Oszilloskope sind die in der Praxis am häufigsten eingesetzten Messgeräten. Schaut man sich die aktuellen Hochglanzprospekte der Anbieter an, so gibt es keinen Hersteller, der nicht die Qualität der Signaldarstellung hervorhebt. Doch was nützt eine noch so schöne Signaldarstellung, wenn es dabei zu Messfehlern kommt? Dieser Beitrag geht auf einige mögliche Ursachen für Messungenauigkeiten bei modernen Oszilloskopen genauer ein und zeige wo diese Spezifikation im Datenblatt zu finden sind. Außerdem finden Sie Tipps, wie Sie das für Sie richtige Messgerät finden und dieses dann optimal einsetzen können.
Oszilloskope sind ideale Messgeräte um Signalverläufe in elektrischen Schaltungen zu analysieren. Leider sind sie, wenn man z.B. eine Spannung messen möchte, sehr viel ungenauer als die meisten Anwender annehmen. Dies hat vielfältige Ursachen. Einige der Fehler sind systembedingt, einige hängen vom jeweiligen Oszilloskop ab und andere wiederum sind von den gewählten Einstellungen abhängig und können somit vom Nutzer beeinflusst werden.
Systembedingte Fehler
Ein systembedingter Fehler ist die Tatsache, dass ein Oszilloskop bei der spezifizierten Bandbreite also der Grenzfrequenz, bereits 3 dB Amplitudenabfall hat, was einem Fehler von 30 Prozent entspricht. Wie verhält sich die Amplitudengenauigkeit aber unterhalb der Grenzfrequenz? Bis auf die DC-Genauigkeit findet man in der Regel keine Angaben im Datenblatt. Da jeder Hersteller den typischen Frequenzgang seiner Geräte kennt, lohnt es sich durchaus diese Spezifikation beim Hersteller genauer zu erfragen. Die DC-Amplitudengenauigkeit wird dagegen spezifiziert und lässt sich direkt im Datenblatt finden. In der Regel wird der DC-Fehler als Prozentwert von „Full-Scale“ also von der Vollaussteuerung angeben. Damit ist auch dieser Fehler zumeist größer als der Wert im Datenblatt es vermuten lässt, wenn man die falschen Geräteeinstellungen wählt. Misst man z.B. ein 1 Volt DC-Signal im 500 mV/Div Bereich, so bezieht sich der Fehler nicht auf die 1 V des Signals, sondern auf 500 mV/Div mal der Anzahl der vertikalen Division. Gehen wir von den meistens üblichen 8 Division aus, so errechnet sich der Fehler aus 8 x 500 mV, also aus 4 V. Hat ein Oszilloskop 2 Prozent DC-Fehler, so ergibt sich ein maximaler DC-Fehler von 80 mV oder 8 Prozent bezogen auf die zu messenden Spannung von 1 V. Wird nun zur besseren Darstellung das Signal auf dem Bildschirm vertikal verschoben, kommt zusätzlich noch ein Offsetfehler hinzu, der meistens in der gleichen Größenordnung liegt wie der DC-Fehler.
Vermeidbare Fehler
Eine Fehlerquelle, die der Anwender direkt beeinflussen kann, ist die Aussteuerung des A/D-Wandlers. In den meisten Oszilloskopen werden immer noch 8-Bit-Wandler verwendet, was bedeutet, dass ein Signal mit nur 256 Amplitudenstufen gewandelt wird. Ein 1-V-Signal kann also im Idealfall mit ca. 40 mV aufgelöst werden. Dazu muss das 1-V-Signal aber den vollen A/D-Wandler Bereich aussteuern. Werden nun mehrere Signale gleichzeitig untereinander auf dem Bildschirm angeordnet, sodass diese sich nicht überlagern, füllt jedes Signal auch nur einen Teil des Bildschirms aus und damit wird auch nur ein Teil des A/D-Wandlers genutzt. Bei vier Signalen auf dem Bildschirm also max. 64 Amplitudenstufen.
Sinnvoll ist es daher, wenn das verwendete Oszilloskop die Möglichkeit bietet, die Signale auf mehre sogenannte Grids zu verteilen. Nun stehen jedem Signal die vollen 256 Amplitudenstufen zur Verfügung, ohne dass sich die Signale gegenseitig überlagern.
Zeit genauer messen
Wie sieht es nun bei Zeitmessungen aus? Hier sind Oszilloskope wesentlich genauer. Der Anwender sollte aber auch hier einige wichtige Punkte beachten. Betrachten wir als Beispiel die Messung der Anstiegszeit. Für eine korrekte Messung müssen wir zuerst die Definition eines Pulses nach IEEE betrachten. Hier wird bei einem Puls zwischen Base und Minimum sowie zwischen Top und Maximum unterschieden.
Dies hat einen guten Grund, denn ein Puls kann einen Über- oder Unterschwinger haben, der für die Messparameter, wie z. B. die Anstiegszeit, unberücksichtigt bleiben soll. Da auch viele andere Parameter, wie Pulsbreite oder Frequenz, diese Top- und Basewerte als Referenz benötigen, um die korrekten 50 Prozent Amplitudenwert für die Messung zu finden, hat eine falsche Berechnung weitere Messfehler zur Folge.
Um den Base- oder Topwert korrekt zu berechnen, muss ein Histogramm über die Amplitude gebildet werden. Anhand dieses Histogramms kann dann der Base- und Topwert wie auch das Maximum und Minimum bestimmt werden. Diese Histogramm Bildung ist sehr rechenintensiv und wird daher in vielen Einstiegsmodellen nicht oder nur in einer sehr einfachen Form verwendet.
Ein weiterer Schwachpunkt ist häufig, dass nur ein Teil der Kurve, oder sogar nur die Bildschirmpunkte zur Berechnung der Messwerte herangezogen werden. Solange nur eine Flanke auf dem Bildschirm des Oszilloskops dargestellt und diese noch zeitlich gut aufgelöst erfasst wurde, ist der gemessene Parameterwert korrekt. Werden jedoch viele Perioden gleichzeitig erfasst und dargestellt, zeigen sich bei manchen Geräten deutliche Schwächen. Es wird entweder nur ein einzelner Wert pro Erfassung gemessen, oder die Messung wird sogar nur auf den Bildschirmpunkten statt auf den erfassten Rohdaten durchgeführt, was zur Folge hat, dass keine oder sogar falsche Werte angezeigt werden.
Automatisch messen?
Automatische Messfunktionen sind heute Standard bei Oszilloskopen. Mit welchen Messfehlern aber im Einzelfall zu rechnen ist, lässt sich oft nur sehr schwer aus den Datenblättern herauslesen. Messfehler durch vereinfachte Messmethoden oder durch Messung der Parameter auf Bildschirmpunkten werden in den Datenblättern komplett verschwiegen. Zusammenfassend wird deutlich, dass Anwender, die Wert auf eine möglichst hohe Messgenauigkeit legen, daher unbedingt vor dem Kauf eines Oszilloskops die entsprechenden Punkte bei dem Hersteller erfragen und im Zweifel eigene Messungen im Rahmen einer Vorführung oder Leihstellung des Gerätes durchführen sollten.