Das Licht geht an, sobald der Lichtschalter umgelegt wird. Das begreifen wir in unserer Gesellschaft als Selbstverständlichkeit. Doch der Energiesektor ist mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Darunter: der Ruf nach erneuerbaren Energieträgern, geopolitische Spannungen und die Fragen, ob die deutsche Energieversorgung wirklich sicher ist und wie Gas und Strom bezahlbar bleiben. Gleichzeitig erwarten wir, dass der weltweite Energiebedarf in den nächsten 30 Jahren um 47 Prozent steigt.
Die Branche muss nun zeigen, wie anpassungsfähig sie ist. Denn sie steht vor einem Energie-Trilemma: Energieunternehmen müssen eine sichere, bezahlbare und nachhaltige Versorgung sicherstellen. Auf diese existenzielle Frage kann es nur eine gemeinschaftliche Antwort geben.
Drei Handlungsansätze
Es gibt drei verschiedene Hebel, um das Energie-Trilemma zu bewältigen. Die Politik kann Ziele für verringerte Emissionen vorgeben, neue gesetzliche Richtlinien und Anreize schaffen, damit auch eine nachhaltigere Energieproduktion für Unternehmen attraktiver wird. Aber auch marktbasierte Ansätze spielen eine wichtige Rolle. Dazu zählen ein regulierter CO2-Preis oder Energieauktionen, in denen Energielieferanten an offenen Bieterverfahren für Versorgerverträge teilnehmen.
Der dritte und wichtigste Hebel stellt industrielle Technologie dar. Entwicklungen wie Cloud Computing, künstliche Intelligenz (KI) und Prozessautomatisierung können zu einer effizienten und verlässlichen Energieversorgung beitragen. Gleichzeitig unterstützen sie auch die anderen beiden Ansätze der politischen und marktbasierten Regulierung. Studien von Accenture und des Weltwirtschaftsforums zeigen, dass heute verfügbare Technologien bereits einen großen Beitrag leisten können. Sie können bis zu 20 Prozent der benötigten Emissionsreduktionen erreichen, die laut der Internationalen Energieagentur (IEA) für das Netto-Null-Ziel 2050 erforderlich sind.
Technologien sind die Grundlage für eine datenzentrierte Industriewirtschaft, die das Energie-Trilemma vernetzt lösen kann. Denn Daten helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen, ihren Betrieb zu optimieren und die Leistung zu verbessern. Mithilfe von Sensoren und weiteren Datenquellen können sie Informationen aus dem gesamten Anlagenlebenszyklus sammeln und in der Cloud zu einem virtuellen Abbild ihrer Anlagen vereinen.
Weitere KI-basierte Anwendungen reichern diesen Digitale Zwilling weiter an und schaffen so eine wertvolle Informationsquelle. Auf Basis dieser Erkenntnisse können Energieunternehmen proaktiv ihre Anlagen sowie Prozesse anpassen und somit profitabler und emissionsärmer produzieren.
Der Wert von Technologien
Erfassen und steuern Unternehmen ihren Betrieb vollständig digital, können sie „Energiefresser“ lokalisieren und reduzieren, Unterbrechungen in der Energieversorgung antizipieren und nachhaltigere Innovationen entwickeln. Zwei Beispiele hierfür stellen smarte Stromnetze und die KI-basierte, vorausschauende Wartung aller Anlagenbereichen dar. Ein weiterer Vorteil dieser industriellen Technologien: Interne Abteilungen sowie externe Partner können sicher und in Echtzeit auf die Informationen zugreifen. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit sie ihr Wissen und ihre Ressourcen auch für innovative Lösungen bündeln und verknüpfen können.
Drei Entwicklungen spielen im Energiesektor eine besonders wichtige Rolle:
Integriertes Datenmanagement
Wenn sie ihre Daten nicht überblicken, tappen Unternehmen sprichwörtlich im Dunkeln. Sie können jedoch nur effizienter werden, wenn all ihre Aktivitäten messbar sind. Informationsmanagementsysteme verwalten technische, betriebliche und wirtschaftliche Echtzeit-Daten, Industrielle Software-Anwendungen wandeln sie schließlich mühelos in kontextualisierte Informationen um und bringen so Licht ins Dunkle.
So wendete das Fortune-500-Unternehmen DCP Midstream das Aveva PI System über einen Zeitraum von fünf Jahren an. Dabei sammelte und visualisierte DCP Midstream mit der Industriesoftware Daten, reicherte sie mit weiteren Informationen an und stellte sie ihren Mitarbeitenden zur Verfügung. Dadurch erhielten sie eine einheitliche Sicht auf die Betriebsabläufe und profitierten von verbundenen Systemen, die zuvor noch separat waren. Dadurch verbesserte das Unternehmen seine Betriebsabläufe deutlich und sparte innerhalb eines Jahres 25 Millionen Dollar.
Dekarbonisierung mit KI
Laut Daten von McKinsey haben Unternehmen die durchschnittliche Anzahl der eingesetzten KI-Funktionen verdoppelt, von 1,9 im Jahr 2018 auf 3,8 im Jahr 2022. KI und maschinelles Lernen können die bestehende Energieversorgung aufrechterhalten und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen senken. Einfach ausgedrückt: Wer Daten und KI-Analysen einsetzt, behält seine Emissionen im Blick.
Simulationen zeigen dann, wie Betriebe diese gezielt reduzieren können. Die Technologie hilft auch bei der Überwachung von Prozessoptimierungen und liefert empirische Belege für gesenkte Emissionen. Das spanische Unternehmen Repsol nutzt bereits dynamische Echtzeit-Simulationen in der Cloud und Deep Reinforcement Learning. Dieses baut mit mehreren Ursache-Wirkungs-Szenarien ein „KI-Gehirn“ auf, welches die jeweiligen Folgen abschätzt und sie systematisch bewertet.
Die KI-gestützte Steuerung und autonome Betriebsprotokolle haben die CO2-Emissionen im gesamten Betrieb von Repsol gesenkt. Gleichzeitig reduzierte Deep Reinforcement Learning die benötigte Zeit für eine Umstellung auf Rohöl um 40 Prozent.
Vernetzte Daten
Auf dem Weg zur Energiewende müssen Unternehmen Lösungen für erneuerbare Energien so priorisieren, dass gleichzeitig ein Mehrwert entsteht. Teilen alle Partner, Lieferanten und Kunden ihre Daten sicher miteinander, können sie im Bereich der erneuerbaren Energien große Datenmengen verwalten und analysieren. Das optimiert die Energieerzeugung, verbessert die Effizienz und senkt die Kosten.
So setzt der US-amerikanische Gas- und Elektrizitätskonzern Dominion Energy Softwarelösungen ein, um die Daten all ihrer Stromnetze für erneuerbare Energien zu vereinheitlichen. Damit reguliert das Unternehmen große Schwankungen und ermöglicht zugleich eine optimale Energieversorgung. Dem Elektrizitätsspezialist stehen die vollständigen Echtzeit-Betriebsdaten ihrer Netze in der Cloud zur Verfügung. Diese Cloud-Daten kann das Unternehmen selbstverständlich auch an seine Kunden weitergeben und somit transparent die eigenen ESG-konformen Aktivitäten nachweisen.
Fazit
Immer mehr Unternehmen tauschen ihre industriellen Daten strategisch und sicher untereinander aus, wenn sie mit externen Partnern, Lieferanten und Kunden zusammenarbeiten – und das sollten sie auch. Die Vorteile einer vernetzten Industriewirtschaft liegen nicht nur darin, dass sie Einblicke in die Leistungsdaten gewährt. Die gemeinsame Arbeit mit Informationen ermöglicht eine engere Kollaboration von Teams und Netzwerken, die die gesamte Wertschöpfungskette umfassen.
Gemeinsam decken sie neue Synergien auf, reduzieren Verschwendung, eröffnen neue Möglichkeiten und ermöglichen eine stabile Energieversorgung. Mit dieser gelebten datenbasierten Kollaboration kann ein vernetzter Energiesektor dem Energie-Trilemma selbstbewusst begegnen.