Konkurrenzfähig bleiben mit passender Instandhaltung Acoustic Emission Testing

Anlagenprüfung mittels Akustik: Schallwellen und Vibrationen geben Rückschlüsse auf Materialermüdung, Rissbildung oder unerwünschte Ablagerungen.

Bild: publish-industry Verlag
15.03.2025

Gemäß Betriebssicherheitsverordnung sind gefährliche Situationen und Ereignisse in prozesstechnischen Anlagen zu vermeiden. Geeignete Verfahren für die wiederkehrenden Prüfungen sollen eine frühzeitige Schadenserkennung ermöglichen und die Instandhaltung optimieren. Diese Anforderungen erfüllt das Acoustic Emission Testing. Ein weiterer Vorteil: Mit dieser Methode können auch die Prüfnebenkosten deutlich verringert werden.

Zerstörungsfreie, sensorbasierte Prüfmethoden sind bei der Anlagenprüfung keine Neuheit. Die Weiterentwicklung des Acoustic Emission Testing (AT) ermöglicht allerdings eine gezieltere und effektivere Überprüfung unter anderem von druckbeaufschlagten Anlagenkomponenten in der Prozessindustrie. Das ist alternativlos für die Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn die Anforderungen des Markts sind dynamisch. Modulare Anlagen mit Plug-and-Produce-Konzepten und kleinere, gemäß Kundenwünschen angepasste Produktionschargen verändern die Fahrweisen und erhöhen die Belastung der Anlagenkomponenten. Dazu zählen Druckbehälter oder -tanks genauso wie Rohrleitungen und sogenanntes Rotating Equipment. Damit sind rotierende Maschinen gemeint: beispielsweise Pumpen, Kompressoren, Turbinen, Mischer oder Maschinen für Fördertechnik.

Flexible Prüfmethode – AT unter der Lupe

Herkömmliche Prüfverfahren und deren Zyklen sind vor dem Hintergrund der höheren Wechselbeanspruchung oft zu statisch, gehen mit Stillständen einher oder kommen nicht ohne destruktive Prüfansätze aus. Die sensorbasierte Schallemissionsprüfung dagegen schon. Spezielle piezoelektrische Sensoren werden dabei an den Außenwänden der zu prüfenden Anlagenkomponenten angebracht. Es gibt das klassische Verfahren mit hochwertigen Sensoren im Rahmen einer wiederkehrenden Prüfung. Daneben lassen sich mit dem Einsatz mehrerer kostengünstiger und über eine Auswertesoftware vernetzter Sensoren, qualitativ gleiche oder sogar bessere Messergebnisse erzielen – mit einer höheren Auflösung und einer präziseren räumlichen Lokalisierung zum Beispiel eines Materialdefekts. Schon geringste Schallwellen und Vibrationen nehmen die Sensoren wahr. Verändern sich diese Signale, lässt das Rückschlüsse auf Materialermüdung, Rissbildung oder unerwünschte Ablagerungen zu. Prüfingenieurinnen und -ingenieure nehmen die Prüfungen im laufenden Betrieb vor, was Umsatzeinbußen durch geplante Stillstände reduziert. Außerdem verringern sich durch die frühzeitige Erkennung von Schädigungsmechanismen auch ungeplante Stillstände aufgrund von nicht vorausgesehenen Schäden.

Daten auswerten, Einfluss auf Prüffristen nehmen

Mithilfe von (KI-gestützter) Software werten Prüfingenieure die gewonnenen Messdaten aus. Erkannte Anomalien oder ungewöhnliche Muster deuten auf Schädigungsmechanismen hin. Es gilt dann, die exakten Positionen der Fehlstellen und das Ausmaß der Schädigung zu bestimmen. Die Ergebnisse entscheiden dann über geeignete Maßnahmen. Die Szenarien reichen vom Austausch des betreffenden Bauteils, über eine Reparatur bis hin zum regelkonformen Weiterbetrieb mit einer tolerablen Schädigung. Betreiber sind aber verpflichtet, das Schädigungsgeschehen im Bauteil zu verfolgen, wenn das Bauteil nicht ausgetauscht oder instandgesetzt wird.

Werden Schädigungsmechanismen entdeckt, kann es dazu führen, dass sich die Prüffristen verringern. Eine kontinuierliche Überwachung, wie sie mit dem AT möglich ist, macht dann Sinn. In der Umkehr ergibt sich durch ein kontinuierliches Monitoring aber auch der Vorteil, dass der Abstand zwischen den Prüfungen verlängert wird. Das ist möglich, wenn der Schädigungsfortschritt nachweislich nicht so schnell voranschreitet, wie ursprünglich angenommen. Damit sparen Betreiber Prüfkosten, die ohne eine permanente Überwachung angefallen wären. Bevor ein neues Prüfkonzept mit neuen Prüffristen allerdings umgesetzt wird, ist es gemäß der BetrSichV mit einer zulässigen Überwachungsstelle wie TÜV Süd abzustimmen.

Fallbeispiel: Prüfnebenkosten reduziert

Bei einer Chemieanlage ergibt sich bei einer veranschlagten, jährlichen Summe von einer Million Euro ein Einsparpotenzial von 585.000 Euro pro Jahr. Da davon auszugehen ist, dass nicht immer alle Möglichkeiten zu Einsparungen vollständig ausgeschöpft werden, geht eine zurückhaltendere Kalkulation von 70 Prozent des Optimums aus. Das sind immer noch etwa 410.000 Euro jährliche Einsparung, die durch das Verwenden des AT möglich sind, was eine signifikante Kostenreduktion bedeutet. Doch wo liegen diese Potenziale verborgen?

In der betreffenden Anlage produziert der Betreiber Polymerharze für die Automobil- und Verpackungsindustrie. Charakteristische Komponenten sind Behälter, Rohrleitungen und Reaktoren, in denen unter Erhitzen, Kühlen oder Mischen chemische Reaktionen ablaufen und Medien durch die Anlage geleitet werden. Besonders druckführende Anlagenteile unterliegen strengen wiederkehrenden Prüfungen, die die Betriebssicherheit gewährleisten sollen.

Einsparungen im Detail

Bei herkömmlichen hydrostatischen Prüfungen werden zu prüfende Anlagenkomponenten gereinigt, mit Prüfflüssigkeiten befüllt und unter Druck gesetzt. Nachteil dieser Methode ist der notwendige Produktionsausfall und die Wartezeit für die Trocknung der Anlage nach der Prüfung. Zudem besteht das Risiko von Korrosion, wenn doch Flüssigkeitsreste in der Anlage verbleiben. Darüber hinaus besteht die Aufgabe, die Anlage nach der Öffnung wieder „dicht zu bekommen“. Eventuell müssen dafür Dichtungen ausgetauscht werden. Zusätzlich fallen bei der Entsorgung der Prüfflüssigkeit wegen Verunreinigung Kosten an. Jährliche Kostenersparnisse durch den Einsatz von AT: vermiedener Stillstand beziehungsweise Produktionsausfall von zwei Tagen, Kosteneinsparung durch Wegfall der herkömmlichen Prüfung sowie kein Austausch von Dichtungen.

Ein weiterer Vorteil der AT-Methode ist die Früherkennung von Schädigungen. Damit vermeiden die Betreiber vielfach Ereignisse und damit verbundene Kosten. Stattdessen ist eine gezielte Instandhaltungsplanung möglich, die abgesehen von der Kostenreduktion auch die Lebensdauer der Anlage erhöht. Auch das gleichzeitige Prüfen mehrerer Druckkreise spart Zeit und Personal – und damit Geld. Die Integration in bestehende zerstörungsfreie Prüfverfahren ist ein weiteres Plus der AT-Methode. So reduziert sich der Aufwand bei gezielten Nachprüfungen oder weitergehenden Untersuchungen an auffälligen Komponenten oder Maschinen. An- und Abfahrprozesse, Temperatur- und Druckwechsel, die bei herkömmlichen Prüfmethoden notwendig sind und die Werkstoffe belasten, werden ebenfalls obsolet und beeinträchtigen nicht mehr die Lebensdauer.

AT-Vorteile auf einen Blick

Das AT-Verfahren hat sich als regelkonforme Ersatzprüfmethode bewährt und ermöglicht zudem auch die Echtzeitüberwachung von Maschinen und Bauteilen in überwachungspflichtigen Anlagen. Durch eine permanente Überwachung mit Echtzeitdaten lassen sich schädigungsbedingte Anlagenausfälle minimieren. Zudem wird der Betrieb nachhaltiger, da umweltbelastende Entsorgungen im Rahmen von herkömmlichen Prüfungen entfallen und der Energieaufwand optimiert wird.

Bildergalerie

  • Ein Flachbodenbehälter wird mit Acoustic Emission Testing überprüft.

    Ein Flachbodenbehälter wird mit Acoustic Emission Testing überprüft.

    Bild: TÜV Süd

  • Materialermüdung und daraus resultierende Rissbildungen an Anlagenkomponenten bergen Risiken. Mit dem Acoustic Emission Testing lassen sich solche Fehlstellen frühzeitig erkennen.

    Materialermüdung und daraus resultierende Rissbildungen an Anlagenkomponenten bergen Risiken. Mit dem Acoustic Emission Testing lassen sich solche Fehlstellen frühzeitig erkennen.

    Bild: TÜV Süd

  • Auch Druckgasbehälter für den Transport und die Lagerung von beispielsweise Wasserstoff werden Prüfungen mit dem Acoustic Emission Testing unterzogen.

    Auch Druckgasbehälter für den Transport und die Lagerung von beispielsweise Wasserstoff werden Prüfungen mit dem Acoustic Emission Testing unterzogen.

    Bild: TÜV Süd

  • Gefährliche Zustände oder Ereignisse sind zu vermeiden. Dafür sind gemäß BetrSichV wiederkehrende Prüfungen in prozesstechnischen Anlagen durchzuführen.

    Gefährliche Zustände oder Ereignisse sind zu vermeiden. Dafür sind gemäß BetrSichV wiederkehrende Prüfungen in prozesstechnischen Anlagen durchzuführen.

    Bild: TÜV Süd

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