Der Gleinalmtunnel auf der Pyhrnautobahn A9 verbindet in Österreich die Bezirke Leoben und Graz-Umgebung. Über eine Länge von 8,3 km sind zwei Abluftschächte verteilt, die mehr als 300 m in den Berg hinabreichen. Um sie warten und den Schachtzustand begutachten zu können, wurden im Jahr 1980 Aufzüge in die Schächte hineingebaut. Nach gut vier Jahrzehnten Betrieb sollten die Schachtaufzüge umgerüstet und auf den neuesten technischen Stand gebracht werden, auch hinsichtlich funktionaler Sicherheit.
Die österreichische Infrastrukturgesellschaft ASFiNAG beauftragte Strabag Infrastructure & Safety Solutions (SISS) mit der Modernisierung der Aufzüge in den beiden Wartungsschächten. Dank der guten Zusammenarbeit mit ABB bei anderen Tunnelprojekten hat sich SISS entschieden, die Aufzüge mit der Sicherheits-SPS AC500-S aufzurüsten.
Bernhard Heinzel, Gruppenleiter Technischer Support bei SISS ist mit dem Ergebnis zufrieden: „Vor dem Retrofit sind die Wartungsarbeiter häufig mit dem Aufzug stecken geblieben – an einem dunklen, kalten Ort ohne Handyempfang. Jetzt funktioniert alles reibungslos.“
Performance Level c als Anforderung
Die AC500-S kann für die Sicherheitsfunktionen bis Performance Level (PL) e nach ISO 13849-1 eingesetzt werden. Im Rahmen einer Risikoanalyse wurde bei diesem Projekt für einige Funktionen PL c als Anforderung definiert. Um dies zu erfüllen, wird über die Steuerung ein Drehgeber ausgewertet, der die Signale für die Funktionen „sicher begrenzte Geschwindigkeit“ und „sichere Bremsansteuerung/sicherer Stopp“ liefert.
Indiziert der Drehgeber, dass die Aufzugsgeschwindigkeit über einem bestimmten Grenzwert liegt, veranlasst die Steuerung, dass eine Hydraulikbremse aktiviert wird, die die Geschwindigkeit auf ein sicheres Niveau drosselt oder einen sicheren Stopp vornimmt.
Da die SPS an der Stahlseiltrommel angebracht wurde, die Aufzugsbewegung aber aus dem Fahrkorb heraus gesteuert wird, befindet sich sichere dezentrale Peripherie im Fahrkorb. Es musste daher eine Verbindung zwischen der SPS und der Peripherie geschaffen werden, die auch 360 m in den Berg hinein zuverlässig funktioniert und sicherheitsgerichtete Daten verarbeitet. Mit der AC500-S und dem integrierten Profinet-/Profisafe-Feldbus wird dies über eine redundante WLAN-Verbindung und Richtfunk erzielt.
Aufgrund der extremen klimatischen Bedingungen können sich vor allem im Winter bis zu 3 m lange Eiszapfen im Schacht bilden, die Personal und Ausrüstung gefährden können. Mithilfe einer speziellen Blechkonstruktion am Aufzug können die Eiszapfen zerschlagen werden. Dafür wurden die berührungslosen Sicherheitssensoren Eden (IP69K) von ABB verwendet. Die Sensoren geben an, wann sich der Schachtaufzug in einer zuvor festgelegten Position befindet, aus der die Eiszapfen sicher durch eine vordefinierte Bewegung zerschlagen werden können.
Sicherheitsfunktionen mit ST programmieren
Hauptargument für den Einsatz der AC500-S war die Möglichkeit einer Programmierung der Sicherheitsfunktionen mit der Programmiersprache Structured Text (ST). Mit ST kann sehr flexibel und schnell programmiert werden. Etwaige Programmierfehler können mit dem Safety Code Analysis (SCA)-Tool von ABB gegengeprüft werden.
Mit diesem Sicherheitscode-Analysetool können sicherheitsrelevante Programmierregeln nach IEC 61508-3 für die Sprachen ST, FBD (Function Block Diagram) und LD (Ladder Logic) verifiziert werden. Das SCA-Tool ist durch den TÜV SÜD für Anwendungen bis SIL 3 (IEC 61508) und PL e (ISO 13849-1) zertifiziert. Der resultierende Code mit übersichtlicher Struktur beschleunigt nicht nur die Inbetriebnahme, sondern verringert auch die Zertifizierungs- und Wartungsaufwände nach der Implementierung erheblich. Das SCA-Tool wurde in diesem Projekt auch bei der Abnahme durch den Sachverständigen verwendet.
Steuerung unterstützt komplexe Arithmetikfunktionen
Die Möglichkeit trigonometrisch gesteuerter Sicherheitsanwendungen ist ein weiterer Vorteil der AC500-S. Die Steuerung unterstützt komplexe Safety-Arithmetikfunktionen (SIN, COS, TAN, LOG, LN, SQRT usw.) mit Fließkommaberechnungen. Bei Fahrstühlen lässt sich dadurch die sicher begrenzte Geschwindigkeit dynamisch und sehr präzise für die Anwendung überwachen.