A&D:
Wie kam es zur Idee des Portals?
Dr. Gössling:
Die Idee kam hauptsächlich im Rahmen unserer netIOT-Entwicklung auf, wo wir unsere Plattform mit vielen Feldgeräten kommunizieren lassen und testen. Unsere Ingenieure waren viel damit beschäftigt, sich die Gerätebeschreibungsdateien auf diversen Herstellerseiten aufwendig herunterzuladen. Aus diesem Bedarf heraus haben wir erkannt, dass es eigentlich eine technische Lösung dafür geben müsste, all diese Gerätebeschreibungen zentral zu finden. Und idealerweise sollte unser Engineering-Tool sich die Datei gleich automatisch holen. Das war der Startschuss für das Device Information Portal.
Welches Ziel haben Sie zum Start?
Das wichtigste Ziel unserer Initiative ist Akzeptanz bei Endanwendern und Herstellern zu erreichen. Wir wollen Datentreuhänder sein und nicht etwa als jemand auf dem Markt auftreten, der die Daten für sich abgreift. In diesem Jahr ist das Portal für alle komplett kostenfrei, damit sich alle ohne Vorbehalte von unserem Vorhaben überzeugen können.
Und was passiert nach 2017?
Auch dann bleibt es für die Anwender dauerhaft kostenfrei, sich über das Device Information Portal Dateien herunterzuladen.
Ist das Geschäftsmodell eine Leadgenerierung?
Nein, wir generieren keine Nutzerprofile. Das einzige, was wir für einen teilnehmenden Hersteller anbieten, ist die Einsicht auf anonymisierte, statistische Daten über die Zugriffe auf seine Produkte. Damit generiert das Portal für die beteiligten Hersteller den Mehrwert, zu sehen, welche Produkte am häufigsten nachgefragt werden. Wir können und wollen aber nicht Geld verdienen mit Daten, die anderen gehören. Unsere Preisstrategie basiert auf Kostendeckung, die durch Traffic und Hosting des Portals entstehen.
Aber wie verdienen Sie mit dem netIOT Device Information Portal Geld?
Hersteller von Geräten können darüber nachdenken, sich eine eigene Infrastruktur für die Verwaltung der Geräteinformationen zu sparen. Wir werden das Portal auch als herstellerspezifische Variante anbieten. Beispielsweise lässt sich dann auf der Website des Herstellers ein auf ihn gefiltertes und personalisiertes Device Information Portal einbinden. Natürlich öffnet uns das Portal auch Türen für Geschäftsanbahnungen bei Firmen, mit denen wir vorher nie in Kontakt waren. Wir betreten eine völlig neue Welt der IT-Services.
Wie überzeugen Sie Hersteller, sich am neuen Portal von Hilscher zu beteiligen?
Zuerst wollen wir den Aufwand für den Hersteller möglichst gering halten, beispielsweise über Technologien wie den Webcrawler, der die Nachpflege der eigenen Daten automatisiert. Auf der anderen Seite stehen die tatsächlichen Vorteile für die Hersteller. Wie schon erwähnt, gibt es den Zugriff auf die statistische Auswertung der eigenen Produkte. Wenn das Portal eine kritische Masse erreicht hat, erhalten die vertretenen Hersteller zusätzliche Sichtbarkeit und Präsenz. Ingenieure wählen dann auch lieber Komponenten eines Herstellers aus, der im Portal vertreten ist, wenn es sonst keine gravierenden Unterschiede bei den Produkten gibt.
Und wie bekommt ein Hersteller letztendlich seine Dateien auf das Portal?
Alle Dateien bleiben geistiges Eigentum des Geräteherstellers, wir sind nur Treuhänder. Für dieses Verhältnis muss eine Nutzungsvereinbarung unterzeichnet werden. Um die Dateien tatsächlich auf die Plattform zu bekommen, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder sammelt der Webcrawler auf der eigenen Website automatisch die entsprechenden Dateien, oder der Hersteller lädt sie selbst auf unser Portal hoch. Dies erfolgt über ein Upload-Frontend, welches auch für die Verwaltung dient. Oder der Upload wird über die API-Schnittstelle zwischen dem Device Information Portal und dem Tool des Herstellers realisiert.
Kollidiert Ihre Lösung mit den Services von E-CAD-Portalen?
Das Thema der Electrical Engineering ist sehr relevant für uns und für den Markt. Wir haben in Gesprächen mit den großen Anbietern von Engineering-Lösungen festgestellt, dass ganz konkret die Gerätebeschreibungsdateien immer noch ein bisher fehlendes Element in allen Angeboten sind. Hilscher kann hier etwas ergänzen, was die Kunden bisher so noch nicht haben. Das hat deren Interesse am netIOT Device Information Portal geweckt.
Was sucht ein Ingenieur neben der Geräteinformationsdatei denn noch?
Oft benötigen die Nutzer Handbücher und Datenblätter, beliebt sind auch How-to’s, also Kurzanleitungen zu bestimmten Themen. Bei komplexen Produkten erfolgt die Suche zusätzlich nach Videos und Whitepapers. Alle Informationen kann unser Portal zur Verfügung stellen.
Wie kann sich der Kunde sicher sein, immer die aktuellste Datei zu erhalten?
Das Portal zeigt immer die Version und das Einstelldatum der Geräteinformationsdatei an. Der Webcrawler macht regelmäßige Abfragen auf den Herstellerseiten. Wir können uns auch vorstellen, über die Webcrawler-Technologie Updates in Echtzeit einzuführen, sobald sich auf der Herstellerseite etwas ändert. Die Aktualität des Device Information Portals hat für uns die höchste Priorität. Arbeiten wir mit veralteten Dateien, akzeptiert uns der Kunde nicht.
Wen adressieren Sie primär mit DIP?
Alle, die in der Automatisierungstechnik zugange sind. Von Entwicklern und Inbetriebnahme-Ingenieuren über die Hersteller der Automatisierungskomponenten bis hin zu den Software-Anbietern, die entsprechende Tools entwickeln. Hinzu kommen die Feldbus-Organisationen.
Wie lauten Ihre nächsten Schritte?
Wir haben zurzeit ein Demo-System des Portals online, dass sich jeder ansehen kann. Zum offiziellen Start auf der Hannover Messe werden wir eine Vielzahl von Partnern haben, die entsprechend Content bieten. Wir werden den Web Crawler kontinuierlich erweitern und schauen, was für Anforderungen dort auftreten. Bis Ende September wollen wir auch eine verbindliche Preisliste für das kommende Jahr kommunizieren. Die darauffolgenden Entwicklungsschritte werden sich durch die Nutzung und den Bedarf unserer User ergeben, wofür wir natürlich ein offenes Ohr haben und auf die Kontaktaufnahme hoffen.
Trauen Nutzer und Hersteller es Hilscher zu, so ein Portal erfolgreich auf dem Markt zu etablieren?
Durch unsere netIOT-Strategie haben wir uns Kompetenzen erarbeitet, die im Markt akzeptiert werden. Es gibt sicher größere Spieler in der Automatisierungstechnik, aber die können nicht wie wir als Treuhänder mit einer glaubwürdigen Neutralität auftreten. Das Portal muss unabhängig sein, allen Teilnehmern die gleichen Voraussetzungen bieten und weder Wertungen noch Bevorzugungen vornehmen. Dafür steht Hilscher mit seinem Namen.