funken und heißen Oberflächen erzeugen kann, muss der Anwender oder Anlagenbetreiber den „Nachweis der Eigensicherheit“ entsprechend der EN/IEC 60079-11 und der Errichternorm EN/IEC 60079-14 umsetzen und dokumentieren. Dem Anwender bietet dieses Verfahren den Vorteil, dass sich Ex-i-Feldgeräte und Ex-i-Trenner herstellerunabhängig gemäß den spezifischen Anforderungen auswählen und kombinieren lassen.
Einhaltung der Safety-Normen
Das Prinzip des primären Explosionsschutzes liegt in der Vermeidung des Auftretens explosionsfähiger Atmosphären, zum Beispiel durch Verhinderung des Entstehens brennbarer Gase. Oder die Konzentration des Gas-/Luftgemisches wird durch Maßnahmen wie technische Belüftung/Ventilation so verändert, dass sie sich außerhalb der Explosionsgrenzen befindet. Für die Prozesssicherheit in Anlagen wie Elektrolyseuren, Kompressoren sowie Brand- und Gassicherheitssystemen zur Herstellung und Distribution von (grünem) Wasserstoff sind daher für sicherheitsgerichtete Funktionen – beispielsweise Mess- und Regelkreise mit Druck-, Temperatur-, Gaserkennungssensoren, Durchflussmessgeräten und Aktoren – die Sicherheitsstandards und Anforderungen aus den internationalen Normen IEC 61508 und IEC 61511 zur funktionalen Sicherheit einzuhalten.
Portfolio für kleine und große Signalmengen
Das Portfolio an Ex-i-Trennverstärkern und -Messumformern von Phoenix Contact beinhaltet maßgeschneiderte Lösungen für unterschiedliche Anwendungen. Abgedeckt werden sowohl kleine, dezentrale Signalmengen (H2-Tankstelle) als auch Systemlösungen für große Signalmengen (20-MW-PEM-Elektrolyseanlage), wobei eine Plug-and-Play-Anbindung von Standard- und Universal-IO-Karten unterstützt wird.
Die neuen, hochkompakten Ex i-Trennverstärker und Messumformer der Mini-Analog-Pro-Serie umfassen sämtliche wichtigen Funktionen wie Analog Input, Analog Output, Digital Input, Digital Output und Temperatur. Die 2023 mit dem German Innovation Award „Ein Meilenstein in der Miniaturisierung“ ausgezeichneten Geräte vereinen den eigensicheren Explosionsschutz und die funktionale Sicherheit bis SIL 3 in 1oo1-Architektur auf lediglich 6,2 mm Baubreite. Der Temperatureinsatzbereich erstreckt sich von -40 °C bis 70 °C. Abgesehen von der Platzersparnis profitieren die Anwender vom nutzerfreundlichen Design- und Bedienkonzept, den vielfältigen Parametrieroptionen, einer durchgängigen Digitalisierung sowie den optional steckbaren Kommunikationsgateways.
Die seit Jahren in zahlreichen weltweiten Anwendungen bewährten und kontinuierlich ausgebauten Ex-i-Trennverstärker und Messumformer der MACX-Analog-Serie bieten auf einer Baubreite von 12,5 mm ein umfangreiches Funktionsspektrum. Dazu gehören unter anderem ein- und zweikanalige Lösungen für alle Standardfunktionen sowie Signalverdoppler, Grenzwertschalter, Sonderfunktionen und Varianten mit Performance-Level-Zertifizierung gemäß EN ISO 13849.
Die Mini- und MACX-Geräte verfügen über gut zugängliche, steckbare Klemmen und ein gemeinsam nutzbares Energiebrückungssystem, das auf modularen Tragschienen-Busverbindern basiert. Deshalb lassen sie sich ebenfalls kombiniert installieren. Bei Plug-and-Play-Anwendungen mit Systemkabeln können sie mittels universeller oder systemspezifischer Termination Carrier an die Standard-IO-Karten verschiedener Leitsystemhersteller fehlerfrei angebunden werden.
Mit VIP-I/O-Marshalling ist ein Interfacesystem für Universal-I/O-Karten erhältlich. Das aus einem universellen, 16-kanaligen Basismodul sowie steckbaren Funktionsmodulen und Systemkabeln bestehende System kombiniert die Signalrangierung und -verarbeitung für Universal-I/O-Systeme. Die Feldsignale werden direkt auf das Basiselemente aufgelegt. Die Funktionsanpassung erfolgt flexibel durch Stecken der jeweiligen Funktionsmodule. So lassen sich große Rangier- und Interfaceschränke einsparen, die Querverdrahtung entfällt und Projektdurchlaufzeiten werden reduziert.
Zulassungen für den internationalen Einsatz
Sämtliche Ex-i-Trennverstärker von Phoenix Contact sind entsprechend der ATEX-Zulassungen mit der Kennzeichnung Ex II(1)G [Ex ia Ga]IIC und Ex II(1)D [Ex ia Da]IIIC für Ex-i-Stromkreise bis Ex-Zone 0 (Gas) und Ex-Zone 20 (Staub) in allen Ex-Zonen sowie für sämtliche Stoffgruppen – mit IIC auch für Wasserstoff – verwendbar. Das bedeutet ein hohes Maß an Flexibilität.
Die Geräte zeichnen sich durch optimal abgestimmte Io-, Uo- und Po-Werte aus, wodurch sie kompatibel zu einer großen Anzahl an Ex-i-Feldgeräten sind. Ferner lassen sich die MACX-Geräte gemäß der Zündschutzarten Ex n und Ex ec in der Ex-Zone 2 verbauen, sodass sich die Nutzung in dezentralen Automatisierungskonzepten vereinfacht. Weitere internationale und nationale Zulassungen wie IECEx, UL, CCC oder INMETRO schaffen die Voraussetzung für den Einsatz in weltweiten Anwendungen. Außerdem sind alle Ex-i-Trenner von Phoenix Contact für die Verwendung in sicherheitsgerichteten Funktionen bis SIL 2 respektive SIL 3 gemäß IEC EN 61508 entwickelt und zugelassen.